Das Magazin zum Jubiläum - BfU
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als Sinnbild für den eidgenössischen Ansatz<br />
in der Verkehrssicherheitsarbeit: die unbedingte<br />
Rücksichtnahme auf die schwächsten<br />
Verkehrsteilnehmenden. Jede Schweizerin<br />
und jeder Schweizer kennt heute das<br />
«Vulnerabilitätsprinzip», als Pendant <strong>zum</strong><br />
sogenannten «Verursacherprinzip» in der<br />
Umweltpolitik. Über Jahre hinweg bestimmte<br />
der Imperativ «bewege dich so,<br />
dass deine individuelle Mobilität jederzeit<br />
als Grundlage für ein allgemeingül -<br />
tiges, rücksichtsvolles Mobilitätsverhalten<br />
gelten könnte» nahezu jeden Teilaspekt der<br />
Verkehrssicherheit – von der Verkehrspolitik<br />
in den Parlamenten bis hin zur Mobilitätsausbildung<br />
in den Schulen und Betrieben.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis ist heute eine Kultur der<br />
Sicherheit auf den Schweizer Strassen, die<br />
weltweit ihresgleichen sucht. War gegen<br />
Ende des letzten Jahrtausends noch die<br />
Meinung vorherrschend, dass sich Sicherheit<br />
und Mobilität widersprechen, so wird<br />
heute die Sicherheit als Qualität der Mobilität<br />
verstanden – eine unsichere Mobilität<br />
ist keine Mobilität. Unfälle können nach<br />
wie vor passieren, aber sie enden eben nicht<br />
mehr tödlich oder zerstören das Leben von<br />
Beteiligten und Angehörigen.<br />
Am Erfolg der Schweiz wird aber auch<br />
deutlich, wie weit die Strassenverkehrs-<br />
sicherheit im globalen Massstab ausein-<br />
anderklafft. Während in den Industrie-<br />
nationen die vorbehaltlose Umsetzung der<br />
Erkenntnisse aus der Unfallforschung, die<br />
eindeutigen Bekenntnisse der politischen<br />
Entscheidungsträger sowie ein expandierender<br />
Markt an Verkehrssicherheitsprodukten<br />
und -diensten die Anzahl der schweren und<br />
tödlichen Verletzungen immer weiter reduzierte,<br />
fielen mit der Motorisierung in vielen<br />
Schwellen- und Entwicklungsländern immer<br />
mehr Menschen dem wachsenden Verkehr<br />
<strong>zum</strong> Opfer. Noch immer sterben daher<br />
pro Jahr etwa 1 Million Menschen auf den<br />
Strassen unseres Planeten.<br />
Der erste Platz der Schweiz im globalen<br />
Wettrennen ist somit keineswegs ein Grund<br />
für die bfu, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen.<br />
Mit der Poleposition kommt auch<br />
die globale Verantwortung, das Erfolgsrezept<br />
des «Swiss Safety System» dorthin zu<br />
bringen, wo es gebraucht wird. Dr. Brigitte<br />
Buhmann jedenfalls zieht es hinaus in die<br />
Welt; sie freut sich auf die neuen Herausforderungen<br />
und orientiert sich dabei an den<br />
Zweitplatzierten im «Zero Death Race» –<br />
den Schweden: «Auch wenn die Schweden<br />
zuhause die Null noch nicht ganz geschafft<br />
haben, sind sie für uns ein grosses Vorbild.<br />
Durch ihr globales Engagement in den letzten<br />
Jahren haben sie vielleicht mehr Menschen<br />
in China, Vietnam oder Thailand<br />
vor dem Unfalltod gerettet, als jemals auf<br />
den Strassen Schwedens starben. Wir wagen<br />
nun den Schulterschluss mit unserem<br />
grössten ‘Konkurrenten’ und versuchen, in<br />
Asien, Afrika und Südamerika das zu erreichen,<br />
was uns zwischen Genf und Romanshorn<br />
bereits gelungen ist – das Trauma vom<br />
Verkehrstod endgültig und weltweit zu begraben.»<br />
JÖRG BECKMANN<br />
ist Direktor der MobilitätsAkademie<br />
des TCS, einem Kompetenzzentrum<br />
für Mobilität. Ausgebildet ist er in<br />
Raumplanung und Verkehrs<br />
soziologie.<br />
75 Jahre bfu – <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 53