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Rio+20 Report - Terre des Hommes

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Vor allem Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppen aus dem<br />

Süden äußern die Befürchtung, die thematische Konzentration<br />

von <strong>Rio+20</strong> verenge den Nachhaltigkeitsdiskurs zu sehr<br />

auf seine ökologische Komponente. Andere sehen in der<br />

Ausrichtung auf Green Economy gar den Versuch einer „Begrünung<br />

<strong>des</strong> Kapitalismus“ im Interesse der Privatwirtschaft.<br />

Zuweilen wird <strong>des</strong>wegen bereits zum Boykott der Konferenz<br />

aufgerufen. 22<br />

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), und<br />

mit ihm viele Regierungen und Umweltorganisationen sehen<br />

in der Konzentration auf Green Economy dagegen eher die<br />

Chance, ein bislang im Nachhaltigkeitsdiskurs unterbelichtetes<br />

Thema ins politische Rampenlicht zu rücken. UNEP-Direktor<br />

Achim Steiner stellt dazu fest:<br />

“We have to make the link between the broader sustainable<br />

development agenda, which to some may seem a little bit abstract,<br />

and the very real crises of the moment but also not to<br />

simply get stuck in the symptoms. That’s why I think both themes<br />

that have been chosen for Rio are potentially extremely<br />

relevant: the green economy because it really does seem<br />

to be a more focused accelerated transition in our economic<br />

systems; and also the institutional framework for sustainable<br />

development – that’s the second theme – which is essentially<br />

multilateral code language for how on earth are we going to<br />

actually work together in the architecture we have built up<br />

since the Second World War?“ 23<br />

In jedem Fall sind für die heiße Phase der Verhandlungen<br />

Konflikte um die Deutungshoheit über den Begriff der Green<br />

Economy ebenso vorprogrammiert wie um die Reform der<br />

UN-Institutionen im Umweltbereich und die politischen Antworten<br />

auf die „neuen Herausforderungen“, mit denen sich<br />

<strong>Rio+20</strong> ebenfalls zu befassen hat.<br />

Die Bedeutung einer UN-Konferenz kann allerdings nie allein<br />

nach ihrer offiziellen Agenda und den von den Regierungen<br />

ausgehandelten Ergebnissen beurteilt werden – so wichtig<br />

diese auch sein mögen. Gleichermaßen wichtig können jedoch<br />

die gesellschaftlichen Debatten sein, die durch eine UN-<br />

Konferenz angestoßen werden. Dies zeigen die Erfahrungen<br />

der Weltkonferenzen der 1990er Jahre, die die politischen<br />

und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen über Umwelt-<br />

und Entwicklungspolitik, Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit<br />

seither geprägt haben.<br />

22 Vgl. zum Beispiel den provokativen Aufruf „Boykottiert <strong>Rio+20</strong>“ von<br />

Uwe Hoering (www.globe-spotting.de/boykott-rio20.html).<br />

23 Vgl. www.uncsd2012.org/rio20/index.php?page=view&nr=656&type=230&<br />

menu=39.<br />

Einleitung<br />

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass <strong>Rio+20</strong> weltweit eine Vielzahl<br />

von Suchprozessen und Initiativen in Gang gesetzt hat,<br />

die sich mit der Gestaltung der notwendigen Transformation<br />

hin zu einer zukunftsgerechten 24 globalen Entwicklung befassen<br />

– der Wissenschaftliche Beirat der Bun<strong>des</strong>regierung<br />

Globale Umweltveränderungen (WBGU) spricht in diesem Zusammenhang<br />

von einem neuen „Gesellschaftsvertrag für eine<br />

Große Transformation”. 25 Angesichts dieser Dynamiken kann<br />

der <strong>Rio+20</strong>-Gipfel unabhängig von seinen offiziellen Ergebnissen<br />

durchaus einen Meilenstein auf dem Weg zu globaler<br />

Zukunftsgerechtigkeit bilden.<br />

Im Folgenden wollen wir zunächst mit einem Rückblick beginnen,<br />

um die <strong>Rio+20</strong>-Konferenz in den umwelt- und entwicklungspolitischen<br />

Kontext einzuordnen und ihren Stellenwert<br />

deutlich zu machen. Dabei werden wir auch stichpunktartig<br />

beschreiben, wie sich der Diskurs, die thematischen Prioritäten<br />

sowie die Begrifflichkeiten und Modewörter der internationalen<br />

Umwelt- und Entwicklungsdiplomatie im Laufe der<br />

letzten Jahrzehnte gewandelt haben.<br />

Im Hauptteil werden wir zentrale Themen der offiziellen<br />

Agenda diskutieren, Positionen und Konfliktlinien der Regierungen<br />

nachzeichnen sowie Forderungen der Zivilgesellschaft<br />

darstellen. Dabei orientieren wir uns am Fahrplan der offiziellen<br />

Verhandlungen und beginnen mit dem Thema Green<br />

Economy. Es folgt die Auseinandersetzung über die institutionellen<br />

Reformen im UN-System. Schließlich gehen wir auf die<br />

Diskussion über neue Wohlstandsmaße und Entwicklungsziele<br />

(Stichwort: Sustainable Development Goals) ein.<br />

Den Abschluss <strong>des</strong> <strong>Report</strong>s bildet zusammenfassend eine<br />

„Checkliste“ von Min<strong>des</strong>tanforderungen (Benchmarks), anhand<br />

derer nach der <strong>Rio+20</strong>-Konferenz aus zivilgesellschaftlicher<br />

Perspektive Erfolg oder Misserfolg der Konferenz beurteilt<br />

werden kann. Letztlich geht es um die einfache Frage, ob<br />

beim zweiten Erdgipfel in Rio Beschlüsse gefällt, Initiativen<br />

gestartet und gesellschaftliche Diskussionsprozesse ausgelöst<br />

werden, die die Menschheit auf dem Weg zu globaler<br />

Zukunftsgerechtigkeit ein Stück voran bringen.<br />

24 Wir verwenden in diesem <strong>Report</strong> auch den Begriff der Zukunftsgerechtigkeit<br />

als Synonym für Sustainability, da er die Aspekte der ökologischen Tragfähigkeit<br />

und sozialen Gerechtigkeit besser widerspiegelt als es die Begriffe<br />

Nachhaltigkeit oder Zukunftsfähigkeit tun.<br />

25 So der Titel <strong>des</strong> Hauptgutachtens 2011 <strong>des</strong> WBGU.<br />

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