Einsicht 06 - Fritz Bauer Institut
Einsicht 06 - Fritz Bauer Institut
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Gedenken und Erinnern<br />
Perspektiven der Aufarbeitung<br />
des Nationalsozialismus<br />
Zum Inhalt<br />
Das Heft 59 der<br />
»Ariadne. Forum<br />
für Frauen- und<br />
Geschlechtergeschichte«,<br />
erschienen im<br />
Mai 2011, kostet<br />
9,50 Euro zzgl.<br />
Versandkosten.<br />
Harald Schmid: Gender gap Erinnerungskultur.<br />
Frauen in der westdeutschen Auseinandersetzung mit<br />
dem Nationalsozialismus – eine Spurensuche<br />
Insa Eschebach: Geschichte und Gedenken.<br />
Homophobie, Devianz und weibliche Homosexualität im<br />
Konzentrationslager Ravensbrück<br />
Nicole Kramer: Die ›Trümmerfrau‹ und ihre Schwestern.<br />
Die Erinnerung an Frauen im Zweiten Weltkrieg in<br />
Westdeutschland, Großbritannien und Italien<br />
Stephan Scholz: »Als die Frauen ihren Mann stehen<br />
mussten«. Geschlechtermotive im bundesdeutschen<br />
Vertreibungsdiskurs<br />
Jutta Mühlenberg: Die Entnazifizierung ehemaliger<br />
SS-Helferinnen in der amerikanischen Besatzungszone.<br />
Verfahrensweisen, Entlastungsstrategien und<br />
Lügengeschichten<br />
Josephine Ulbricht: Frauenbilder als Deutungs- und<br />
Interpretationsmuster. Die justizielle Ahndung von NS-<br />
Denunziationsverbrechen am Beispiel der Stadt Leipzig<br />
Merle Funkenberg: »So waren hauptsächlich<br />
Hausfrauen mit einem Auto die besten Betreuer«.<br />
Die Betreuung der Opferzeugen während der<br />
NS-Prozesse der 1960er bis frühen 1980er Jahre<br />
Susanne Businger: »Es gibt Dinge, die man lieber<br />
vergessen möchte«. Zur Geschichte von Flüchtlingshelferinnen<br />
und Flüchtlingshelfern in der Schweiz nach<br />
1945 aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive<br />
Maria Pohn-Weidinger: Anknüpfen und Ausblenden.<br />
Nationale und vergeschlechtlichte Opferdiskurse in<br />
Österreich im biographisch-narrativen Interview am<br />
Beispiel des Bildes der ›Trümmerfrau‹ in Österreich<br />
Bezug über den Buchhandel oder direkt über:<br />
Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung<br />
Gottschalkstraße 57/ D - 34127 Kassel<br />
Tel.: 0049-(0)561-98936-70 / Fax: -72<br />
E-Mail: info@addf-kassel.de<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.addf-kassel.de<br />
Aus Kultur und Wissenschaft<br />
Die Chronik des Gettos<br />
Łódź/Litzmannstadt<br />
Das letzte Jahr<br />
Internet-Portal mit der digitalisierten<br />
Edition der letzten zwölf Monate der<br />
Getto-Chronik: www.getto-chronik.de<br />
Mit dem im Juni freigeschalteten<br />
Internetportal<br />
der Chronik des Gettos Łódź/Litzmannstadt<br />
wurde ein neuer virtueller Ort der Erinnerung<br />
im Internet zugänglich gemacht. Als<br />
umfangreiche Buchpublikation liegt die<br />
Getto-Chronik bereits seit 2007 in einer<br />
vollständigen deutschsprachigen Edition<br />
vor, die an der Arbeitsstelle Holocaustliteratur<br />
der Universität Gießen erarbeitet<br />
wurde (Die Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt,<br />
hrsg. von Sascha Feuchert u.a.,<br />
5 Bände, 3.053 S., Göttingen: Wallstein<br />
Verlag, 2007). Die erste vollständige polnischsprachige<br />
Edition erschien 2009. Mit<br />
der vorliegenden digitalen Edition, die auf<br />
der Grundlage dieser deutsch-polnischen<br />
Edition basiert, stehen jetzt die letzten<br />
zwölf Monate der Getto-Chronik im Internet<br />
bereit. Die multimediale Aufbereitung<br />
behält die dokumentarischen Grundlagen<br />
der Buchfassung bei, erweitert und ergänzt<br />
sie jedoch unter Berücksichtigung aktueller<br />
Forschungsergebnisse mithilfe elektronischer<br />
Medientechnik und eröffnet dem<br />
Nutzer so neue Zugangsperspektiven.<br />
Innerhalb der jüdischen Getto-Verwaltung<br />
wurde im November 1940 ein Archiv<br />
zur Sammlung von Dokumenten und Material<br />
für eine künftige Darstellung der Geschichte<br />
des Gettos gebildet. In diesem Archiv<br />
schrieben vom 12. Januar 1941 bis zum<br />
31. Juli 1944 vorwiegend Journalisten und<br />
Schriftsteller – zunächst auf Polnisch, später<br />
auf Deutsch – die Getto-Chronik. Jeden<br />
Tag fertigten sie einen Eintrag an, in dem<br />
sie über wichtige Ereignisse im Getto berichteten.<br />
Sie produzierten gewissermaßen<br />
102 Nachrichten und Berichte<br />
eine Tageszeitung, die ausschließlich für<br />
das Archiv geschrieben wurde und erst einer<br />
späteren Generation für das Verständnis<br />
des Lebens und Sterbens im Getto dienen<br />
sollte. In verschiedenen Rubriken hielten die<br />
Chronisten Informationen aus allen Lebensbereichen<br />
fest: Geburten- und Sterbezahlen,<br />
das Wetter, zentrale Tagesereignisse, die<br />
Versorgungslage im Getto, Nachrichten aus<br />
den Produktionsstätten, auftretende Krankheiten<br />
und Todesfälle. Überdies verfassten<br />
sie feuilletonistische Texte über kulturelle<br />
Ereignisse und andere Aspekte des Alltagslebens.<br />
Dabei kann die Chronik keinen uneingeschränkten<br />
Blick auf den Getto-Alltag<br />
bieten, da sie einer internen Zensur unterlag<br />
und immer die Entdeckung durch die deutschen<br />
Besatzer drohte. So konnte manches<br />
gar nicht oder nur in Andeutungen angesprochen<br />
werden. Außerdem lebten und litten<br />
auch die Verfasser unter den unsäglichen<br />
Existenzbedingungen im Getto und waren<br />
wie alle anderen Bewohner von der Außenwelt<br />
abgeschnitten.<br />
Ein gemeinsames Projekt von: Zentrum<br />
für Medien und Interaktivität, Justus-Liebig-<br />
Universität Gießen; Arbeitsstelle Holocaustliteratur,<br />
Justus-Liebig-Universität Gießen;<br />
Herder-<strong>Institut</strong> e.V., Marburg; <strong>Institut</strong> für<br />
Germanistik, Justus-Liebig-Universität<br />
Gießen; Technische Hochschule Mittelhessen,<br />
Gießen; Archiwum Państwowe<br />
w Łodzi, Łódź, Polen; Wallstein Verlag<br />
GmbH, Göttingen; Hessischer Rundfunk,<br />
Frankfurt am Main; gefördert durch die<br />
LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung<br />
wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz,<br />
Hessisches Ministerium für Wissenschaft<br />
und Kunst, Wiesbaden.<br />
Kontakt<br />
Hon.-Prof. Dr. Sascha Feuchert<br />
Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur<br />
am <strong>Institut</strong> für Germanistik der<br />
Justus-Liebig-Universität Gießen<br />
Tel.: <strong>06</strong>41.99 290 93<br />
sascha.feuchert@germanistik.uni-giessen.de<br />
Das Internetportal fi ndet sich unter:<br />
www.getto-chronik.de<br />
Ausstellungsangebote<br />
Wanderausstellungen<br />
des <strong>Fritz</strong> <strong>Bauer</strong> <strong>Institut</strong>s<br />
Legalisierter Raub<br />
Der Fiskus und die Ausplünderung<br />
der Juden in Hessen 1933–1945<br />
Eine Ausstellung des <strong>Fritz</strong> <strong>Bauer</strong> <strong>Institut</strong>s und des Hessischen Rundfunks,<br />
mit Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen<br />
und des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst<br />
1. September bis 30. November 2011<br />
Main-Kinzig-Forum<br />
Barbarossastr. 24, 63571 Gelnhausen<br />
Öffnungszeiten, Führungen, Begleitprogramm<br />
Ausführliche Informationen zur Ausstellung<br />
fi nden Sie auf unserer Website:<br />
www.fritz-bauer-institut.de/legalisierter-raub.html<br />
Bisherige Ausstellungsstationen<br />
Rotenburg an der Fulda, Korbach (2010)<br />
Limburg (2008)<br />
Felsberg/Schwalm-Eder-Kreis (2007)<br />
Hanau, Groß-Gerau, Friedberg (20<strong>06</strong>)<br />
Berlin, Offenbach am Main (2005)<br />
Wiesbaden, Wetzlar, Kassel, Fulda (2004)<br />
Darmstadt, Gießen (2003)<br />
Frankfurt am Main, Marburg (2002)<br />
Weitere Ausstellungsstationen<br />
Vom 27. Januar bis zum 5. April 2012 wird die Ausstellung<br />
in Eschwege gezeigt.<br />
Ab April bis Ende Juni 2012 wird sie in Butzbach<br />
zu sehen sein. Für das Jahr 2013 ist eine<br />
Ausstellungspräsentation vom 16. Januar bis zum<br />
7. April in Wolfhagen geplant.<br />
Die Ausstellung gibt einen<br />
Einblick in die Geschichte<br />
des legalisierten Raubes, in die Biografi en<br />
von Tätern und Opfern. Die einleitenden Tafeln<br />
stellen Franz Soetbeer, Walter Mahr,<br />
Artur Lauinger, Paul Graupe, Alexander<br />
Fiorino, <strong>Fritz</strong> Reinhardt, Martin Buber,<br />
Waldemar Kämmerling sowie die Familien<br />
Guthmann, Cahn, Grünebaum, Reinhardt,<br />
Pacyna und Goldmann mit ihren Lebensgeschichten<br />
bis zum Jahr 1933 vor. Ihnen<br />
allen begegnet der Ausstellungsbesucher im<br />
Hauptteil wieder, der – ausgehend von den<br />
Biografi en und zu ihnen zurückkehrend –<br />
auf Tafeln und in Vitrinen erzählt, wie sich<br />
die Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung<br />
vollzog, was sie für die Opfer bedeutete<br />
und wer die Täter waren.<br />
Die Tafeln im Hauptteil der Ausstellung<br />
entwickeln die Geschichte der Tätergesellschaft,<br />
die mit einem Rückblick auf die Zeit<br />
vor 1933 beginnt: Die Forderung nach einer<br />
Enteignung der Juden gab es nicht erst seit<br />
der Machtübernahme der Nationalsozialisten.<br />
Sie konnten vielmehr auf weitverbreitete antisemitische<br />
Klischees zurückgreifen, insbesondere<br />
auf das Bild vom »mächtigen und reichen<br />
Juden«, der sein Vermögen mit List und<br />
zum Schaden des deutschen Volkes erworben<br />
habe. Vor diesem Hintergrund zeichnet das<br />
2. Kapitel die Stufen der Ausplünderung und<br />
die Rolle der Finanzbehörden in den Jahren<br />
von 1933 bis 1941 nach. Im nachgebauten<br />
Zimmer eines Finanzbeamten können die Ausstellungsbesucher<br />
in Aktenordnern blättern:<br />
Sie enthalten unter anderem Faksimiles jener<br />
Vermögenslisten, die Juden vor der Deportation<br />
ausfüllen mussten, um den Finanzbehörden<br />
die »Verwaltung und Verwertung«<br />
ihrer zurückgelassenen Habseligkeiten zu<br />
erleichtern. Weitere Tafeln beschäftigen sich<br />
mit den kooperierenden Interessengruppen<br />
in Politik und Wirtschaft, aber auch mit<br />
dem »deutschen Volksgenossen« als Profi -<br />
teur. Schließlich wird nach der sogenannten<br />
Wiedergutmachung gefragt: Wie ging die<br />
Rückerstattung in Hessen und Berlin vor<br />
sich, wie erfolgreich konnte sie angesichts<br />
der gesetzlichen Ausgangslage und der weitgehend<br />
ablehnenden Haltung der Bevölkerungsmehrheit<br />
sein?<br />
Im Zentrum der Ausstellung stehen Vitrinen,<br />
die die Geschichten der Opfer erzählen:<br />
<strong>Einsicht</strong> <strong>06</strong> Herbst 2011 103