Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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<strong>Der</strong> Glaube ist immer schon<br />
im Gespräch<br />
Die Montagsrunde des Seniorenbesuchsdienstes.<br />
Eine neue Teilnehmerin stellt sich<br />
vor und schließt mit den Worten: “Aber über<br />
den Glauben reden, das kann ich nicht.” Einige<br />
versuchen sie zu beruhigen. “Vom Glauben ist<br />
bei unseren Besuchen selten die Rede.” “Von<br />
Gott sprechen wir fast nie.”<br />
Da kam das Seminar-Angebot gerade recht:<br />
“<strong>Der</strong> Glaube ist immer schon im Gespräch”.<br />
Das ist es doch! Das kann uns der Klarheit<br />
näher bringen.<br />
Ich hatte mich schon vor dem Seminar mit dem<br />
Thema auf meine Weise beschäftigt, denn ich<br />
wollte die Andacht zu Beginn halten. Für mich<br />
war klar, dass schon bei der Vorstellung “Ich<br />
komme von der Kirchengemeinde” ein Stück<br />
meines Glaubens mit einfließt. Schließlich<br />
komme ich im Auftrag der Kirche, und Kirche<br />
steht nun mal für die beiden Begriffe Gott und<br />
Glaube. Soweit meine vorweggenommenen<br />
Gedanken in der Andacht.<br />
Im Seminar erarbeiteten wir uns Schritt für<br />
Schritt Gewissheit darüber, was eigentlich bei<br />
unseren Besuchen zwischen den Gesprächspartnern<br />
vorgeht. Die biblische Geschichte<br />
“<strong>Der</strong> Blinde von Jericho” (Lk 1, 35-45) erzählt<br />
von dem Vertrauen, das der eine dem anderen<br />
im Vorübergehen entgegenbringt. Beim Besuch<br />
entsteht dieses Vertrauen schon an der<br />
Wohnungstür, wenn wir hereingebeten werden,<br />
die äußere Distanz sich verändert und Nähe<br />
entsteht. Dieses Vertrauen gilt es im Gespräch<br />
auszudehnen und zu bewahren. Nur so kann<br />
sich eine Basis für einen fruchtbaren Gedankenaustausch,<br />
für Trost oder Ermutigung ergeben.<br />
Spüren, wie der andere ist, wie seine Gefühlslage<br />
ist, was er braucht und das in Einklang mit<br />
meinen eigenen Gefühlen zu bringen, das ist die<br />
Grundlage für ein gelingendes Miteinander.<br />
Selbst in tiefsinnigen Gesprächen, wenn Besucher<br />
und Besuchte sich menschlich ganz nahe<br />
sind, scheuen wir uns, Gott oder Glauben zu<br />
nennen. Wir wählen andere Formen, die auf das<br />
Ungesagte deuten, indem wir z. B. rückblickend<br />
auf unser Leben Ereignisse mit Dankbarkeit<br />
oder Begeisterung schildern und auf diese Weise<br />
Gott Lob und Dank sagen. Sensibel werden<br />
für diese Situationen war für mich ein wichtiger<br />
Aspekt in einer Fallbesprechung.<br />
Nicht allzu häufig kommt jedoch auch das<br />
zur Sprache, was mit meinem ganz persönlichen<br />
Glauben zu tun hat. Nachdem mir klar<br />
geworden ist, woraus diese Scheu, von Gott<br />
wortwörtlich zu reden, entstanden ist, fühle ich<br />
mich freier. Die Rede von Gott berührt nach wie<br />
vor mein Innerstes, aber ich kann jetzt besser<br />
damit umgehen, weil ich weiß, es kommt auf<br />
mein Gegenüber und auf das “Klima” an, in<br />
dem wir gedanklich zueinander finden. Wenn<br />
die gemeinsame Ebene stimmt, fließen Gott<br />
und Glaube mühelos ins Gespräch. Und nicht<br />
selten kommt es in dieser Situation auch zu<br />
einer körperlichen Geste, die das gegenseitige<br />
Verständnis noch unterstreicht: Ein leichtes<br />
Streicheln oder ein herzlicher Händedruck.<br />
Meine Visitenkarte beim Besuch ist ein schmales<br />
Heft mit bunten Bildern und besinnlichen<br />
Texten in Großdruck. Immer ist auch ein Gebet<br />
dabei. Wenn ich spüre, wir sind dazu bereit,<br />
lese ich es vor.<br />
Unsere Besuche sind ein Brückenschlag von<br />
Mensch zu Mensch, geprägt von dem, was uns<br />
verbindet: Unser Glaube an Gott.<br />
Ute Münch<br />
„sp u r e n, D I e w I r b e I u n s e r e n be s u c h e n<br />
h I n t e r l a s s e n“<br />
Ute Münch<br />
pr a x I s<br />
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