S C H U L E - Die Linkspartei - Die Linke
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die sicher nicht im Verdacht stehen, „sozialromantisch“ motiviert zu sein – durchaus<br />
zu behaupten weiß.<br />
Reformpädagogik im Allgemeinen, ein reformiertes Lehrerleitbild im Besonderen,<br />
ist also auf Rückendeckung angewiesen. Sind die Bedingungen hierfür erfüllt, kann<br />
Pädagogik mit progressivem Anspruch wirksam werden. Bemessen an einer egalitären<br />
und emanzipativen Bildungsnorm unterscheiden wir:<br />
1. die Ebene der konkreten Aufgaben von Lehrkräften,<br />
2. damit verbunden die Ebene Unterrichtsrichtlinien und Lehrpläne sowie<br />
3. die Ebene der Aus-, Fort- und Weiterbildung für das Lehramt.<br />
(1) <strong>Die</strong> Befähigung der Lehrkräfte, Folgen und Mechanismen sozialer Benachteiligung<br />
verstehen, hinterfragen und verändern zu können, muss einen festen Platz<br />
im pädagogischen Aufgabenfeld erhalten. <strong>Die</strong>se Form der Sozio-Analyse und Intervention<br />
muss neben dem Fachunterricht gleichberechtigte Aufgabe pädagogischen<br />
Handelns werden. Lehrkräfte müssen die Fähigkeit erwerben und praktizieren,<br />
ihr Verhalten nicht an der Norm des Normalschülers auszurichten. Sie müssen<br />
Potenziale gerade derjenigen Schüler anregen und aufnehmen, die von der bestehenden<br />
Verhaltens- und Leistungsnorm, von der wir wissen, dass sie Mittel- und<br />
Oberschichtskinder privilegiert, abweichen (Mechthild Gomolla und Frank-Olaf<br />
Radtke (2002) haben ja gezeigt, dass gerade solche unbewusst reproduzierten<br />
Normvorstellungen zur Diskriminierung bildungsferner Gruppen führen; Hartmut<br />
von Hentigs „Sokratischer Eid“ lebt geradezu von dieser Verantwortung der Lehrkräfte<br />
für das Nicht-Normierte).<br />
(2) Pädagogisches Handeln, das soziale Benachteiligungen zu kompensieren versucht<br />
und zugleich als aufklärende Intervention verstanden werden soll, bedarf<br />
einer parallelen Reform der Unterrichtsrichtlinien und Lehrpläne. Kern einer inhaltlichen<br />
Lehrplanreform muss sein, Unterrichtsinhalte an die Lebenswirklichkeit von<br />
sozial benachteiligten Gruppen so weit wie möglich anzupassen. Im Gegensatz zu<br />
einer immer noch dominanten schulischen Mittelschichtsorientierung müsste hier<br />
für eine Art Unterschichtscodierung in den Richtlinien und Lehrplänen eingetreten<br />
werden. Für die Einbeziehung lebensweltlicher Bezüge benachteiligter Milieus<br />
existiert bisher keine Vorlage (und das, obwohl Lehrerbildungszentren um „Best-<br />
Practice-Modelle“ seit geraumer Zeit scharf konkurrieren – aber eben offenbar<br />
nicht mit dem Ziel, Benachteiligungsstrukturen zu verändern).<br />
Dabei ist die kritisch-konstruktive Didaktik, die seit 1950er Jahren von Wolfgang<br />
Klafki entwickelt wurde, eng an der Thematik integrativer Förderung benachteiligter<br />
Gruppen orientiert. Klafkis Didaktik führt in der momentanen Debatte vollkommen<br />
zu Unrecht ein Schattendasein (nur damit zu erklären, dass sie bemessen an der<br />
Norm der Early-Excellence-Standards wohl nicht en vogue sein kann, was jedoch<br />
wie wir wissen kaum wirkliches „Qualitätsmerkmal“ sein darf). Klafki hat mit der<br />
Konzeption der „epochaltypischen Schlüsselprobleme“ ein Allgemeinbildungskonzept<br />
entwickelt, in dem die Auseinandersetzung mit der subjektiven und<br />
objektiven Realität – den epochalen Problemen – Motor der Lernentwicklung ist<br />
(und hier ist die entwicklungspsychologische Fundierung in Anlehnung an Jean<br />
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