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BAUEN „BRAUCH MA A RECHNUNG?“<br />
Sache im Pfusch erledigen zu lassen.“ Einer<br />
Umfrage des Market Instituts zufolge<br />
gilt Pfuschen für fast zwei Drittel der Bevölkerung<br />
als Kavaliersdelikt, ein Drittel<br />
der Befragten würde nichts dabei fi nden,<br />
selbst einer Schwarzarbeit nachzugehen.<br />
Eindeutig am meisten gepfuscht wird der<br />
Studie von Prof. Schneider zufolge beim<br />
Hausbau und bei Renovierungen (52 %),<br />
gefolgt von der Autobranche (23 %). „Beim<br />
Hausbau müssen eben sehr viele Leute<br />
sehr scharf kalkulieren,“ meint Prof.<br />
Schneider. Quantitativ am bedeutendsten<br />
ist die Schattenwirtschaft in Wien mit 5,49<br />
Milliarden Euro pro Jahr, gefolgt von Oberösterreich<br />
mit 3,32 und Niederösterreich<br />
mit 3,23 Milliarden Euro. Schlusslicht ist<br />
das Burgenland mit 0,45 Milliarden Euro,<br />
die pro Jahr in der Schattenwirtschaft umgesetzt<br />
werden.<br />
„Der Staat ist selber schuld“<br />
Warum so viel gepfuscht wird, ist für Herrn<br />
und Frau Österreicher leicht erklärt: Ohne<br />
Schwarzarbeit könne man sich vieles nicht<br />
mehr leisten, meinen in der Studie des<br />
DIMENSION DACH: Wie spüren Sie<br />
Schwarzarbeiter auf Baustellen auf, Herr<br />
Weisz?<br />
HERBERT WEISZ: Meistens gibt es eine<br />
anonyme Anzeige. Ich fahre dann zu der<br />
Baustelle, frage nach dem Bauherren,<br />
legitimiere mich und beginne mit der<br />
Überprüfung. Meistens sind die Bauherren in<br />
den ersten Minuten sehr kooperativ. Wenn<br />
der Überraschungseffekt vorbei ist, wird die<br />
Abwehr immer stärker, und es kommen<br />
immer mehr Ausreden. Ich stelle deshalb<br />
gleich am Anfang sehr schnell sehr viele<br />
Fragen. Oft wird dann gelogen, dass sich<br />
30 DIMENSION DACH<br />
Market Institutes 66 % der Befragten, außerdem<br />
sei der Staat mit seinen hohen<br />
Steuerbelastungen auch selber daran<br />
schuld (52 %). „Die Leute sehen, was sie an<br />
Steuern bezahlen, und was sie dafür bekommen,<br />
und haben dann einfach wenig<br />
Unrechtsbewusstsein, wenn sie hin und<br />
wieder Arbeiten im Pfusch erledigen lassen“,<br />
meint Prof. Schneider.<br />
Für den deutschen Wirtschaftsexperten<br />
und Autor Dr. Reinhard K. Sprenger ist das<br />
Pfuschen sogar ein wichtiger Bestandteil<br />
der Volkswirtschaft: Es sei zwar richtig,<br />
dass dem Staat durch Schwarzarbeit Steuern<br />
und Sozialabgaben verloren gehen,<br />
meint Sprenger, der in seinem aktuellen<br />
Buch „Der dressierte Bürger“ auch die Beziehung<br />
zwischen Bürgern und Staat kri-<br />
„Manche lügen so schlecht,<br />
dass es peinlich ist.“<br />
Herbert Weisz, Außendienstmitarbeiter der Wirtschaftskammer,<br />
spürt seit über 20 Jahren Schwarzarbeiter auf. Im Interview<br />
verrät er, wie die Überprüfung einer Baustelle abläuft.<br />
die Balken biegen. Manche lügen so<br />
schlecht, dass es fast peinlich ist. Andere<br />
lügen gut, dann dauert es länger. Letztlich<br />
geht es um Menschenkenntnis. Ich mache<br />
das jetzt seit über 20 Jahren. Da bekommt<br />
man ein Gespür.<br />
Bei welchen Tätigkeiten wird auf Baustellen<br />
am meisten gepfuscht?<br />
Bei den Tätigkeiten, die im Haus stattfi nden,<br />
ist die Dunkelziffer sicher relativ hoch. Relativ<br />
selten ist das Pfuschen am Dach. Da ist bei<br />
einem Unfall die Verletzungsgefahr groß,<br />
außerdem ist beim Dach die Qualität<br />
besonders wichtig.<br />
„Würde man Wohnbauförderung nur auf die Lohnnebenkosten<br />
gewähren, würde sich die Schattenwirtschaft um eine<br />
Million Euro reduzieren. Eine ordentliche Steuersenkung<br />
würde auch bewirken, dass weniger gepfuscht wird.“<br />
Prof. Dr. Friedrich Schneider, Uni Linz/Institut für Volkswirtschaftslehre<br />
tisch analysiert. „Wir verdanken unseren<br />
gegenwärtigen Wohlstand aber zu einem<br />
guten Teil der Schwarzarbeit.“ Ein Eindämmen<br />
der Schwarzarbeit würde seiner Meinung<br />
nach auch keinen Anstieg der Beschäftigung<br />
nach sich ziehen. „Das will uns<br />
der Finanzminister immer wieder einreden,<br />
aber das Gegenteil wäre der Fall. Sehr<br />
viel Arbeit würde liegen bleiben, weil sie<br />
einfach zu teuer wäre,“ sagt Sprenger, und<br />
fügt hinzu: „Warum sollte ich also dem netten<br />
Polen, der mein Arbeitszimmer neu<br />
streichen will, nicht ein paar Scheine in die<br />
Hand drücken?“<br />
Pfuschen: Arbeit ohne Garantie<br />
„Bauen mit Pfuschern ist unfair, weil es<br />
ungleiche Wettbewerbssituationen schaff t“,<br />
Wegen der verstärkten Kontrollen arbeiten<br />
viele Pfuscher mit „Deckung“ einer Firma.<br />
Was machen Sie in so einem Fall?<br />
Ich rufe bei der Firma an und überprüfe die<br />
Deckung.<br />
Und wenn die Firma mitspielt?<br />
Auch hier gilt: Wenn etwas nicht stimmt,<br />
verstricken sich Bauherr und Pfuscher oft in<br />
Widersprüche. Wenn dann klar ist, dass<br />
gepfuscht wird, machen wir eine Anzeige.<br />
Haben Sie manchmal Mitleid mit ertappten<br />
Bauherren?<br />
Mitleid? Wer Schwarzarbeiter beschäftigt,<br />
muss damit rechnen, erwischt zu werden.<br />
Wenn gute Freunde oder Verwandte<br />
mithelfen, haben wir ja kein Problem damit.<br />
Aber gewerbsmäßiges Pfuschen schadet der<br />
Wirtschaft. Jeder Pfuscher nimmt einem<br />
anderen den Arbeitsplatz weg. Vielleicht<br />
rationalisiert er sich sogar selbst weg,<br />
wenn er am Wochenende pfuschen geht,<br />
und die Firma, bei der er unter der Woche<br />
beschäftigt ist, deshalb weniger Aufträge<br />
bekommt.