hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
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Phänomen eigener Art, welch ein zeitgenössischer Glanz diese Vorgänge umgibt. Es<br />
handelt sich nicht mehr um einen Kabinettskrieg zur Durchsetzung politische Ziele. Es<br />
ist der Verteidigungskrieg eines „Volkes“, das nach dem Motto handelt: „Tua res agitur.“<br />
(Deine Sache wird verhandelt.) Der Frust von Jahrhunderten eines Deutschlands,<br />
welches zum Spielball seiner Nachbarn geworden war, scheint sich <strong>hier</strong> auszudrücken.<br />
Die Entdeckung, ein Volk zu sein, war noch sehr frisch. Dazu beigetragen hatten u.a.<br />
Herders Ideen und ganz einfach die Botschaft der Französischen Revolution, die dem<br />
Bürgertum ja auch die „soziologische“ Erkenntnis des Dritten Standes und seiner Identität<br />
der Nation gebracht hatte. Aufklärung und Klassik trugen dazu bei, den sittlichen<br />
„inneren Adel“ zu proklamieren, unabhängig vom „Geburtsadel“, im Übrigen eine<br />
Kategorie des Menschen als weltbürgerliches Gattungswesen, unabhängig von nationaler<br />
Spezialität. Weltbürgerlich und national schließen sich um 1800 noch nicht aus.<br />
Es ist zunächst nicht verwunderlich, dass die Bezeichnungen in der eigentümlichen<br />
Lage Deutschlands vornehmlich kulturell und nicht politisch gemeint sind. Hierfür<br />
steht kein Geringerer als Friedrich Schiller. Der Zeitgeist der Romantik, einsetzend<br />
kurz vor 1800, steuert noch eine ganz besondere Würze zu dem Gemisch bei. Nicht die<br />
rationale Erkenntnis, sondern das gefühlte und begeisternde Erleben ist die wahre Orientierung<br />
des Menschen. Er lebt nicht in einer zufälligen zahlenmäßigen Menge, sondern<br />
in einer durch <strong>Geschichte</strong> und Abstam-mung gekennzeichneten Gemeinschaft,<br />
der er sich nun nicht nur kulturell verpflichtet fühlt, sondern auch zur tatkräftigen Hilfe<br />
in bedrohlichen Zeiten. Es erklärt sich der heroische Drang, der Akademiker und Studenten<br />
1813 zu den Waffen des „Freiheitskrieges“ zieht.<br />
In dieser ersten nationalen Aufregung und in der „Erniedrigung“ durch Napoleon sehen<br />
wir nun den Freiherrn vom Stein in voller Wirkung. Ihm, Arndt, Görres, Scharnhorst<br />
und Gneisenau gelingt es nun, die Bereitschaft des zögerlichen preußischen Königs,<br />
des russischen Zaren und von Metternichs Österreich herbeizuführen, die Waffen<br />
gegen Napoleon zu erheben. Stein ist mittlerweile der wichtige Berater des Zaren<br />
Alexander. Es zeigt sich allerdings schon früh, dass seine hochpopuläre Stellung durch<br />
die politischen Gegebenheiten untergraben wird. Der Freiherr vom Stein kommt bei<br />
der Besiegung Napoleons und den Verhandlungen des Wiener Kongresses nicht aus<br />
der Rolle des Beraters in Diensten der auswärtigen Macht Russland heraus. Der ehemals<br />
hohe Beamte und Minister in Preußen kann dort kein Amt mehr erlangen. Sein<br />
Nachfolger Staatskanzler Hardenberg zieht die Fäden, da ist für den energischen Visionär<br />
zukünftiger <strong>deutscher</strong> Verhältnisse kein Platz mehr. Aber gerade die deutschen<br />
Verhältnisse sind das Problem. Sie sind dermaßen, dass die Reformer es aufgrund<br />
machtstaatlicher Gegebenheiten nicht lösen können. Ihre Forderungen nach nationaler<br />
Repräsentativverfassung prallen am von Metternich initiierten System der „Restauration“<br />
und des europäischen Gleichgewichts der fünf Mächte ab. Unter diesen sind eben<br />
nach wie vor Österreich und Preußen und nicht eine politische Großmacht wie<br />
„Deutschland“. Für dieses bleibt nur der oben schon angesprochene lockere Deutsche<br />
Bund als Nachfolgeorganisation des „Reiches“. Der gordische Knoten alter <strong>deutscher</strong><br />
Verstrickungen wird erst ein halbes Jahrhundert später mit den ganz anderen Mitteln<br />
des Realpolitikers Bismarck durchschlagen. Stein bastelt in Denkschriften an den Wiener<br />
Kongress an nationalen Lösungen, ohne eine reale Kraft im Rücken zu haben. Hardenberg<br />
und das „restaurative“ Preußen stehen ihm nicht mehr zur Verfügung. Damit<br />
sind wir unversehens auf die Gegenseite der Medaille gestoßen, der Glanz des „Zeital-<br />
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