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Prudens Bewohner - Siebenbuerger.de

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diesen For<strong>de</strong>rungen bis zum nächsten Tag. Vyshinsky kam wie<strong>de</strong>r, ignorierte die Bitte<br />

<strong>de</strong>s Königs, wenigstens die Erlaubnis zu erhalten, die Führer <strong>de</strong>r politischen Parteien<br />

zu befragen. Vyshinsky schrie und for<strong>de</strong>rte sofort die Zustimmung, verließ dann <strong>de</strong>n<br />

Raum, in<strong>de</strong>m er die Türe zuknallte. Am selben Tag nahmen russische Tanks und<br />

Truppen in <strong>de</strong>n Straßen Bukarests Stellung und am 6. März wur<strong>de</strong> die von <strong>de</strong>n Sowjets<br />

ernannte Regierung eingesetzt. Unser Land war reduziert wor<strong>de</strong>n zu einem russischen<br />

Satellitenstaat unter <strong>de</strong>m totalitären sowjetisch-kommunistischen System, das wir<br />

vergeblich gefürchtet und verabscheut hatten.<br />

Von zu Hause erhielt ich nach <strong>de</strong>r Besetzung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s durch die Russen keine<br />

Briefe; die wenigen Nachrichten, die es gab, erhielt ich von meinem Onkel aus Wien.<br />

Was man hörte, war schrecklich. Die Russen <strong>de</strong>portierten die gesamte arbeitsfähige<br />

<strong>de</strong>utschstämmige Bevölkerung, Männer und Frauen, im Alter zwischen 16 bis 40 und<br />

50 Jahren zur Zwangsarbeit in ihre vom Krieg zerstörten Gebiete. Viele starben schon<br />

auf <strong>de</strong>r Reise, Mädchen wur<strong>de</strong>n vor ihren Eltern vergewaltigt; an<strong>de</strong>re wur<strong>de</strong>n<br />

geschlagen, und viele starben wegen <strong>de</strong>r extremen Kälte. Die Russen begingen nun<br />

eine schreckliche und rücksichtslose Rache für die von <strong>de</strong>utscher Hand begangene<br />

Gräuel in <strong>de</strong>n Kriegsjahren 1941 und 1942. Die Sklavenarbeiter erhielten kaum<br />

genügend Nahrung zum Überleben, <strong>de</strong>shalb starben viele vor Hunger. Das Arsenal <strong>de</strong>s<br />

schlimmsten Naziterrors fand ebenbürtige Nachahmer bei <strong>de</strong>n Kommunisten. Nicht<br />

ohne Grund hatten wir uns am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r dreißiger Jahre sowohl wegen Deutschland als<br />

auch wegen Russland ernsthafte Sorgen gemacht.<br />

Mein ältester Bru<strong>de</strong>r Hans, <strong>de</strong>r damals etwa 35 Jahre alt war, war einer <strong>de</strong>r vielen, die<br />

nach Russland verschleppt wur<strong>de</strong>n. Er hatte das Glück, Pru<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r zu sehen. Viele<br />

Verschleppten sahen ihre Heimat nie mehr. Hans starb jedoch bald nach seiner<br />

Rückkehr sicherlich an <strong>de</strong>n Folgen und Entbehrungen <strong>de</strong>r Russlandjahre.<br />

An ein Ereignis in Gorizia erinnere ich mich ganz <strong>de</strong>utlich. Eines Tages, als wir zur<br />

Wachablösung unterwegs waren, hielt unser Offizier, <strong>de</strong>r im Dienst war, einen<br />

Leichenzug an, <strong>de</strong>r von einem Priester angeführt wur<strong>de</strong>, gefolgt von zahlreichen<br />

Trauern<strong>de</strong>n. Der Offizier entschloss sich, <strong>de</strong>n Sarg zu öffnen und zu kontrollieren. Er<br />

ent<strong>de</strong>ckte, dass er keinen Leichnam enthielt, son<strong>de</strong>rn ein Maschinengewehr und einen<br />

Haufen Munition. Bestimmt war das alles offensichtlich für die italienischen<br />

Partisanen. Der Priester wur<strong>de</strong> festgenommen und schließlich erschossen.<br />

In Gorizia blieben wir bis En<strong>de</strong> April. Die Wochen vergingen und uns wur<strong>de</strong> immer<br />

<strong>de</strong>utlicher, dass <strong>de</strong>r Krieg zu En<strong>de</strong> ging. Am 1. Mai begannen wir, Italien in Richtung<br />

<strong>de</strong>r österreichischen Grenze zu verlassen. Vor <strong>de</strong>m Aufbruch erhielten wir die<br />

Erlaubnis, uns aus <strong>de</strong>n Lagern so viele Vorräte mitzunehmen, wie wir nur konnten.<br />

Vorher war alles rationiert gewesen; nun gab es großen Ärger, als wir sahen, was die<br />

Vorratslager enthielten. Wir nahmen <strong>de</strong>n sämtlichen Wein, Konserven,<br />

Kleidungsstücke, alles, was wir nur transportieren konnten. Was zurückblieb, wur<strong>de</strong> in<br />

die Luft gesprengt und zerstört. Unsere Lastkraftwagen hatten wir an die Front<br />

abgeben müssen und wir verließen Italien auf Pfer<strong>de</strong>n und Wagen, mit Ochsen und<br />

Karren und mit gestohlenen Fahrrä<strong>de</strong>rn. Mir war es gelungen, einen Wagen und ein<br />

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