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alte Schäden und faule lte Schäden und faule ... - Kathrin von Basse

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Nachdem nun sein W<strong>und</strong>arzt durch dreizehn monatliche Behandlung, weiter nicht<br />

gekommen war, als daß der jauchende Schaden mit harten Rändern <strong>und</strong> bläulichgrauem<br />

tiefem Gr<strong>und</strong>e nicht gröser, als ein Thaler geworden war, mit rother Geschwulst des<br />

Fuses bis über die Wade, ward unser Pazient seiner Behandlung müde, <strong>und</strong> entschlos<br />

sich, ein gewöhnliches Intermezzo solcher Krankheiten bei solchen Leuten, Hausmittel<br />

zu versuchen. Eine kluge Frau, die durch Streichen <strong>und</strong> Fieberversprechen berühmt<br />

geworden war, schlepte zufolge einer titellosen schweinsledernen Schardekke Kräutereien<br />

anbei, beobachtete dabei die Aspekten <strong>und</strong> Mondwechsel fleisiglich, samlete Thau<br />

vor Sonnenaufgang in ungenuzten Gefäsen, vergrub die in der W<strong>und</strong>e gedienten Linnen<br />

stillschweigend jedes Mal in der Geisterst<strong>und</strong>e auf einem Kreuzwege ein, <strong>und</strong> erwartete<br />

den augenscheinlichsten Erfolg <strong>von</strong> ihrer geheimnisschwangeren Arbeit. Aber<br />

der Schaden verschlimmerte sich bei dieser Salbbaderei, sie bat um Gedult, <strong>und</strong> das<br />

Uebel nahm überhand. Ich ward ihr Nachfolger nach diesem zweimonatlichen Interregnum.<br />

Konnte ich aber den Schwelger zur Mäsigkeit, den Trunkenbold zu Heiltränken,<br />

den Weichen zum k<strong>a<strong>lte</strong></strong>n Bade <strong>und</strong> den Trägen zur Arbeit umschaffen, konte ich ihm auf<br />

seinen Lehnstuhl den Aether der blühenden Wiesen <strong>und</strong> die stärkende Kühle des Morgens<br />

hinbringen? Konte ich ohne sein Zuthun alle erschlafte Gefäse seines Körpers zur<br />

hinlänglichen Spankraft zusammenziehn, oder die in algemeinen Schleim ausgeartete<br />

Masse seiner Säfte durch Transfusion umwandeln? Was mänliche Beredsamkeit, noch<br />

mehr, was Beredsamkeit eines Arztes vermogte, ihn zu einer veränderten Lebensart zu<br />

gewöhnen, that, ich, ich suchte seine W<strong>und</strong>e zu bessern <strong>und</strong> seinen Fus zu stärken. Alles<br />

Kleinigkeiten gegen das was zu thun nöthig war. Im Gr<strong>und</strong>e bliebs, weniges ausgenommen,<br />

nemlich daß die W<strong>und</strong>e nicht gröser ward, daß der Fus nicht so geschwollen<br />

blieb, <strong>und</strong> daß die Jauche ein besseres Ansehn bekam, beim <strong>a<strong>lte</strong></strong>n. Vor meiner Zeit waren<br />

zulezt die nächtlichen Schmerzen um die W<strong>und</strong>e herum gröser geworden, als selbst<br />

in derselben. Am andern Fuse hatten sich einige Blütchen hervorgethan, welche Feuchtigkeit<br />

aussiegerten <strong>und</strong> zu kleinen <strong>a<strong>lte</strong></strong>n Geschwüren ausarteten, welches selbst meine<br />

Behandlung nicht verhindern konte. Die geringste Anwendung stärkender oder zusammenziehender<br />

W<strong>und</strong>mittel brachte in beiden Füsen ein unerträgliches Jükken <strong>und</strong> Reisen<br />

zuwege. Dies war sein Zustand während beinahe zwei Jahren. Nun kömt der lezte<br />

Akt seines Dramas, nicht so glänzend, aber heilsamer für ihn. Seine Verschwendungen<br />

<strong>und</strong> die aus Nachläsigkeit erwachsenen Fehler seiner Rechnungen, hatten schon längst<br />

seine Einnahme überstiegen, er suchte also <strong>von</strong> Zeit zu Zeit das fehlende aus der Kasse<br />

zu ersezzen, bis er bei angeste<strong>lte</strong>r Generalrevision auf einmal vermisset ward. Er war<br />

nach S�� geflohen, wo ich ihn nach drei Jahren wieder antraf. Furcht <strong>und</strong> Gefahr<br />

hatten ihn zu einer beschwerlichen Reise gezwungen, <strong>und</strong> Armuth <strong>und</strong> Hunger hatten<br />

ihn zum erniedrigendsten Wechsel seines Standes gezwungen, er war Güterbeschauer<br />

oder Visitator geworden. Ein dürftiges Schlükchen Brantwein <strong>und</strong> Halbbier, mit der<br />

geringsten Kost verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> häufiges Umherwandeln hatte seinen Schmeerbauch<br />

abgeschmolzen, seine Füse befestigt, die W<strong>und</strong>en geheilt, ihm eine lebhaftere braune<br />

Farbe zuwege gebracht, <strong>und</strong> eine Munterkeit, die er nun nicht mehr in jener Bilzvegetazion<br />

seines vorigen Standes vertauschen wo<strong>lte</strong>. Huflattich <strong>und</strong> Wegbreitblätter waren<br />

seine W<strong>und</strong>mittel gewesen, zu Anfange seiner heruntergestimten Lebensart, die er mir<br />

denn auch weidlich in Absicht ihrer Heilkräfte herausstrich, welche er in ihnen wähnte,<br />

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