hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
hier - Schlüsselwege deutscher Geschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Verschwörungstheorien in Wien ins Kraut schossen, da wolle jemand den Kaiser<br />
verjagen und neuer Herr von Deutschland werden. Wallensteins Karriere beginnt, wie<br />
gesagt, nach der Erledigung des Aufstands des evangelischen böhmischen Adels, auch<br />
der neue evangelische König, Pfalzgraf Friedrich, muss nach Holland bzw. nach<br />
England fliehen, seine Kurwürde – und das war ein spektakulärer Fall – wurde vom<br />
Kaiser an den bayerischen Herzog Maximilian, den Anführer der katholischen Liga<br />
verfügt. Unheilvoll war nun die Einmischung des evangelischen Königs Christian von<br />
Dänemark, der um seine norddeutsche Stellung bangte. Er war in Personalunion auch<br />
Herzog von Schleswig und Holstein, wobei Holstein Reichsgebiet, Christian also auch<br />
Reichsfürst war. Der katholische Druck wurde aufgebaut durch zwei große Heere, die<br />
an Weser, Elbe und Oder sich gen Norden bewegten. Das eine war das Liga-Heer<br />
unter bayerischer Führung des Generals Tilly, das andere das kaiserliche unter dem<br />
weitreichenden Kommando Albrecht von Wallensteins. Dieses Nebeneinander der<br />
Heere lässt schnell erkennen, dass das kaiserliche Heer ein „oesterreichisches“ war<br />
und kein Reichsheer. Wallenstein war also de facto ein oesterreichischer General mit<br />
politischen Befugnissen, etwa in Verhandlungen einzutreten .Genau diese Tatsache<br />
brachte dem Kaiser nach der siegreichen Vertreibung der dänischen Truppen aus<br />
Norddeutschland und Jütland das starke Übergewicht. Wallenstein setzte beim Kaiser<br />
durch, dass er Herzog von Mecklenburg wurde. Wallenstein war also Reichsstand<br />
geworden – bei der offenen Frage, ob der Kaiser überhaupt soweit in reichsständische<br />
Belange eingreifen könne. Den Präzedenzfall hatte es ja in der pfälzischen Frage<br />
gegeben. Wallenstein war wieder der fürsorgliche Organisator seines neuen Landes,<br />
obwohl ihm das nur ein gutes Jahr gegönnt war. Dann kam es zu der typischen<br />
Reaktion katholischer und evangelischer Reichsfürsten beim Regensburger<br />
Kurfürstentag 1630. Die Machtfülle Wallensteins, besonders sein Geschick, Truppen<br />
zu organisieren und mit eigenem Kapital, Konfiszierungen und Kontributionen zu<br />
finanzieren, sorgte für Angst und Misstrauen, so dass es zu seiner spektakulären<br />
Absetzung kam. Wallenstein zog sich zurück und hatte bis 1632 viel Zeit zu<br />
beobachten und nachzudenken. Seine Korrespondenz muss immens gewesen sein und<br />
ging immer großzügig über konfessionelle Grenzen hinweg. Bei aller Härte muss ihm<br />
die Erbärmlichkeit dieses Krieges bewusst gewesen sein. Seine Anstrengungen, mit<br />
vielen Partnern ins Gespräch zu kommen, waren groß. Bekanntlich hat Kaiser<br />
Ferdinand seinen General schon bald wieder zurückgeholt, als der Druck der<br />
Schweden zu groß wurde. Seine Kompetenz war noch umfangreicher, seine<br />
Heereszüge allerdings zögerlicher, was man ihm in Wien auch vorwarf. Erkenntlich ist<br />
die Bevorzugung kursächsischer Kontakte, und da ist es besonders der<br />
kommandierende General von Arnim, den er gut kennt, weil der mal Offizier unter<br />
ihm war. Sachsen und Brandenburg waren zurückhaltende evangelische Verbündete<br />
Schwedens. Wallenstein verachtete beide Fürsten wegen ihrer „Faulheit“. Überhaupt<br />
hatte er ein sehr schlechtes Bild von den traditionellen Reichsfürsten, aber auch vom<br />
kaiserlichen Wien, vor seinen gewaltigen Schimpfkanonaden waren sie nie sicher. Der<br />
für Sachsen Dienst tuende General von Arnim war offenbar interessant für<br />
Wallenstein, weil es den kriegsverlängernden Effekt der ausländischen Einmischungen<br />
in einer frühpatriotischen Gesinnung wohl erkannte. Am Ende hat Wallenstein gerade<br />
auf Arnim zwecks Absprache gewartet – in der Hoffnung, die gar nicht so weit<br />
entfernten Heere zu vereinigen. Am Ende war aber auch ihr gegenseitiges Misstrauen<br />
zu groß. Die Biografen Wallensteins sind sich klar, dass Wallensteins Absichten nur<br />
36