Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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hI n t e r g r ü n D e<br />
24<br />
Mig: Das ist wunderschön gesagt. Ich kannte<br />
diese Stelle im Korintherbrief nicht, weil<br />
ich auch nicht so bibelfest bin. Aber das ist<br />
genau das, das mich motiviert, zu denken,<br />
dass wir angesichts des Todes besser<br />
sehen können.<br />
Süh: Wenn ich das richtig verstehe, geht es in<br />
Ihren Bildern bei der Thematik von Himmel<br />
und Erde also auch um die Thematik Transzendenz<br />
und Immanenz.<br />
Mig: Dazu möchte ich vorher noch sagen,<br />
wie solche Bilder entstehen können. Die<br />
Gründe dafür liegen in einem selbst: Wie<br />
ich Leben erlebe, wie ich Leben begreife,<br />
wie ich Leben verstehe. Ja, wie ich das<br />
Geheimnis Leben verstehen kann. In<br />
diesem Sinne versuche ich in der Tat im<br />
Gesehenen, was mir täglich vor Augen<br />
ist, das Transzendente darzustellen. Und<br />
dann wird es wohl so sein, dass ich Himmel<br />
letztendlich auch getrennt, etwa durch den<br />
Horizont sehen kann. Obwohl, wie gesagt,<br />
das Eine nicht ohne das Andere besteht,<br />
jedenfalls für uns Menschen. Wer sehr aufmerksam<br />
versucht zu leben, der wird allerdings<br />
auch merken, dass dieses Leben ein<br />
Geheimnis bleibt, das wir nie ganz lösen<br />
werden. Umso mehr werde ich rohhäutig,<br />
so dass ich mich unheimlich freuen kann<br />
über jeden Tag, weil ich immer mehr das<br />
Göttliche darin sehen kann.<br />
Stü: Das Göttliche im Täglichen sehen – das<br />
ist das, was mich motiviert hat, Sie um Ihre<br />
Bilder und dieses Gespräch zu bitten. Die<br />
Verbindung zwischen Landschaft und Himmel<br />
wird von Ihnen in den Bildern deutlich<br />
hervorgehoben. Sie verwenden da formal<br />
optische Mittel: Ich sehe Spiegelungen, das<br />
Licht, das vom Himmel auf die Erde fällt, die<br />
Linse durch die dieses Licht fällt, ebenso<br />
wie durch die Öffnungen, die in den Wolkenhimmel<br />
gerissen werden. Mir scheint<br />
das die Form zu sein, die Verbindung darzustellen,<br />
wie Sie sie empfinden.<br />
Mig: Ja, und es bleibt doch die Schwierigkeit das<br />
für uns Menschen Unfassbare irgendwie<br />
zu transportieren, an irgendetwas festzumachen.<br />
Wenn ich die Natur abbilde, sehe<br />
ich die Natur. Aber in der Natur ist ja noch<br />
mehr zu sehen, als was ich ablichten kann.<br />
Gott hat uns Rezeptoren gegeben, mit denen<br />
ich noch mehr sehen kann, eben auch<br />
das, was ich dabei fühle und empfinde. Es<br />
ist so großartig, was mir da vor Augen ist,<br />
dass ich es voll und ganz gar nicht erfassen<br />
kann. Es bleibt ein Geheimnis.<br />
Wenn es mir gelingt einen kleinen Zipfel<br />
davon zu erfassen und es in meine Bilder<br />
einfließen zu lassen – was wahrlich nicht<br />
einfach ist und mir nicht immer gelingt –<br />
dann bin ich glücklich.<br />
Stü: Ich nehme einmal Ihre Bilder zu Hilfe, um<br />
es in meinen Worten auszudrücken: Das<br />
Licht, das vom Himmel fällt, in dem zu sehen,<br />
was mir vor Augen ist, und zu spüren,<br />
darin bin ich aufgehoben und geborgen –<br />
das macht Sie glücklich.<br />
Mig: So ist es, genau. Das macht mich absolut<br />
glücklich.<br />
Stü: Ich könnte mir vorstellen, dass das auch<br />
eine Antriebsfeder ist, zu arbeiten. Dem<br />
auf die Spur zu kommen, was der Himmel,<br />
was Gott uns schenkt in dem, was uns vor<br />
Augen ist, und dem dann auch in Ihren<br />
Bildern Ausdruck zu geben.<br />
Mig: In der Tat, das motiviert mich. So kann ich<br />
jeden Tag positiv beginnen, mich hinsetzen<br />
und arbeiten. Das Geheimnis besteht ja<br />
darin, das wir nicht wissen, woher wir kommen<br />
und wohin wir gehen, nicht einmal,<br />
warum wir überhaupt hier sind. Im Laufe<br />
eines langen Lebens kann ich vielleicht<br />
den Weg voller Geheimnisse gehen und<br />
am Ende dankbar sein, für all das, was ich<br />
entdeckt habe. Und dann sagen: Ich habe<br />
eine schöne Reise gemacht.<br />
Stü: Mir ist aber noch etwas anderes in Ihren<br />
Bildern aufgefallen. Hin und wieder finden<br />
sich eine Brille und ein Buch – mir kam<br />
dabei der Gedanke, dass der Mensch so<br />
etwas wie eine „Sehhilfe“ braucht, ein Buch<br />
zur Interpretation, um die Tiefe dessen,<br />
was vor Augen ist, zu erkennen – z.B. die<br />
Transzendenz, das Göttliche.<br />
Mig: Eigentlich ja. Ich muss immer schärfer<br />
und besser gucken, um das zu sehen, was<br />
uns begegnet und nicht darüber hinweg<br />
und vorbei zu gucken. Ich denke mir, die<br />
Aufmerksamkeit ist etwas ganz Wichtiges,<br />
mit allen Poren zu sehen und zu hören.<br />
Sensibler zu werden für die Dinge, um<br />
mehr Erkenntnis zu gewinnen über das<br />
Geheimnis Leben.<br />
Stü: Wenn die Brille da liegt – ich habe da auch<br />
die Assoziation, dass diese Sensibilität, diese<br />
Sichtweise auch mitunter fehlt in dieser<br />
Welt und dieser Gesellschaft.<br />
Mig: Ja, sehr, sehr. Wenn Menschen so in die<br />
Welt hinein leben, als ob sie ewig lebten.<br />
Ihre Zeit verschwenden mit Nichtigkeiten,<br />
dann macht mich das schon zornig. Wenn<br />
Gott uns hilflos in eine Wiege legt und<br />
uns dieses Maß an Zeit für unser Leben<br />
schenkt, dann sollte jeder diese Zeit nutzen,<br />
um etwas von dem Geheimnis des<br />
Lebens zu begreifen. Das Buch steht im<br />
Übrigen für den Bibelvers „Am Anfang<br />
war das Wort“. Vor allem, was wir sehen<br />
können, steht das Wort Gottes. Es hilft<br />
uns ja auch, das Geheimnis des Lebens<br />
zu verstehen.