hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
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jährige Krieg nichts verändert. Die Listen sind peinlich genau von der Rentei in Wetter<br />
geführt worden und enthalten auch Verrechnungen. Eine Verrechnung scheint<br />
besonders interessant zu sein. Es heißt dort: "1763 d. 17. November wegen erlittener<br />
Fouragierung ...voll gutgeschrieben worden." Hier ist offenbar von einer erzwungenen<br />
Truppenverpflegung die Rede. Diese Fouragierung könnte in Beziehung stehen zu<br />
einem Stevelinger Ereignis, welches in einem anderen Dokument folgendermaßen<br />
vorkommt: "Da des Stevelings Garten von französischen Truppen fast gänzlich<br />
fouragieret, so ist auf dessen Verlangen von uns Endesunterschriebenen genannter<br />
Garten in Augenschein genommen und der Schaden nach Befinden pflichtmäßig nebst<br />
ein Viertel Erbsen ins Feld gesät auf neun Taler 45 Silbergroschen ästimieret (also<br />
geschätzt) worden, wie Unterschriften attestieren. 12.August 1761 Wollenweber,<br />
Niederste Borgmann." Letzterer war wohl Vorsteher der Bauernschaft.<br />
Der überörtliche Zusammenhang ist: Neben Böhmen und Schlesien war auch<br />
Westfalen Schauplatz des 7jährigen Krieges. Es lag auf dem Weg der französischen<br />
Truppen, die in Richtung Hannover unterwegs waren. Hannover befand sich in<br />
Personalunion mit England und kämpfte auf preußischer Seite. Solche französischen<br />
Truppen müssen es 1761 gewesen sein, die sich "Fouragierung" auf Steveling geholt<br />
und dabei den Garten verwüstet hatten. Französische Truppen trafen dann bei<br />
Vellinghausen (Kreis Soest) am 15. und 16.7.1761 mit insgesamt 110.000 Mann auf<br />
das englisch-hannoversche Heer des Herzogs Ferdinand von Braunschweig mit 70.000<br />
Mann. Die Franzosen wurden dort entscheidend geschlagen. Man war in Westfalen<br />
dem Herzog von Braunschweig sehr dankbar, weil er den marodierenden<br />
französischen Truppen Einhalt geboten hatte. Ob die oben genannte Gutschrift wegen<br />
der Fouragierung unter dem Datum Nov.1763 direkt etwas mit der Stevelinger<br />
Gartenzerstörung von 1761 zu tun hat, bleibt die Frage. Auch war der 7jährige Krieg<br />
im Februar 1763 mit dem Frieden zu Hubertusburg beendet worden. Aber man weiß<br />
ja, dass bürokratische Uhren zuweilen sehr langsam gehen. Immerhin sind <strong>hier</strong> die<br />
Zusammenhänge mit den politischen Großereignissen nicht von der Hand zu weisen.<br />
Es gab für unseren Stevelinger Hof aber nicht nur Schwierigkeiten, die von ganz oben<br />
aus Politik und Krieg kamen. Häufigen Ärger gab es bei der Nutzung der Mark, als die<br />
Grenzen der Hude-Bezirke nicht beachtet wurden. Nachweislich war Steveling dreimal<br />
betroffen (1727, 1733, 1773). Die Kötter der Freiheit Volmarstein nahmen es wohl<br />
nicht immer so genau und ließen ihr Vieh ungehütet in Stevelings Hude laufen,<br />
offenbar im Bereich Tinsberg, wo die Interessen aufeinander stießen. Als<br />
Beschwerdeführer ist 1733 besagter Conradt Steveling verbürgt, der 1725 als<br />
Schwager des Jürgen Steveling als Erbe eingesetzt worden war (s.o.) und sich<br />
Steveling nannte. Dieser Conradt hatte sich beim preußischen Forstamt in Wetter<br />
beschwert. Die Antworten des Forstamtes lauten immer ähnlich. Man bezieht sich auf<br />
die Markenordnung, "dass in den Domänenholzungen kein Groß- und Kleinvieh<br />
ungehütet gehen soll, sondern im Übertretungsfall...Strafe gegeben werde, die Ziegen<br />
aber sofort totgeschossen und konfiszieret sein sollen." Die Ziegen hatten es also<br />
wegen ihres radikalen Fressdranges besonders schwer. Mit der Bekanntgabe dieser<br />
Verfügung werden die Pfarrer beauftragt, die dieses im sonntäglichen Gottesdienst zu<br />
verkünden haben. Für 1733 wird Pastor Revelmann genannt, für 1773 Pastor Ising.<br />
Nicht zuletzt wegen dieser Hudestreitigkeiten drang der preußische Staat auf<br />
Abschaffung der Marken, was bekanntlich für die <strong>hier</strong> betroffene Hülsberger Mark<br />
1775 geschah (s.o.). Die Vorbereitungen dieser "Privatisierung" liefen schon seit 1730.<br />
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