01.02.2013 Aufrufe

Werner Berg Museum

Werner Berg Museum

Werner Berg Museum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Als junger Mensch Mitte Zwanzig beschäftigten mich<br />

grundsätzliche Fragen in besonderem Maße, und die grundsätzlichste<br />

aller Fragen lautete: «Wie leben?». Wie sollte man<br />

unter den Bedingungen der eigenen Zeit, in die man hineingeboren<br />

war, ein wahrhaftes Leben führen, das heißt, nicht<br />

nur gleichsam willenlos äußeren Zwängen gehorchen, sondern<br />

in Übereinstimmung mit sich selbst den zunächst freilich<br />

nur dunkel geahnten Anlagen, die man in sich trug, die<br />

Chance geben, sich zu entwickeln und zu entfalten? Da war<br />

es unendlich viel leichter, ideale Forderungen zu formulieren,<br />

als sie praktisch in die Tat umzusetzen, überall stieß<br />

man auf eine widerständige Realität.<br />

Und da wurde einem suchenden jungen Menschen<br />

nun das Beispiel eines Mannes und des von ihm geschaffenen<br />

Werkes vor Augen gestellt, in dem diese Übersetzung drängender<br />

innerer Träume in eine ihnen entsprechende Realität<br />

ganz offenbar gelungen war, da wurde etwas sichtbar, was<br />

das Seltenste ist, ein geglücktes Leben. Dessen Begründung<br />

lag damals schon mehr als ein Vierteljahrhundert zurück,<br />

und sie war inmitten schwierigster Zeit, wirtschaftlicher<br />

und politischer Krisen erfolgt – drohende Wolken verdunkelten<br />

den Himmel in ganz Europa –, Unheil kündigte sich<br />

an. Die Auswirkungen dieser Krisen waren bis in die verborgensten<br />

Winkel des alten Europa spürbar – auch der, der<br />

aus eben diesen Krisen und Konflikten zu entkommen hoffte<br />

und generell die Verletzungen des Lebens flüchtete, um<br />

ein Dasein ganz nahe bei den einfachen Dingen und natürlichen<br />

Prozessen zu führen, eingebunden und geborgen im<br />

ländlichen Jahreslauf mit seinem harten Alltag und seinen<br />

spröden Festen, auch der konnte sich ihnen nicht entziehen.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>, aus dem <strong>Berg</strong>ischen Land stammend<br />

und dort 1904 in Elberfeld geboren, das heute Teil der Stadt<br />

Wuppertal ist, hatte nach ausgedehnten, mit seiner aus<br />

Wien stammenden Frau unternommenen Wanderungen<br />

1930 einen abseits gelegenen Bauernhof im Kärntner Unterland,<br />

den Rutarhof, erworben, um ihn, zu dem etwa zwanzig<br />

Hektar Land gehörten, zu bewirtschaften, ohne jedoch<br />

dabei auf die künstlerische Tätigkeit zu verzichten, in der er<br />

sich an der Wiener und der Münchner Kunstakademie das<br />

nötige Rüstzeug angeeignet hatte.<br />

one was born, in other words not just will-lessly to obey external<br />

forces, but in concord with oneself to give what at first<br />

were only darkly suspected faculties a chance to develop and<br />

unfold? It was infinitely easier to formulate idealized demands<br />

than to put them into action: everywhere one was up against<br />

a contentious reality.<br />

And there a searching young person was presented with<br />

the example of a man and the work he created in which this<br />

translation of urgent inner dreams into a corresponding reality<br />

had very openly succeeded. There that rarest of all things<br />

became visible: a successful life. The foundations had already<br />

been laid more than a quarter century earlier, in the midst of<br />

hard times of economic and political crisis – threatening clouds<br />

darkened the skies of all Europe and disaster was approaching.<br />

The effects of these crises could be felt in even the most isolated<br />

corners of Old Europe. It was impossible to escape, also for<br />

a man who had hoped to elude these crises and conflicts, fleeing<br />

the injuries of life in order to lead an existence very near to<br />

simple things and natural processes, integrated in and protected<br />

by the rural rhythm of the year with its daily toil and coarse<br />

festivals.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> came from a small German region north<br />

of Cologne known as the «<strong>Berg</strong>isches Land», where he was<br />

born in 1904 in Elberfeld, which today is a part of the city of<br />

Wuppertal. After extended treks undertaken with his<br />

Viennese wife, he acquired the Rutarhof, an isolated farm in<br />

Lower Carinthia. It had twenty hectares of land, and he operated<br />

the farm without abandoning his artistic activity, for<br />

which he had attained the necessary training at the academies<br />

in Vienna and Munich.<br />

Today one would call this a decision to «drop out», and<br />

I could name many examples of artistically inspired people<br />

who have taken this path in the last half century. But in 1930 it<br />

represented the absolute exception, even though it is not only<br />

from art history that we know of refugees from civilization in<br />

search of our origins, who undertook an attempt to elude all<br />

of the coercions and conditions of modern industrialized society.<br />

I cite the name of Henry David Thoreau and his «Walden»,<br />

but also of Paul Gauguin, who set off for the South Seas<br />

in order to lead the life of an avantgarde artist there.<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!