Das Magazin zum Jubiläum - BfU
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Verhaltensweisen substanziell», sagt Janine<br />
Bosak. Die promovierte Diplom-Psychologin<br />
und Hochschullehrerin an der Dublin<br />
City University in Irland hat genau diese<br />
Genderfrage untersucht. Doch wo liegt der<br />
Grund für das unterschiedliche Verlangen<br />
nach dem Kick? Man vermutet dafür gemäss<br />
Bosak eine biologische Ursache: «Studien<br />
haben einen Zusammenhang zwischen<br />
dem Hormon Testosteron und dem Sensation<br />
Seeking gezeigt. <strong>Das</strong> erklärt, weshalb<br />
Männer stärker zu risikoreichen Verhaltensweisen<br />
neigen als Frauen – und zwar<br />
unabhängig von Sozialisation, Erziehung<br />
und anderen Faktoren.»<br />
<strong>Das</strong> biologische Geheimnis der Reiz-<br />
suche ist indes noch nicht ganz entschlüsselt.<br />
Neuropsychologen vermuten, dass Sensation<br />
Seekers wegen ihres tieferen Dopamin-Spiegels<br />
verstärkt Reize von aussen<br />
brauchen, um Glückshormone zu produzieren.<br />
«Vieles spricht dafür, dass sie bei neuen<br />
Stimulationen mehr Belohnung aus dem<br />
Hormonsystem ziehen», sagt der emeritierte<br />
Psychologieprofessor Falko Rheinberg.<br />
Evolutionsbiologen führen die Aggressivität<br />
und Risikofreude junger Männer<br />
auf den Fortpflanzungswettbewerb unter<br />
männlichen Vorfahren zurück. Männer<br />
könnten so ihren Mut und ihre Stärke demonstrieren,<br />
um in den Augen der Frauen<br />
als attraktive Sexualpartner zu erscheinen.<br />
Soziokulturelle Ansätze betonen hingegen,<br />
dass Geschlechterunterschiede im<br />
Aggressionsverhalten ihren Ursprung in<br />
der Sozialisation haben, wo bei den Männern<br />
Durchsetzungsvermögen und Wettbewerbsorientierung<br />
und bei den Frauen<br />
Fürsorge und Unterwürfigkeit verstärkt<br />
würden. Fakt ist, dass auch die unterschiedliche<br />
Risikoeinschätzung ein Grund für das<br />
riskantere Handeln der Männer ist. Studien<br />
TERRITORIEN<br />
zeigen, dass Männer von risikoreichen Aktivitäten<br />
mehr Nutzen erwarten als Frauen.<br />
Frauen versprechen sich davon weniger<br />
Vergnügen und befürchten eher negative<br />
Konsequenzen als Männer.<br />
Um die Unterschiede im Risikoverhalten<br />
zu erklären, weist Janine Bosak zudem<br />
auf die Geschlechterrollen hin. Darunter<br />
versteht man die gesellschaftlichen Erwartungen,<br />
wie sich ein Mann oder eine<br />
Frau verhalten soll. Heranwachsende lernen<br />
demnach schon früh, dass schnelles<br />
Autofahren, Rauchen und Alkoholkonsum<br />
als männlich gelten. Genau bei diesen<br />
Geschlechterrollen können Interventionen<br />
und Prävention ansetzen. Und tun das<br />
auch, wie bfu-Direktorin Brigitte Buhmann<br />
sagt. «Ein gutes Beispiel für die geschlechtsspezifische<br />
Ansprache ist die interaktive<br />
Facebook-Seite ‹Date Nina› von RoadCross,<br />
bei der junge Männer nur erfolgreich sind,<br />
wenn sie sich verantwortungsbewusst verhalten.<br />
Wichtig ist aber auch, dass man die<br />
jungen Beifahrerinnen in der Meinung bestärkt,<br />
dass Rasen und Alkohol am Steuer<br />
uncool sind.»<br />
THORSTEN KALETSCH<br />
75 Jahre bfu – <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 27