Untitled - lorch + seidel contemporary
Untitled - lorch + seidel contemporary
Untitled - lorch + seidel contemporary
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
31.05.2012<br />
www.welt.de<br />
PRESSESPIEGEL 2012<br />
BERLIN, wechsle dich! DE<br />
Die Welt / Gabriela Walde online<br />
Berlin, wechsle dich!<br />
Die Kunstszene der Hauptstadt gilt nicht gerade als trautes Paradiesgärtlein, wo sich<br />
alle liebhaben. Da gibt‘s Eitelkeiten, Herrschaftsansprüche und Zwistigkeiten. Doch<br />
an diesem Mittwochmorgen im Roten Rathaus hätte die Harmonie nicht größer sein<br />
können. Wie zur Demonstration strahlte dann auch groß die goldgelbe Sonne von<br />
den weißen Pressemappen der „Berlin Art Week“, die am 11. September starten soll<br />
und von Kultur- und Wirtschaftssenat finanziell unterstützt wird.<br />
Damit ist klar: Der Berliner Messezug à la Art Forum ist abgefahren. Obwohl es nach<br />
dem Aus der Kunstmesse im vergangenen Jahr Absatzeinbußen von bis zu 40 Prozent<br />
gab, verständigten sich alle Akteure darauf, dass eine neue Großmesse derzeit nicht<br />
sinnvoll ist. Nach dem Erfolg der Kölner Messe, den Global Playern Art Basel und<br />
Frieze in London würde die Hauptstadt ohnehin den Kürzeren ziehen. Berlins Attraktivität<br />
hin oder her, die Kaufkraft in der Stadt lässt zu wünschen übrig, auch wenn es<br />
immer mehr große Sammler, teilweise mit eigenen Räumen, dorthin zieht.<br />
Im September werden sich Berliner Galeristen, Museumsdirektoren und Kunstvereinsleiter<br />
nun gemeinsam in dieses Boot namens Berlin Art Week setzen. Mit dabei sind<br />
die privat organisierte, kuratierte Verkaufsausstellung ABC (Art Berlin Contemporary)<br />
und das Messeformat Preview, aber auch die Nationalgalerie, der Verein der Freunde<br />
der Nationalgalerie, die Kunstwerke in der Auguststraße, die Berlinische Galerie,<br />
der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) und die Neue Gesellschaft für Bildende<br />
Kunst (NGBK). Allesamt Institutionen, die sich die Gegenwartskunst auf die Fahnen<br />
geschrieben haben. Um den allerorten umschwärmten Produktionsstandort Berlin<br />
zu stärken, arbeiten Berlinische Galerie, Nationalgalerie und Kunstwerke bereits an<br />
einem Konzept für eine Ausstellung, die alle zwei Jahre Schaufenster werden soll für<br />
junge Kunst „made in Berlin“.<br />
Offen, dezentral und „frei von Hierarchien des Denkens“ soll dieses Herbstevent viele<br />
Akteure einbinden. Immerhin 250.000 Euro fließen aus dem Wirtschaftssenat für ein<br />
einheitliches Marketing. Dort hat man längst erkannt, wie wichtig der Kunstmarkt<br />
tatsächlich für den Wirtschaftsstandort ist. Mittlerweile hat sich die Kunst als eine<br />
der Kernbranchen etabliert. Immerhin betreuen rund 400 Galerien die 6000 Künstler<br />
in der Stadt. Keine europäische Stadt kann wohl mit mehr aufwarten. Nun müssen<br />
die Berliner Akteure nur noch beweisen, dass sie wirklich solidarisch an einem<br />
Strang ziehen. Freilich, Berlin Art Week ist ein hübsch glänzendes Label. Vergessen<br />
wir aber nicht, dass es bis Mitte 2000 bereits einen Kunstherbst gab. Die Berlin Art<br />
Week muss sehen, dass sie keinen Etikettenschwindel betreibt, indem sie zum losen<br />
Verbund vieler Interessen wird. Profil ist gefragt. Berlin hat sich schon oft wieder neu<br />
erfunden. Die Chancen stehen also gut.