hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
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waren. Sie haben beste Verbindungen zum luxuriösen burgundischen Hof in Gent, an<br />
dem auch der spätere Habsburger Kaiser Karl V. aufwuchs. Es war dort der letzte<br />
Schrei, Schuhe mit Glöckchen zu tragen. Die Sitten waren lockerer geworden, der<br />
Geldbedarf der Herzöge war beträchtlich gestiegen. Man residierte inzwischen in<br />
Düsseldorf (seit 1511), weil eine geschickte Heiratspolitik das Herzogtum Jülich und<br />
Berg eingebracht hatte.<br />
Interessant und kurios zugleich für unsere Lokalgeschichte ist in dieser Zeit der so<br />
genannte "25 jährige Schweinekrieg" von 1561 -1586, in dem unser Stevelinger Bauer<br />
Borrius von Steveling eine besondere Rolle spielte! Er war schon 23 Jahre Holzrichter<br />
der Hülsberger Mark und somit Sprecher der Markgenossen in heikler Mission. Die<br />
Gebrüder Mallinckrodt hatten statt vier Schweine, wie es ihnen wohl zustand, sechs<br />
Schweine in die Hülsberger Mark getrieben, so dass zwei Schweine von den<br />
Geschworenen der Mark beschlagnahmt wurden. Die Mallinckrodter strengten nun<br />
einen Prozess an, der 25 Jahre über fünf Instanzen lief, von Volmarstein über Hagen,<br />
Hochgericht Lüdenscheid, klevisch herzogliche Ratskammer bis zum Reichskammergericht<br />
in Wetzlar! Nur Lüdenscheid gab den Mallinckrodtern Recht. Das<br />
Ende des Prozesses stimmt wieder heiter: Kaiser Maximilian II. ließ die<br />
Mallinckrodter wissen, dass ihr Anwalt in Wetzlar gestorben sei, und forderte sie zum<br />
letzten Termin (26.4.1586) auf. Die Brüder erklärten <strong>hier</strong>auf, sie seien des<br />
Prozessierens müde und wollten in Frieden mit den Hülsberger Markgenossen leben<br />
(Paul Schulte: <strong>Geschichte</strong> der Hülsberger Mark a.a.o. S.34). Borrius von Steveling<br />
hatte aber schon 1561 als Sprecher seinen großen Auftritt in der Sache: "Die<br />
Mallinckrodter besitzen nur 20 Schar (Anteile) an der Hülsberger Mark und sind nur<br />
mit vier Schweinen berechtigt. Auf die Aussagen der Zeugen gebe ich nichts, sind<br />
doch beide Zeugen Mallinckrodts Pächter und -Wes Brot ich esse, des Lied ich singe!<br />
Der Herr von Mallinckrodt beruft sich immer auf alte Urkunden, hält es aber nicht der<br />
Mühe wert, sie dem Gericht zu unterbreiten. Heraus mit denselben, damit wir sehen<br />
können, ob was Wahres an seinen Angaben ist. Ich beantrage Abweisung der Klage!"-<br />
Und die Markgenossen Adolf Grueter zu Werdringen, Johann zu Hülsbergen, Gerhardt<br />
Schonnefelt (Schönfeld), Elbert zu Eynriche (Enerke), Johann von der Burg, Hermann<br />
zu Harkotten, Ebert zu Kesenberg (Käsberg-Westerbauer), Johann zu Wyttynck<br />
(Twitting-Westerbauer) und andere werden ihm Beifall gespendet haben.<br />
Mit dem Beginn dieses Markenstreites befinden wir uns auch in den aufgeregten<br />
Zeiten der Reformation, als speziell in Volmarstein der Wechsel von der katholischen<br />
zur protestantischen Konfession stattfand (1564). Vikar Anton Schluck, neuer Pfarrer<br />
in Volmarstein, hatte das lutherische Bekenntnis von Wengern (schon 1543)<br />
mitgebracht. Man wird sich in Volmarstein also sehr stark mit sich selbst beschäftigt<br />
haben, wobei unser Holzrichter und tatkräftiger Redner Borrius zu Steveling sicher<br />
entsprechend mitgemischt hat.<br />
Namentlich tauchen unsere Höfe ein halbes Jahrhundert später in sehr schweren Zeiten<br />
wieder auf. Der 30 jährige Krieg hat seine Spuren hinterlassen. Westfalen ist als<br />
Durchzugsgebiet schwer getroffen. Eine Werdringer Akte zeigt für 1645 den<br />
schlimmen Zustand der Grundschöttler Höfe. Von Steveling heißt es u.a.: Verfallenes<br />
Haus, etwas repariert, verkommene Felder und Wiesen (13 Malterscheid = ca. 20 ha =<br />
80 Morgen, Maße s.u.), ein lahmes Pferdchen, zwei eigene und zwei geliehene Kühe,<br />
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