hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
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1813 und 1944 Widerstände gegen Untergänge – Entfaltung <strong>deutscher</strong> Politik<br />
in der Mitte Europas<br />
„In der Gegnerschaft zwischen Metternich und dem Freiherrn vom Stein hat die Antithese<br />
des nationalen und des europäischen Gedanken einen historisch denkwürdigen<br />
Ausdruck gefunden. Stein wollte die Beseitigung der napoleonischen Weltmacht, weil<br />
er die Freiheit der Nationen wollte, Metternich erkannte, dass die nationale Bewegung,<br />
weil sie über die alten Staaten hinwegstrebte, eine Epoche blutiger Kriege und eine<br />
Desorganisierung Europas heraufführen musste.“ (Franz Schnabel: Deutsche <strong>Geschichte</strong><br />
im 19. Jahrhundert, 3. Auflage 1947)<br />
Jahrestage sind häufig Geburts- oder Todestage erinnerungstauglicher Männer und<br />
Frauen. Im letzten Jahr wurde wegen seines 250. Geburtstages, geboren 1757, der<br />
Freiherr vom Stein gefeiert .Hält man sich seine geschichtliche Bedeutung für<br />
Deutschland vor Augen, war das Gedenken bescheiden. Er soll uns die Tür aufschließen<br />
und zu einem Wesenszug <strong>deutscher</strong> <strong>Geschichte</strong> in einem europäischen Umfeld<br />
führen. Der Freiherr vom Stein lebte und wirkte in einer Zeit, als sich Europa in einem<br />
besonderen Erregungszustand befand. Die Französische Revolution hatte die Gemüter<br />
erhitzt, Napoleon anschließend Europa mit seinem 15 jährigen Eroberungskrieg überzogen.<br />
Deutschland war in die Auseinandersetzungen hinein-gestolpert und suchte am<br />
Ende vergeblich eine neue Rolle im Konzert der 1815 etablierten europäischen „Pentarchie“<br />
von England, Frankreich, Preußen, Österreich und Russland. Deutschland<br />
blieb eine kulturelle Fiktion, wie es sich im 18. Jahrhundert darbot, politisch war es ja<br />
nur das als „Monstrum“ apostrop<strong>hier</strong>te alte deutsche „Reich“ mit seinen 250 Territorien<br />
und dem machtlosen Kaiser an der Spitze. Auch der Wiener Kongress 1815 schaffte<br />
da keine Änderung, wenn er als Nachfolger des Reiches den lockeren Staatenbund des<br />
Deutschen Bundes mit Sitz in Frankfurt schuf.<br />
Es gibt nun in Steins Leben ein brennpunktartiges Datum, den November 1808, ein<br />
folgenreiches Datum. Ist doch damit die erst eineinhalb jährige Karriere des preußischen<br />
Chef-Ministers vom Stein beendet, weil er vor Napoleons Häschern .fliehen<br />
musste. Worin besteht dann seine Leistung? Woher kommt seine Popularität, dass er<br />
fünf Jahre später der heimliche König von Deutschland genannt wird? Stein ist der<br />
rastlose Impulsgeber von Tendenzen, die in der Zeit halb verordnet halb „nachgefragt“<br />
werden und seinem Werdegang und seiner Mentalität entsprechen. Die bittere preußische<br />
Niederlage von Jena und Auerstedt 1806 erweist die ganze Schwäche des<br />
spätabsolutistischen Staates Preußen. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. beruft<br />
Stein und mit ihm kommen die „Reformer „ zum Zuge, die wie er längst den leidenden<br />
Zustand des Staates erkannt hatten. Das Belebungsmittel soll die Beteiligung<br />
der Bürger sein. Man „reformiert “von oben“ und kommt damit den Bestrebungen des<br />
Bürgertums nach Teilnahme und Selbständigkeit (Freiheit) entgegen. Ständische Beschränkungen<br />
fallen. Im Widerstand gegen Napoleon entwickelt sich der nationale Gedanke.<br />
Die liberale Doppelforderung von Freiheit und nationaler Einheit kommt auf<br />
den Weg. .Die historischen Ereignisse verdichten sich und reichern eine explosive<br />
Spannung im Jahre 1813 an, als der „Freiheitskrieg“ gegen Napoleon endlich anläuft<br />
und mit der Völkerschlacht bei Leipzig zunächst siegreich beendet wird. Es ist ein<br />
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