05.01.2013 Aufrufe

Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL

Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL

Reise nach Zentralfrankreich - Eberhardt TRAVEL

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

italienischen Militärs, die Geheimdienste und die Regierung wurde Druck ausgeübt, über den<br />

»Vorfall« strengstes Stillschweigen zu bewahren. Der damalige Ministerpräsident, Francesco<br />

Cossiga, der bereits zwei Jahre vorher als Innenminister im Mordfall Moro für seine mit USA-Kreisen<br />

betriebene Verhinderung der Fahndung unrühmlich bekannt wurde, hatte dazu den italienischen<br />

Dienststellen die entsprechenden Weisungen gegeben. Im Ergebnis dessen händigte der Chef des<br />

Geheimdienstes SIOS der Luftwaffe, Zeno Tascio, die Radaraufzeichnungen der italienischen<br />

Stationen von dem Geschehen über Ustica dem Chef der CIA- Residentur in Rom, Duane Clarridge,<br />

aus.<br />

Mindestens 13 Zeugen tot<br />

Ende 1990 begann die Aufdeckung der geheimen NATO- Truppe Gladio in Italien. Einige Militärs<br />

und Geheimdienstler waren nun nicht mehr bereit, für CIA und Pentagon ihre Haut zu Markte zu<br />

tragen. Zumal Richter Priore ankündigte, Anklage gegen die Verantwortlichen zu erheben. Vor der<br />

Parlamentarischen Untersuchungskommission gab Ex- Verteidigungsminister Lagorio zu, dass es im<br />

»Fall Ustica« ein internationales Komplott von hohen Militärs auch anderer Staaten gegeben habe,<br />

dem er und die Regierung zum Opfer gefallen seien. Gleichzeitig versuchte der Militär, den<br />

Geheimdiensten die Hauptschuld zuzuschieben. Sie hätten die Ermittlungen behindert oder in<br />

falsche Richtungen gelenkt. Der Ex-Minister deutete sogar die Beseitigung von Zeugen an. Derartige<br />

Fälle waren seit Jahren zur Genüge bekannt, und weitere kamen hinzu.<br />

Bereits sechs Wochen <strong>nach</strong> dem Absturz über Ustica kam der Kommandeur der Luftwaffenbasis<br />

Poggio Ballone, Giorgio Teodoldi, bei einem Autounfall ums Leben. Von dem zu dieser Basis<br />

gehörenden Flugplatz Grosseto waren am Abend des 27. Juni drei Maschinen aufgestiegen, die an<br />

der Operation über Ustica teilnahmen. Auf derselben Luftwaffenbasis war am Abend des DC-9-<br />

Absturzes Kapitän Maurizio Gari diensthabender Offizier der Radarstation. Er starb am 9. Mai 1981<br />

mit 32 Jahren an einem Herzanfall. Kurz vorher war Giovanni Finetti, Bürgermeister von Grosseto,<br />

der Garnisonsstadt des Stützpunktes Poggio Ballone, ebenfalls bei einem seltsamen Autounfall ums<br />

Leben gekommen. Von zwei Luftwaffengenerälen hatte er erfahren, dass am Abend des 27. Juni<br />

von dem nahe gelegenen Flugplatz zwei Abfangjäger aufgestiegen waren, um eine libysche MiG<br />

abzuschießen.<br />

Im März 1987 kamen innerhalb von zehn Tagen zwei weitere Mitwisser des »Falles Ustica« ums<br />

Leben. General Licio Giorgieri wurde von einem so genannten Terrorkommando Unitä Comuniste<br />

Combattenti erschossen. Wie später ans Licht kam, wurde der Anführer des Mordkommandos vom<br />

Innenministerium bezahlt. Der General war Radarexperte und Mitglied des Radarstabes der<br />

italienischen Luftwaffe. In der Absturz<strong>nach</strong>t führte Giorgieri jedoch einen für seinen hohen Rang<br />

ungewöhnlichen Auftrag aus: Über dem Luftraum von Ustica kommandierte er eine PD 808, ein<br />

Spezialflugzeug für elektronische Kriegsführung.<br />

Der zweite Tote dieses Monats war Feldwebel Alberto Dettori. Er war Assistent des durch einen<br />

»Herzanfall« ums Leben gekommenen Kapitän Gari, des diensthabenden Radar- Offiziers von<br />

Poggio Ballone. Dettori wurde erhängt an einem Baum aufgefunden. Gegenüber Angehörigen hatte<br />

er sich über die Hintergründe des Absturzes der DC-9 geäußert. Als bei Ermittlungen die Liste der<br />

diensttuenden Soldaten und Offiziere der Radarstation überprüft wurde, fehlten jedoch die Namen<br />

Garis und Dettoris.<br />

Im August 1988 fanden drei weitere Mitwisser der »Affäre Ustica« den Tod. Der Luftwaffenfeldwebel<br />

Ugo Zammarelli kam mit seiner Freundin bei einem Motorradunfall ums Leben. Er gehörte zu einer<br />

Untersuchungsgruppe, die den Absturz der libyschen MiG recherchierte. Weitere Tote waren die<br />

beiden bei der Flugschau von Ramstein abgestürzten Piloten Nutarelli und Naldini. 1991 und 1992<br />

kamen ebenfalls zwei mit dem Absturz der MiG befasste Luftwaffenangehörige ums Leben. Im<br />

Februar 1991 wurde Unteroffizier Antonio Muzio von unbekannten Tätern mit drei Pistolenschüssen<br />

umgebracht. Ein Jahr später stürzte der Luftwaffenoffizier Alessandro Marcucci mit einem kleinen<br />

Sportflugzeug ab. Er war kurz zuvor von Richter Priore vernommen worden. Gegenüber Journalisten<br />

hatte er die Verwicklung des Luftwaffengeheimdienstes und seines Chefs General Tascio persönlich<br />

im »Fall Ustica« erwähnt.<br />

Ein Jahr später, im Januar 1993, wurde der Luftwaffengeneral Roberto Boemio in Brüssel von<br />

unbekannten Tätern erstochen. Der inzwischen pensionierte Offizier war am 27. Juni 1980 abends<br />

Kommandant der Radarzentrale »Martina Franca«. Er war von Richter Priore vernommen worden<br />

und hatte über die Hintergründe des DC- 9-Absturzes ausgesagt. Im November 1994 beging ein<br />

weiterer Mitwisser unter mysteriösen Umständen Selbstmord, der Arzt der beiden Frecce-Piloten, Dr.<br />

Gianpaolo Totaro. Ein Jahr später, im Dezember 1995 erhängte sich der Offizier Franco Parisi, der<br />

während des Abends des 27. Juni 1980 in dem für den Flug der DC-9 zuständigen Radarzentrum<br />

von Otranto Dienst hatte. Auch ihn hatte Untersuchungsrichter Priore vernommen.<br />

© R. Bührend, Sommer 2006 Seite 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!