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Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL

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einheitlicher Kleidung, die sich aufgeregt und laut schwatzend, um uns herum tummelten. Der Blick<br />

von oben auf die roten Dächer der Stadt und die grünen Hügel der Umgebung war überwältigend.<br />

Besonders ein Vulkankegel fiel auf, der 85 m hohe Aiguilhe 17 St-Michel . Oben thront wie ein<br />

Schloss im Märchen die Chapelle St-Michel d’Aiguilhe, die wahrscheinlich irgendwann im 10. oder<br />

11. Jahrhundert einen römischen Merkurtempel abgelöst hat.<br />

Le Puy-en-Velay vom Rocher Corneille <strong>nach</strong> Norden. Im Vordergrund der Aiguilhe St-Michel<br />

Dann stehen wir zu Füßen der eisernen Madonna, die 22,7 Meter hoch aufragt; sie hat das Jesuskind<br />

im Arm, eine goldene Sternenkrone auf dem Haupt. Sie wurde 1857-1860 errichtet, ist ganz in Rosa<br />

gestrichen und besteht aus dem Eisen von 213 Kanonen, die im Krimkrieg 18 1856 von den Russen<br />

erbeutet wurden und ihr zu Ehren <strong>nach</strong> dem Frieden von Paris umgeschmolzen wurden. In ihrem<br />

Inneren führt eine steile, enge Treppe aus Gusseisen empor. Von außen kaum sichtbar, sind in ihrem<br />

Gewand geschickt Öffnungen, kleine Luken, angebracht, durch die der Besucher Blicke ins Land<br />

werfen kann, ein Erlebnis der besonderen Art. Ich drängelte mich natürlich auch hinauf, bildete<br />

dieser Aufstieg gewissermaßen und fast buchstäblich den Höhepunkt meiner Visite in Le Puy.<br />

Auf der Plattform kniet ein bronzener Bischof in betender Haltung<br />

vor dem Madonnendenkmal. Junge Mädels in weißen Blusen und<br />

Hüten, in dunkelblauen Röcken kämpfen zwischen jugendlichem<br />

Übermut und religiösem Eifer. Sie werden streng bewacht von<br />

ältlichen Schwestern, die sie zusammenhalten und von Zeit zu Zeit<br />

zur Ordnung rufen. Über den Bischof hinweg kann ich die<br />

Kathedrale und das Kloster und die jetzt in der Hitze brütende<br />

Altstadt sehen. Es ist schön hier oben. Ich habe ein gutes Gefühl.<br />

Nun forderte die Natur ihr Recht. Einerseits mussten wir <strong>nach</strong> einem<br />

stillen Örtchen suchen- der Leser lache nicht, es gehört zum<br />

Wohlbefinden genauso wie die andere Seite, nämlich den Leib mit<br />

Nahrung zu versorgen. Also eilten wir jetzt bergab zum Bus zurück.<br />

Ein wenig schon hatte ich die Orientierung. Und einen Hauch dieser<br />

Pilgerstadt, eines Ausgangspunktes auf dem Jakobsweg <strong>nach</strong><br />

Compostella, hatten wir eben auf dem Felsen Corneille gespürt.<br />

Noch einmal blieb ich vor dem kompakten Brunnen Crozatier stehen, dann siegte der <strong>Reise</strong>alltag. Im<br />

Bus versorgte uns Peter Großer mit Bockwurst und 5-Minuten- Suppen und Getränken. Indessen<br />

nahm Knut genau 13 Uhr die Fahrt auf und lenkte uns durch den dichten Stadtverkehr auf die<br />

Landstraße.<br />

Während der Fahrt <strong>nach</strong> Norden hielten wir schon <strong>nach</strong> etwa 20 Minuten zu einem Fotostopp. 6 kim<br />

nordwestlich von Le Puy erhebt sich ein ungefähr 100 m hohes Basaltplateau unvermittelt aus einer<br />

besiedelten Ebene. Auf ihm weisen die Ruinen eines Schlosses, des Château de Polignac, auf einen<br />

17 Aighuilhe= la aiguille, frz. Nadel, (Berg-, Turm-)spitze<br />

18 Krimkrieg, 1853—1856, Krieg zwischen Russland und der Türkei, an deren Seite 1854 England und Frankreich,<br />

später (1855) auch Sardinien in den Krieg eintraten. Ursache war das Expansionsstreben Russlands auf dem Balkan, das<br />

weder England noch Frankreich zulassen wollten. Die Entscheidung im Krimkrieg fiel mit der Belagerung und<br />

Besetzung der Krimfestung Sewastopol (erster Stellungskrieg der modernen Geschichte). Finanznot zwang Russland<br />

zum Frieden von Paris (1856).<br />

© R. Bührend, Sommer 2006 Seite 98

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