Praktischer Teil - CNLPA
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Mario Giesel (2008). Der Umgang mit Klagen: Inhaltliches Reframing. Ein Seminarkonzept<br />
1.2.11 Kontext-Reframing (context reframing): Die sture Tochter<br />
Kommen wir nun zum Kontext-Reframing als zweite Variante des Inhalts-Reframing. Hier<br />
erläutern die Autoren einen Fall aus der therapeutischen Praxis von Virginia Satir. Ein Vater<br />
beklagt sich über die Sturheit seiner Tochter. Dabei führt Satir einen Kontext ein, der es<br />
dem Vater erlaubt, den Grund der Klage als nicht absolut schlecht zu betrachten. Dieser<br />
sieht kurz gefasst so aus:<br />
Es gibt Umstände, in denen das beklagte Verhalten erfreuliche Auswirkungen zeitigt. Der<br />
Vater selbst gibt zu, dass Beharrlichkeit ihm selbst ermöglicht hat, im Beruf erfolgreich zu<br />
sein. Er selbst war in mancher Hinsicht "stur" genug, um diesen Erfolg sicherzustellen.<br />
Ebenso ist es mit seiner Tochter. Sie habe die Gabe, beharrlich einen Standpunkt zu vertreten,<br />
was für sie unter Umständen lebensrettend sein kann: Bei einer Verabredung mit einem<br />
Mann, der schlechte Absichten hat, kann Sturheit von Vorteil sein.<br />
Ist beim Bedeutungs-Reframing noch der Grundgedanke, dass der Stimulus an sich<br />
(Hauptereignis + Kontext) nicht verkehrt ist, so liegt beim Kontext-Reframing die Annahme<br />
zugrunde, dass das Hauptereignis an sich nicht schlecht ist. Im letzteren Fall wird somit<br />
der Kontext ausgewechselt. Das Hauptereignis "Sturheit" im Kontext "Anwesenheit des<br />
Vaters" wird in einen anderen Kontext "Verabredung mit einem zweifelhaften Mann" verlegt.<br />
Wäre Kontext-Reframing auch im Fall der Fußabdrücke möglich gewesen? Ja, denn es gibt<br />
auch hier ein Hauptereignis "Fußabdrücke auf dem Teppich". Was wäre ein geeigneter<br />
Kontext, um Fußabdrücke auf dem Teppich als etwas Erstrebenswertes ansehen zu können?<br />
Die Mutter könnte sich in einen Kontext assoziieren, in dem sie ein querschnittsgelähmtes<br />
Kind hätte. Dieser Kontext ist zwar nur hypothetisch, doch wird der Mutter dabei<br />
sofort klar, dass sie in Wahrheit zufrieden sein kann, ein gesundes Kind zu haben.<br />
Und wäre Bedeutungs-Reframing auch im Fall der sturen Tochter möglich? Ebenso ja,<br />
denn selbst wenn der Kontext "Anwesenheit des Vaters" beibehalten wird, kann die Bedeutung<br />
ausgewechselt werden. Statt etwa zu sagen "Ihre Sturheit mir gegenüber bedeutet Respektlosigkeit"<br />
können wir umdeuten und sagen "Ihre Sturheit mir gegenüber bedeutet ein<br />
spielerisches Ausprobieren ihres erwachenden Selbstbehauptungsstrebens" oder Ähnliches.<br />
1.2.12 Kontextsuche<br />
Beim Suchen eines Kontextes ist der Coach nicht notwendig auf seine eigene Phantasie<br />
angewiesen. Es ist gemäß Bandler & Grinder (ebd.) sogar besser, die Ressourcen des<br />
Klienten zu berücksichtigen (S. 22f). Will der Klient mit X aufhören, so können wir fragen,<br />
ob es in seinem Leben Momente gibt, in denen das Verhalten X sinnvoll und angemessen<br />
ist. Bejaht er dies, dann ist Kontextualisierung angezeigt und wir setzen überall<br />
dort, wo X störend ist, ein neues Verhaltensmuster ein.<br />
Findet der Klient keinen Kontext, dann können wir ihn mit Instruktionen inspirieren, die<br />
einen Bezug zum Repräsentationssystem haben. Eine Situation wird assoziiert wieder erlebt<br />
und man sagt, dass X in diesem Kontext tatsächlich unangemessen sei. „Lassen Sie<br />
uns einen Ort suchen, an dem ein solches Verhalten sinnvoll wäre. Verändern Sie den Hintergrund<br />
so lange, bis Sie einen gefunden haben, in dem jeder <strong>Teil</strong> in Ihnen und auch die<br />
Menschen um Sie herum X angemessen finden“. Anschließend fragt man denjenigen <strong>Teil</strong>,<br />
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