07.02.2013 Aufrufe

hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte

hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte

hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Volk gehörig) besiedelten Raum hinaus. Polnische, böhmische, ungarische Könige<br />

konnten Lehnsmänner des deutschen Königs sein. Der große Investiturstreit des 11.<br />

Jahrhunderts zeigt etwas von dem Spannungsfeld des deutschen Königs in seinem<br />

religiösen und feudalen (lehnsrechtlichen) Verständnis. Papst Gregor VII. bestreitet<br />

des Kaisers „christliche“ Kompetenz der Bischofseinsetzung (Strafe des Kirchenbannes),<br />

des Königs Kronvasallen setzen diesem Bedingungen, unter denen sie ihm<br />

die Vasallentreue halten können, sie fordern die Befreiung vom Kirchenbann. Man<br />

spürt <strong>hier</strong> schon die aus dem Lande kommende Kraft des Hochadels, der sich quasi<br />

durch Erpressung des Königs/Kaisers dessen ursprünglich königlichen Rechte<br />

(Regalien) wie Zollrechte, Geleitrechte, Stadtrechte, Heeresbann bei flächenmäßigem<br />

Ausbau dieser Hoheitsrechte aneignet. Schwächere Adelsschaften des niederen Adels<br />

(Ritter) werden der sich bildenden „Landeshoheit“ einverleibt .und des direkten<br />

Bezugs zum König beraubt. Andererseits werden Kronvasallitäten, wenn sie durch<br />

Tod des Trägers erledigt sind, in der Regel durch den König neu ausgegeben. Sie<br />

fallen nicht dem König anheim – wie in Frankreich oder in England. Aus diesen<br />

Tendenzen bilden sich im späteren Mittelalter die „Landesherren“ (domini terrae), die<br />

Fürsten eines festumrissenen Gebietes geworden sind. Sie können auch geistliche<br />

Fürsten sein. Die andere Seite der Medaille ist die, dass die Stellung des Königs sinkt,<br />

so sehr, dass ihm ausländische Mächte gegen aufsässige Fürsten helfen müssen. So<br />

war es bereits 1215 der Fall, als der französische König dem staufischen Erben,<br />

Friedrich II., bei Bouvines gegen seinen Rivalen, den Welfen Otto IV., und seinen<br />

Helfer, den englischen König, erfolgreich helfen konnte. Friedrich II. war es auch, der<br />

den geistlichen und weltlichen Fürsten in Deutschland fern von <strong>hier</strong> als bewunderter<br />

König von Unteritalien (beide Sizilien) Regalien zusprach. Es nimmt nicht wunder,<br />

dass während des staufischen Untergangs in Italien nach 1250 Deutschland im<br />

„Interregnum“ versank. Inzwischen hatten sich statt der Kronvasallen die<br />

„Reichsstände“ etabliert, die Landesherren, die auf Reichstagen einerseits den König<br />

für die Reichsverteidigung in Anspruch nahmen, andererseits aber ein königliches<br />

Übergewicht abwehren wollten. Für dieses Interesse standen besonders die 7<br />

Kurfürsten zur Verfügung: Die drei geistlichen von Mainz, Köln und Trier, die vier<br />

weltlichen von Sachsen, Brandenburg, Pfalz und Böhmen. Mit der Goldenen Bulle<br />

(1356) hatte Karl IV. diesen Zustand der Königswähler festgeschrieben. Als erbliche<br />

Landesherren sahen sie sich besser legitimiert als der König in seinem Wahl-<br />

Königtum. Die Zeit war gekommen, dass die alte Formel „Kaiser und Reich“ neu<br />

verstanden wurde. Sie meinte nicht mehr die Identität von Kaiser und Reich<br />

(lehnsrechtlich), sondern den Gegensatz (territorial bzw. ständisch). Der Weg in die<br />

Moderne war das Territoriale (Spanien, Frankreich, England), Ziel war der moderne<br />

Flächenstaat, national orientiert und absolutistisch bzw. national und parlamentarisch<br />

wie in England.<br />

Es ist für die deutsche Entwicklung nun typisch, dass sich das immer ideeller<br />

werdende universale Kaisertum eine Kompensation für seine machtlose Stellung<br />

verschaffen kann, indem es die Reichsfürsten mit deren eigenen Waffen schlagen will.<br />

Es baut seine eigenen fürstlichen Erblande als politische und wirtschaftliche<br />

Machtbasis aus. Es ist die Stunde der Habsburger, die ihre Lektion gelernt haben, als<br />

ihre Vertreter seit der Mitte des 15.Jahrhunderts bis 1806 den deutschen Kaiser stellen.<br />

Ab Kaiser Maximilian holen sie sich auch nicht mehr den päpstlichen Segen für ihre<br />

33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!