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Prudens Bewohner - Siebenbuerger.de

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wenig Taschengeld verdienen. Wir wur<strong>de</strong>n besser bezahlt, wenn wir einen Hund<br />

mitbrachten. Spürten wir einen Wolf auf, <strong>de</strong>r dann erlegt wur<strong>de</strong>, bekam man dafür 100<br />

Lei. Die gleiche Summe erhielt man für einen Wil<strong>de</strong>ber. Trieb man einen Hirsch vor<br />

sich her, so dass er erschossen wer<strong>de</strong>n konnte, gab es 50 Lei. Den höchsten Preis gab es<br />

für Bären: 150 Lei. Mein Bru<strong>de</strong>r und ich nahmen einmal an einer Treibjagd teil. In<br />

einem Gebüsch sah ich, wie eine riesengroße haarige Hand nach Brombeeren reichte.<br />

Zunächst dachte ich, es sei ein Gorilla. Die Hun<strong>de</strong> weigerten sich anzugreifen, aber es<br />

gelang uns, das Tier mit Hilfe eines entzün<strong>de</strong>ten Stoffetzens zu zwingen, aus <strong>de</strong>r<br />

Deckung zu gehen. An <strong>de</strong>m Tag hatten wir einen Bären und einen Wolf erlegen helfen<br />

und erhielten dafür eine Prämie von 250 Lei.<br />

Wie man gemerkt haben wird, arbeiteten wir schwer, aber das Spielen kam auch nicht<br />

zu kurz. Im Sommer spielten wir nach <strong>de</strong>m Vespergottesdienst Fußball, im Winter<br />

gingen wir zum Schlittenfahren, zum Schlittschuhlaufen o<strong>de</strong>r zum Schilaufen.<br />

Manchmal organisierte die Bru<strong>de</strong>rschaft einen Wettbewerb im Schlittschuhlaufen auf<br />

<strong>de</strong>r zugefrorenen Großen Kokel, <strong>de</strong>m Fluss, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Nähe von Pru<strong>de</strong>n vorbeifloss.<br />

Aber die Bru<strong>de</strong>rschaft machte sich auch für an<strong>de</strong>re Dinge stark. Gelegentlich bat eine<br />

Witwe o<strong>de</strong>r eine Bäuerin, <strong>de</strong>ren Mann bei <strong>de</strong>r Armee war, <strong>de</strong>n Altknecht, mit an<strong>de</strong>ren<br />

Burschen ihre Wiesen zu mähen. Solche Arbeiten wur<strong>de</strong>n sofort erledigt. Bei<br />

Tagesanbruch machte sich eine zahlreiche Gruppe junger Burschen an die Arbeit, sie<br />

schwangen im gleichen Rhythmus ihre Sensen und wir waren überrascht, wie schnell<br />

die Arbeit vor sich ging. Ich möchte nicht prahlen, doch ich war ein lei<strong>de</strong>nschaftlicher<br />

Mäher. Oft verlangten wir für unsere Arbeit keinen Lohn. Manchmal brachte uns die<br />

Tochter <strong>de</strong>s Hauses das Frühstück, bestehend aus Wurst, Wein und Schnaps, hinaus<br />

aufs Feld. Um acht Uhr morgens gingen wir dann an unsere eigene Arbeit.<br />

Im Jahre 1940 hatte ich, wie ich schon erwähnt habe, die Ehre zum Altknecht gewählt<br />

zu wer<strong>de</strong>n. Dieses war das Jahr, als am 6. September König Karl II zu Gunsten seines<br />

Sohnes, König Michael, abdankte. Erst später erfuhren wir die Einzelheiten dieses<br />

feierlichen Ereignisses. Ich glaube, dass die Zeit zwischen <strong>de</strong>m 15. und <strong>de</strong>m 21.<br />

Lebensjahr die wichtigsten Jahre im Leben eines je<strong>de</strong>n jungen Mannes sind. Je<strong>de</strong>nfalls<br />

trifft das für mein Leben zu. Das war die Zeit, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Baum in Blüte stand, die Sonne<br />

schien still zu stehen und die ganze Welt schien aufzuhorchen.<br />

Während dieser glücklichen Jahre bahnten sich Ereignisse an, die nicht nur das Leben<br />

eines Menschen, son<strong>de</strong>rn das Leben von Millionen von Menschen und das Schicksal<br />

von ganzen Nationen tangieren sollten. Im März <strong>de</strong>s Jahres 1938 marschierte Deutschland<br />

in Österreich ein und Hitler schritt durch die Straßen Wiens. September 1938<br />

besetzte Deutschland gemäß <strong>de</strong>m Münchner Abkommen das Su<strong>de</strong>tenland. Was von<br />

<strong>de</strong>r Tschechoslowakei übriggeblieben war, wur<strong>de</strong> im März 1939 kassiert, als <strong>de</strong>utsche<br />

Truppen Böhmen und Mähren besetzten. Angesichts dieser aggressiven Politik<br />

Deutschlands war we<strong>de</strong>r die Regierung Polens noch die Rumäniens bereit, russische<br />

Interventionstruppen gegen Deutschland in ihr Land einmarschieren zu lassen. Wir<br />

liebten Russland nicht. Wir hatten eigentlich Angst, dass Russland dies zum Vorwand<br />

nehmen wür<strong>de</strong>, um uns in sein sowjetisch-kommunistisches System, das uns völlig<br />

fremd war, einzuglie<strong>de</strong>rn.<br />

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