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HSS_05<br />
DIE EUROPÄISCHE WIGALOIS-TRADITION<br />
TOPOGRAPHIEN VON HIMMEL, HÖLLE UND<br />
FEGEFEUER VOM MITTELALTER BIS ZUR<br />
FRÜHEN NEUZEIT<br />
Bianca Häberlein<br />
Fakultät für Philologie, Germanistisches Institut; Ruhr-Universität Bochum, 44780<br />
Bochum, Germany<br />
e-mail: bianca.haeberlein@rub.de<br />
In Deutschland ist der durch religiöse Aufladung – nicht nur im Mittelalter, sondern noch<br />
heute – an Popularität gewinnende Wigalois Wirnts von Grafenberg bis in die frühe Neuzeit<br />
rezipiert und bearbeitet worden. So existieren mehrere Drucke der Prosabearbeitung Wigoleis<br />
vom Rade (15./16. Jh.). Eine weitere Bearbeitung findet sich im Buch der Abenteuer des<br />
Ulrich Füetrer (15. Jh.). Im Januar 2006 entdeckte Christoph Fasbender das auf 1455 datierte<br />
Erfurter Fragment Wigelis, das von den Abenteuern des Wigalois erzählt. Zudem existiert ein<br />
jiddischer Versroman Widuwilt (16. Jh.), der wiederum in einem frühneuzeitlichen<br />
Prosaroman von Johann Ferdinand Roth eine Bearbeitung gefunden hat: Vom Koenige Artus<br />
und vom bildschoenen Ritter Wieduwilt. Ein Ammenmaehrchen. Noch um 1910 erschien ein<br />
Jugendbuch Die Abenteuer des Ritters mit dem Rade Guy von Waleis, 1994 zudem eine<br />
moderne Nacherzählung von Gernot Wildt: Wigalois, der Ritter mit dem Rade. Auch geht der<br />
deutschen Tradition eine französische Fassung des Erzählstoffes, der Bel Inconnu des Renaut<br />
de Beaujeu, voraus, der wiederum in einer späten englischen Fassung bearbeitet wird, im<br />
Libeaus Desconus. Für mein Dissertationsprojekt wird die gesamte Tradition des<br />
Erzählstoffes thematisch mit Blick auf Topographien des Himmels, der Hölle und des<br />
Fegefeuers untersucht. Dabei werden räumliche Darstellungen vor dem Hintergrund des<br />
„spatial turn“ aus kulturwissenschaftlicher und literaturwissenschaftlicher Perspektive als<br />
Bedeutungsträger verstanden, die sich diachron vom europäischen Mittelalter bis zur Frühen<br />
Neuzeit durch den jeweils unterschiedlichen kulturellen Kontext transformieren. Die<br />
räumlichen Imaginationen von Himmel, Hölle und Fegefeuer in den einzelnen Texten zeigen,<br />
dass sich diese im Laufe der Zeit durch kulturelle, literarische und nicht zuletzt religiöse<br />
Implikationen verändern.