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Werner Berg Museum

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Heute würde man einen solchen Entschluss den eines<br />

Aussteigers nennen, und ich könnte manche Beispiele künstlerisch<br />

inspirierter Menschen nennen, die ihn im letzten halben<br />

Jahrhundert in die Tat umgesetzt haben. Um 1930 aber<br />

bedeutete er die absolute Ausnahme, auch wenn wir nicht<br />

nur aus der Kunstgeschichte das Vorbild des unsere Ursprünge<br />

suchenden Zivilisationsflüchtlings kennen, der es<br />

unternahm, allen Zwängen und Bedingungen der modernen<br />

Industriegesellschaft abzusagen, ich erinnere nur an Henry<br />

David Thoreau und sein «Walden», vor allem aber an Paul<br />

Gauguin, der in die Südsee aufbrach, um dort die Existenz<br />

eines Künstlers der Avantgarde zu führen.<br />

Auch <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> suchte – neben dem Wunsch, sich<br />

der Enge und den Lebensmustern der Zivilisation zu entziehen<br />

–, eine noch unverbrauchte Welt, die sich in ihrer<br />

Frische und Ursprünglichkeit wie am ersten Tag zeigte, eine<br />

Welt, die sich mit heutigem Blick anschauen ließ wie in der<br />

Frühe der Zeiten. Uns mag ein solcher Wunsch naiv erscheinen,<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> hat alles darangesetzt ihn zu erfüllen, wie<br />

einmal Gauguin alles darangegeben hatte, seinen Lebensplan<br />

zu verwirklichen.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> musste dabei nicht so weit gehen wie<br />

Gauguin – oder wie Nolde oder Pechstein – und in die Südsee<br />

reisen. Er fand die Bilder einer unverbrauchten Welt in<br />

einem Randbezirk des alten Europa, dem Kärntner Unterland<br />

südlich der Drau, in dem er ein Restmodell des untergegangenen<br />

Vielvölkerstaates der Habsburger, des einstigen<br />

Kakanien, zu erkennen meinte. Er fand sie in diesem Landstrich<br />

an der Grenze des deutschen Sprachraums, der ihm<br />

zur Heimat wurde, und er fand sie in dem Menschenschlag<br />

der so genannten «Windischen». Die bescheidene, in alten<br />

Traditionen verlaufende Lebensform der slowenischen<br />

Landbevölkerung weckte seine Sympathie und zog ihn magisch<br />

an.<br />

Und es wird damals, 1956, nicht nur diese gelebte Entscheidung<br />

an sich, sondern im Besonderen die Entscheidung<br />

des Malers für einen ganz bestimmten Grenzbezirk unserer<br />

Welt gewesen sein, für dieses noch bewusst das Miteinander<br />

verschiedener Völker und seine Zweisprachigkeit pflegende<br />

Kärntner Unterland in seiner Mischung aus Vertrautem und<br />

10<br />

Beyond wanting to escape from the narrowness and<br />

preprogrammed life of civilization, <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> also sought<br />

a world that had not yet been used up, that presented itself in<br />

the freshness and naturalness of the first day, a world upon<br />

which today’s gaze could rest as in earlier times. Although<br />

such a wish might seem naive, <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> wagered everything<br />

to fulfill it, as Gauguin had once wagered everything to<br />

realize his life plan.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> did not have to go as far as Gauguin – or<br />

Nolde or Pechstein – and journey to the South Seas. He found<br />

his images of a pristine world in the hinterlands of Old Europe, in<br />

Lower Carinthia south of the Drava River, where he felt he could<br />

recognize the surviving remains of the perished multiethnic<br />

Hapsburg state, of what had once been Kakania. He found them<br />

on this swathe of land at the edge of the German-speaking<br />

world, which became his home. There he also found the Slovene<br />

minority, whose humble form of life and ancient traditions awakened<br />

his empathy and exerted a magical attraction on him.<br />

At the time, in 1956, it was not only this decision and its<br />

realization in life, but most of all the particular border region<br />

of our world chosen by the painter that enchanted the young<br />

art critic, as it had spellbound the young artist a generation before.<br />

Lower Carinthia was a region that still consciously cultivated<br />

the coexistence of different peoples and bilingualism, mixing<br />

the familiar and the foreign, deep-rootedness in the past<br />

and curiosity with regard to the present. It was a swathe of<br />

land that could be tied to many hopes due to its position on<br />

the margins, and it was predestined to awaken idealized notions.<br />

Thus it seemed to come as no surprise that its grandiose<br />

nature and the people who inhabited it could challenge an enthusiastic<br />

artist to project the most beautiful illusions into it.<br />

Looking at the paintings <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> produced in the midthirties,<br />

we find not only that which Hermann Hesse once referred<br />

to as the «magic of the beginning»: through them we<br />

are also gazing into a paradisiacal world. It is a land in which<br />

spring and its flowers do not want to end, and in which even<br />

winter’s blanket of snow promises protection and refuge.<br />

In setting out on his artistic path – insight into this fact<br />

should precede every critical judgement of his work – <strong>Werner</strong><br />

<strong>Berg</strong> withdrew from big-city life in order to found an economi-

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