Berlin - Zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte
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Foto Metzner<br />
Ein ganz persönlicher Blick – nach vorn <strong>und</strong><br />
zurück<br />
Seit 15 Jahren arbeite ich als <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />
im Bezirksamt Pankow. Als ich 1990<br />
meine Arbeit aufnahm, hatte ich eine Menge<br />
Ideen, was getan werden müsste, <strong>und</strong> keine<br />
Ahnung von dem, was mich in einer Verwaltung<br />
erwartete. Die Ostkolleginnen <strong>und</strong> -kollegen<br />
wussten mit meinem Tätigkeitsfeld nichts anzufangen.<br />
Nach Erklärungen kam von den <strong>Frauen</strong><br />
zumeist der Satz: „Ja aber ich bin doch gleichberechtigt“.<br />
Die Kollegen hatten entweder Sorge<br />
um den Betriebs- <strong>und</strong> Hausfrieden oder erklärten<br />
freimutig: „Also, ich helfe meiner Frau zu Hause<br />
immer.“ Auch viele „Aufbauhelfer West“ blieben<br />
beim Thema erstaunlich reserviert.<br />
Von Netzwerken konnte zu dieser Zeit innerhalb<br />
der Verwaltung keine Rede sein. Bloße Kooperation<br />
wäre schon ein Fortschritt gewesen. Alles<br />
begann mit ganz klassischer stiller Lobbyarbeit<br />
nach innen: Sensibilisierung für’s Problem durch<br />
Gespräche <strong>und</strong> Vorträge, ein langer Marsch<br />
durch die administrativen Gremien, engagierte<br />
Stellungnahmen, kritische Aktenvermerke, angedrohte<br />
Abmahnungen.<br />
Mit dem § 23, später dann § 21 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />
(LGG) hatten die zeit<strong>und</strong><br />
energieaufwendigen Abwehrkämpfe endlich<br />
ein Ende bzw. sie wurden stark eingeschränkt.<br />
Schwarz auf weiß stand dort, dass für die Gleichstellung<br />
von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern in den Bezirken<br />
die Verwaltung in Gänze zuständig ist <strong>und</strong><br />
nicht die <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />
in Personalunion, dass die Funktion als Stabstelle<br />
bei der Verwaltungsspitze anzusiedeln ist <strong>und</strong><br />
nicht im Zuge der Verwaltungsreform in einem<br />
Bürgeramt „verschwinden“ darf, <strong>und</strong> dass es<br />
Heike Gerstenberger<br />
Seit 1990 <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> im Bezirksamt Pankow, langjährige<br />
Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der bezirklichen<br />
<strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n<br />
durchaus legitim ist, dass auch eine <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> Stellungnahmen zu<br />
Vorlagen schreibt. Das LGG wurde für mich ein<br />
unverzichtbares Instrument in meiner täglichen<br />
Arbeit.<br />
Nach 15 Jahren Tätigkeit <strong>und</strong> 15 Jahren LGG ist<br />
die Phase der Legitimationskämpfe vorüber.<br />
Gleichberechtigung gilt öffentlich <strong>und</strong> im eigenen<br />
Haus nicht als „verwirklicht“ <strong>und</strong> Verwaltung<br />
bleibt insgesamt in der Pflicht. In meiner Arbeit<br />
bin ich heute Teil eines Netzes von Kooperationsbeziehungen<br />
mit vielen Mitstreitenden im<br />
Bezirk <strong>und</strong> weit darüber hinaus. Die Anliegen der<br />
<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n werden auch heute<br />
nicht automatisch in den einzelnen Bereichen<br />
mitgedacht, aber Anfrage <strong>und</strong> Intervention sind<br />
gewünscht oder sind zumindest kein Problem.<br />
Die kommunale <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />
– einst auf politischen Druck von außen<br />
eingeführt – ist heute mehr denn je auf diesen<br />
Druck von außen angewiesen, um bei aller Verrechtlichung<br />
<strong>und</strong> Formalisierung ein Innovationspotential<br />
innerhalb der Verwaltung zu bleiben.<br />
Dieser Druck ist kurzfristig nicht zu haben,<br />
weil das Engagement für <strong>Frauen</strong>interessen für<br />
viele heute eine erwartbare Leistung der Institution<br />
geworden ist. Wir dürfen uns aber nicht<br />
reduzieren lassen auf sozialpolitische Aufgaben<br />
<strong>und</strong> fürsorgliches statt gesellschaftskritisches<br />
Denken. Sonst werden wir zukünftig als ausschließlich<br />
zuständig für soziale Rand- <strong>und</strong> Restfragen<br />
wahrgenommen.<br />
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