Rio+20 Report - Terre des Hommes
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Acht Prinzipien der Zukunftsgerechtigkeit<br />
Kasten 7<br />
In verschiedenen internationalen Abkommen und Deklarationen der Vereinten Nationen haben sich Regierungen auf fundamentale<br />
Prinzipien geeinigt, die für Gesellschaften und die Internationalen Beziehungen maßgeblich sein sollen. Folgende<br />
acht dieser Prinzipien können den normativen Rahmen für eine zukunftsgerechte Entwicklung bilden: 176<br />
1. Solidaritätsprinzip. Solidarität ist ein weithin akzeptiertes Prinzip in vielen Verfassungen, um das Verhältnis von Bürgern<br />
innerhalb eines Staates zu regeln. Die Gleichheit der Bürger und ihre gemeinsame Verpflichtung für ein gemeinsames<br />
Ziel sind zentrale Elemente dieses Konzepts. Im Sinne der Solidarität ist Hilfe kein wohltätiger Akt sondern ein Recht jeder<br />
Frau, je<strong>des</strong> Mannes und je<strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>. Solidarität unterscheidet sich grundlegend von Wohltätigkeit und Philanthropie.<br />
In Zeiten der Globalisierung wurde dieses Konzept auf die internationale Ebene übertragen. In der Millenniumserklärung<br />
haben die Regierungen Solidarität als einen der zentralen Werte aufgelistet: „Die globalen Probleme müssen so bewältigt<br />
werden, dass die damit verbundenen Kosten und Belastungen im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien der Billigkeit<br />
und sozialen Gerechtigkeit aufgeteilt werden. Diejenigen, die leiden oder denen die geringsten Vorteile entstehen, haben<br />
ein Anrecht darauf, Hilfe von den größten Nutznießern zu erhalten.”<br />
2. „Do no harm“-Prinzip. Ursprünglich ein Schlüsselprinzip der ärztlichen Ethik, das sich im Versprechen <strong>des</strong> Hippokratischen<br />
Ei<strong>des</strong> „nicht zu schaden” widerspiegelt, ist dieses Prinzip relevant für andere Bereiche geworden. Es gehört zum<br />
Beispiel seit 2003 zu den humanitären Prinzipien von UNICEF und wurde in die Verhaltenskodizes von großen humanitären<br />
Organisationen aufgenommen. Im Wesentlichen sollte die Verpflichtung der Politik, keinen Schaden an Menschen und<br />
Natur anzurichten, als ein Leitprinzip in allen Politikbereichen und auf allen Ebenen dienen.<br />
3. Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. Dieses Prinzip stellt einen der<br />
Meilensteine der Rio-Deklaration von 1992 dar. Dessen Prinzip 7 besagt: „Angesichts der unterschiedlichen Beiträge zur<br />
globalen Umweltverschlechterung tragen die Staaten gemeinsame, wenngleich unterschiedliche Verantwortlichkeiten. Die<br />
entwickelten Staaten erkennen die Verantwortung an, die sie in Anbetracht <strong>des</strong> Drucks, den ihre Gesellschaften auf die<br />
globale Umwelt ausüben, sowie in Anbetracht der ihnen zur Verfügung stehenden Technologien und Finanzmittel bei dem<br />
weltweiten Streben nach nachhaltiger Entwicklung tragen.“ Zum ersten Mal in der Geschichte haben Regierungen ihren<br />
unterschiedlichen gegenwärtigen und historischen Beitrag zur Umweltzerstörung anerkannt – und damit auch ihre unterschiedliche<br />
Verantwortung, für die Wiederherstellung <strong>des</strong> Ökosystems und die Anpassung an Umweltschäden zu bezahlen.<br />
4. Verursacherprinzip. Die schlichte Botschaft dieses Prinzips lautet, dass die durch Umweltverschmutzung entstandenen<br />
Kosten von denjenigen getragen werden müssen, die sie verursachen. Dieses Prinzip ist seit den 1970ern ein Teil <strong>des</strong><br />
internationalen Umweltrechts und wurde in der Rio-Deklaration in Prinzip 16 bestätigt: „Die nationalen Behörden sollten<br />
bestrebt sein, die Internalisierung von Umweltkosten und den Einsatz wirtschaftlicher Instrumente zu fördern, wobei sie<br />
unter gebührender Berücksichtigung <strong>des</strong> öffentlichen Interesses und unter Vermeidung von Verzerrungen im Welthandel<br />
und bei den internationalen Investitionen den Ansatz verfolgen sollten, dass grundsätzlich der Verursacher die Kosten der<br />
Verschmutzung zu tragen hat.” Obwohl dieses Prinzip im internationalen Umweltrecht weithin anerkannt ist, sollte es auch<br />
in anderen Bereichen angewendet werden. Im Zusammenhang mit der jüngsten Finanzkrise haben viele gefordert, dass<br />
die „Verursacher“ der Krise, insbesondere die Banken und die Finanzindustrie, ihre Kosten tragen müssen. Der Europäische<br />
Kommissar Michel Barnier forderte beispielsweise: „Ich glaube an das Verursacherprinzip. Wir müssen ein System aufbauen,<br />
das gewährleistet, dass der Finanzsektor die Kosten der Bankenkrisen in der Zukunft bezahlen wird.“ 177<br />
176 Vgl. Reflection Group on Global Development Perspectives (2011), Pkt. 15.<br />
177 Vgl. http://ec.europa.eu/news/economy/100526_en.htm.<br />
Fazit<br />
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