Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL
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Kurz vor Ladenschluss, <strong>nach</strong>dem sie sich erst etwas bei Camaieu reservieren ließ, dann beim<br />
Nachbarn PINKIE kramte, verwarf, wieder zurückkam, wieder hin, bis ich ein Machtwort sprechen<br />
musste, ihre Entscheidung zu treffen, denn ich wollte noch mit ihr ein wenig die Stadt ansehen.<br />
Die Ladenschließzeit kam uns 17 Uhr entgegen und mir wie vom Himmel verordnet. Unterdessen<br />
fegte ein aufkommender Sturmwind den Staub durch die Stadt und blies uns ins Gesicht, und der<br />
Himmel verfinsterte sich zusehends. Jetzt eilten wir über die Straßen der Altstadt, um mit einem<br />
kleinen Rundgang zum Parkplatz zu finden und pünktlich da zu sein.<br />
Kleine Blitzlichter bleiben mir in der Erinnerung.<br />
Ein Blindfenster in der Rue Victor Millot in einem Eckhau, in<br />
dem sich ein hübsches Restaurant mit einem Freisitz zum<br />
Niedersetzen empfiehlt.<br />
Das MAISON D’ARLEQUIN, ein herrliches altes<br />
Fachwerkhaus mit einem Salon de The im Erdgeschoss, den<br />
ich liebend gern von innen kennen gelernt hätte.<br />
Ein wunderschöner Blick über rote Geranien hinweg, einen<br />
mit Grünalgen überzogenen Wassergraben entlang auf die<br />
alte Stadtmauer.<br />
Ein historisches Haus, im schwindenden Licht des<br />
Nachmittags angeleuchtet durch ein einladendes Schild „La<br />
Cave a Crèpes – Restaurant et Crèperie“. Verbunden war<br />
diese Reklame mit dem gleichzeitigen Angebot von<br />
Antiquitäten: ANTIQUITE, ESTIMATIONS 39<br />
Dann regnete es die ersten Tropfen, und schon hatten wir auch<br />
den Bus erreicht. Nun suchten Peter Großer und Knut das<br />
Hotel zu finden, das etwas außerhalb von Beaune liegen sollte,<br />
mitten in einem Weinberg. Wir hatten Hunger und der Tag war<br />
lang gewesen. Unendlich viele Eindrücke warteten auf Ruhe<br />
und Verarbeitung. Aber zuerst meldete sich der knurrende<br />
Magen.<br />
Nach einiger Suche fanden wir schließlich das etwas von der<br />
Straße zurückliegende kleine Etablissement. Es hieß wohl<br />
Hôtel Closellerie 40 oder so ähnlich, ein flacher Bau, dessen<br />
Zimmerflucht im Souterrain <strong>nach</strong> hinten führte, den<br />
Bodengegebenheiten angepasst.<br />
Es gab an diesem Abend Reis mit Goulasch, getoasteten Käse<br />
und Birne in Vanillesoße. Lecker.<br />
Langsam kam Traurigkeit auf, denn morgen würde der letzte<br />
Tag in Frankreich sein und die Rückreise <strong>nach</strong> Deutschland<br />
erfolgen.<br />
Mir kamen Nachtgedanken wie Heinrich Heine, der Frankreich sehr liebte. Sein Gedicht bezog sich<br />
auf die Sehnsucht <strong>nach</strong> seiner Mutter: „Denk’ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den<br />
Schlaf gebracht…“. Natürlich hatte ich auch eine alte Mutter dort, würde sie aber in nächster Zeit<br />
wieder sehen. Woran ich mehr dachte, sind diese Verse: „…Nach Deutschland lechzt ich nicht so<br />
sehr, wenn nicht die Mutter dorten wär; das Vaterland wird nie verderben, jedoch die alte Frau<br />
kann sterben.“ Ich könnte mir gut vorstellen, in diesem schönen Land zu leben. Leider ist es ein<br />
wenig zu spät für einen Wechsel. Frankreich wird mir immer am Herzen liegen.<br />
39 Estimations = frz. Schätzungen<br />
40 Closelle = frz. eingezäuntes Gehöft, kleiner Weinberg<br />
© R. Bührend, Sommer 2006 Seite 130<br />
Beaune, Blick auf die Stadtmauer