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alte Schäden und faule lte Schäden und faule ... - Kathrin von Basse

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Die Jauche, die herauslief, war scharf <strong>und</strong> brachte Geschwürchen hervor, wo sie hinlief.<br />

Am schlimmsten waren die Füse beschaffen. Zu dieser Bösartigkeit kam die warmfeuchte<br />

Luft <strong>und</strong> die Ausdünstung der Sümpfe, die sich besonders um den untern Theil<br />

der Hermanstadt befinden, wo das Mädchen wohnte. Ans System gewöhnt, konnte ich<br />

damals noch keinen andern Weg einschlagen, als sie mit Holztränken, Kräutersäften<br />

<strong>und</strong> Laxiermitteln zu überhäufen. Ihre W<strong>und</strong>en ließ ich mit einer Digestivsalbe verbinden.<br />

Die W<strong>und</strong>en verloren nichts <strong>von</strong> ihrer Unreinheit, der ganze Körper aber ward<br />

matter <strong>und</strong> entkräfteter. Um dem erstern Uebel zu begegnen, nahm ich die Digestivsalbe<br />

hinweg <strong>und</strong> ließ sie öfters die auf die W<strong>und</strong>en gelegten, alle zwölf St<strong>und</strong>en erneuerten<br />

Leinwandlappen mit einer verdünnten Auflösung des Quecksilbers in Scheidewasser<br />

6anfeuchten <strong>und</strong> feucht erh<strong>a<strong>lte</strong></strong>n. Nach vierzehn Tagen sahe ich schon den Unterschied,<br />

denn nun fieng sich an, guter Eiter zu erzeugen, in allen W<strong>und</strong>en. Ich sezte meine Behandlung<br />

noch vier Wochen fort. Ich fand überall guten Eiter, aber ob ich gleich die<br />

Ränder einiger W<strong>und</strong>en, da die Dürftigkeit eine gleiche allgemeine Behandlung versagte,<br />

mit stärkenden Essenzen befeuchten lies, während daß der Boden der W<strong>und</strong>en<br />

noch immer mit verdünntem Fernelswasser verb<strong>und</strong>en ward, so sahe ich doch nirgends<br />

eine fortgesezte Vernarbung. Was hie zugeheilt war, brach auf der andern Seite wieder<br />

auf. Während dieser Behandlung ward sie zwar vom Spinnrade entfernt, aber theils<br />

Schwäche, theils Armut, versagten ihr die gehörige Kost <strong>und</strong> den freien Gebrauch der<br />

ges<strong>und</strong>en Luft. Ich hatte auch damals nicht allzustrenge darauf gedrungen, in der festen<br />

Schulmeinung, daß innere <strong>und</strong> äußere sogenannte Heilmittel das Wesen <strong>und</strong> die Sele<br />

aller Genesung ausmachen. So hatte ich meine Blutreinigungskur nebst den äuserlichen<br />

W<strong>und</strong>mitteln zwölf Wochen lang fortgesezt, ohne das mindeste gebessert zu haben,<br />

vielmehr hatte ich sie ansehnlich zurükgesezt. Ich bleiches, gedunsenes Ansehn war noch<br />

bleicher, noch gedunsener geworden, ihre geschwächten Kräfte waren noch mehr gesunken.<br />

Betroffen nahete ich mich dem Dreifuse meines Systems, <strong>und</strong> erhielt den nur für<br />

mich tröstlichen Ausspruch, ich hätte schier alles gethan, was man <strong>von</strong> der Kunst erheischen<br />

könnte. So sprach das System, neue Zusäzze eröfneten mir noch eine schmeichelhafte<br />

Aussicht beim innerlichen Gebrauche des Sublimats; Halsgeschwülste aber, nebst<br />

entkräftenden Fieberzufällen, waren, so verdünnt auch die Auflösung war, die einzigen<br />

Folgen dieser heroischen Kur, die ich nicht lange ohne gänzlichen Umsturz ihres Lebens<br />

fortzusezzen wagte, am wenigsten aber bis zum Speichelfluß kommen lassen durfte,<br />

wozu sie viel Hang hatte. Nächst den gewöhnlichen Blutreinigungen hatte ich auch Bittersüß,<br />

Färberröthe <strong>und</strong> Spießglanz, wie gesagt aber, alles ohne guten Erfolg angewandt.<br />

Die Kur hatte nun sechzehn Wochen gewährt. Ich ward schamroth <strong>und</strong> verließ<br />

eine entkräftete in keinem Stücke gebesserte Pazientin. Nachgehends, hörte ich, ist sie<br />

<strong>von</strong> ihren Anverwandten verstosen <strong>und</strong> genöthigt worden, sich als Magd auf dem lande<br />

zu vermiethen. Ihr Herr, ein mitleidiger Bauer, gab ihr den Rath aus <strong>a<strong>lte</strong></strong>r Erfahrung,<br />

sich ihrer Schwäre wegen, täglich etliche Male in der Zibin 7 zu baden. Bald darauf ist<br />

sie völlig genesen. Entfernt <strong>von</strong> Aergerniß, Stubenluft <strong>und</strong> sizender Lebensart, hatte<br />

die Kä<strong>lte</strong> des Bades ihren Körper gestärkt <strong>und</strong> tüchtiger zur Erzeugung besserer Säfte<br />

gemacht, als alle Blutreinigungen. Ihre W<strong>und</strong>en reinigten sich zu gleicher Zeit, beson-<br />

6 Salpetersäure, wurde früher benutzt, um Silber <strong>und</strong> Gold <strong>von</strong>einander zu trennen (zu scheiden)<br />

7 Der Cibin (deutsch Zibin, ungarisch Szeben) ist ein 80 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Alt (rumänisch Olt) in Siebenbürgen<br />

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