Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL
Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL
Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Sarlat, Cour des Fontaines<br />
© R. Bührend, Sommer 2006 Seite 69<br />
Seltsame dickbauchige, aufgedunsene Skulpturen zieren an<br />
vielen Plätzen den öffentlichen Raum. Sicher stellt sich ein<br />
Künstler in diesem Sommer seinem Publikum. Bildhauer haben<br />
es schwer, ihre Werke zu publizieren. Aber das ist jetzt nicht das<br />
Ziel, sich damit zu beschäftigen. Am Cour des Fontaines gäbe es<br />
zu naschen: Seit mehreren Jahrhunderten fließt aus drei Hähnen<br />
sehr reines Wasser. Der „Brunnenhof“ liegt im Stiftsherrenhof.<br />
Um diesen Brunnen siedelten die Mönche vom achten<br />
Jahrhundert an.<br />
Noch bewundere ich das Innere der Kirche, die vielen<br />
Stilrichtungen, die die Epochen den Baumeistern ihr Denken und<br />
Handeln beeinflussten.<br />
Die Kirchenfenster lumineszieren<br />
im Nachmittagslicht. Eines zeigt<br />
zwei Episoden des heiligen<br />
Sacerdos.<br />
Wir wandten uns nun einem kleinen Stadtrundgang zu, einen breiten<br />
Weg eine Anhöhe hinan. Ein runder Turm mit steilem spitzem<br />
Kegeldach fiel mir auf. Er zierte ein stilles Stück Erde, den Jardins des<br />
Enfeus, den Gräbergarten. Der Turm heißt die Lanterne des Morts, die<br />
Totenlaterne, auch Tour Saint-Bernard genannt. Es ist ein eigenartiges<br />
Gebäude, hat einen Rundbogen auf romanischen Säulen im Eingang.<br />
Sein ‚Verwendungszweck ist umstritten. Ich hielt ihn für eine<br />
Leichenkapelle. Im 17. Jahrhundert wurde er „Fanal“ genannt.<br />
Dann waren wir der Stadtmauer sehr nahe, die in einigen Teilen noch<br />
original erhalten ist.<br />
Wollte ich die Bilder alle schildern, die<br />
wir bei unserem Bummel im Hirn<br />
abspeicherten - Namen ließen sich<br />
rekonstruieren - dann würde wieder<br />
sehr viel Papier beschrieben.<br />
Sarlat, Lanterne des Morts<br />
Fenster in der Kathedrale<br />
Saint-Sacerdos<br />
Fast goldgelb leuchten die Mauern, von immergrünem Efeu<br />
überwuchert. Herrlich verschnörkelte Laternen sitzen am Ende<br />
zierlicher Eisenkonsolen, die aus der Mauer ragen. Altes<br />
Kopfsteinpflaster haben wir unter den Güssen. Idyllisch gelegene<br />
Restaurants bezaubern uns. Ihre eigentümlichen Aushängeschilder<br />
werben für foie gras, die berühmte Gänseleberpastete. In den Gassen<br />
nahe der Stadtmauer ist es still und menschenleer. Alte Gebäude aus<br />
dem 15. und 16. Jahrhundert haben die Zeiten überdauert. Uralte<br />
Holztüren sind noch im Gebrauch. Lustig finde ich improvisierte<br />
Klingelzüge, die die ersten Erbauer noch nicht kannten.<br />
Vor der Sonne schützende Leinwand dämpft das Licht und taucht die Freisitze vor den Restaurants<br />
in den kleinen Gassen in wundervolles Gelb. Die eng gegenüber stehenden Mauern geben wohl<br />
tuenden Schatten. Ich schaue zu den Dächern der alten Häuser auf. Dass sie noch in ihrer<br />
ursprünglichen Bauweise erhalten sind, ist auch eine Auswirkung des Malraux- Gesetzes von 1962<br />
mit seinem Pilotprojekt zum Schutze einer kompletten Stadt aus dem Mittelalter. Hier sehe ich die<br />
seltenen, aus dicken Platten bestehenden Schieferdächer. Sie sind sehr steil, damit die hohen Lasten<br />
von mehr als 500 kg/m 2 schnell auf die Mauern abgeleitet werden.<br />
Wir gelangen auf die Place de la Liberté, den Freiheitsplatz. Er wird dominiert von der Kirche Saint-<br />
Marie. Das ist eine ehemalige Pfarrkirche, erbaut von 1368 bis 1479 im Stil der südfranzösischen<br />
Gotik. Mit der Französischen Revolution wurde sie säkularisiert und fiel in staatlichen Besitz. Die<br />
Apsis wurde zerstört. Heute existieren nur noch Teile des Kirchenschiffes, Seitenkapellen und Reste<br />
eines mächtigen Turmes mit Wasserspeiern. Mir fielen die gewaltigen Türen auf, die erst im Jahre