gab November 2023
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4 frankfurt<br />
WORKSHOP: LEDERPFLEGE<br />
„Blackbooting“, das gründliche<br />
Putzen und Polieren<br />
von Lederstiefeln, gehört<br />
zum SM-Spiel mit Dominanz<br />
und Unterwerfung. Kalle war<br />
Sieger der Bootblack Europe<br />
Competition, die 2019 in Antwerpen<br />
stattfand. Zusammen<br />
mit Tobias und Laura werden<br />
beim Workshop zunächst<br />
die Grundlagen wie Materialkenntnis<br />
und Lederpflege<br />
erklärt, bevor im praktischen<br />
Teil die eigenen Lederschuhe<br />
oder -stiefel auf Hochglanz<br />
gebracht werden. Putzzeug<br />
ist selbst mitzubringen. Der<br />
Kurs richtet sich an alle Gender,<br />
auch an die, die einfach<br />
mal richtig Schuheputzen<br />
lernen möchten. Anmeldung<br />
bis 5. <strong>November</strong> an workshop@flc-frankfurt.de.<br />
19.11., Switchboard,<br />
Alte Gasse 36, Frankfurt,<br />
15 – 17:30 Uhr, www.flcfrankfurt.de/workshops/<br />
FOTO: MARCELO CHAGAS,<br />
PEXELS.COM<br />
Community<br />
MAINCITY DATING<br />
Es gibt ja so grausame<br />
Herbst-Sprichworte wie „Wer<br />
jetzt allein ist, wird es lange<br />
bleiben“. Wir finden: Wer jetzt<br />
den Kopf nicht in den Sand<br />
steckt, kommt zum MainCity<br />
Dating ins Switchboard. Moderator<br />
Matthias führt ein gut<br />
einstündiges Dating-Spiel,<br />
für das sich keine schwulen<br />
Traumprinzen treffen, dafür<br />
aber reale, schwule Singles,<br />
die vielleicht auf der Suche<br />
nach einer Partnerschaft sind,<br />
oder einfach auch nur andere<br />
nette Schwule kennenlernen<br />
möchten. Man muss sich<br />
nicht anmelden, nur pünktlich<br />
vor Ort sein. Ein Klassiker im<br />
Switchboard! *bjö<br />
25.11., Switchboard, Ale<br />
Gasse 36, Frankfurt, 17 Uhr<br />
(Einlass bis 17:15 Uhr), www.<br />
facebook.com/switchboard.<br />
frankfurt<br />
KOLUMNE<br />
ZWISCHEN<br />
In dieser Aus<strong>gab</strong>e von „Zwischen den<br />
Zeilen“ graut es Jessica Purkhardt vor<br />
den Debatten um das Selbstbestimmungsgesetz<br />
für Transgender, der<br />
Entsolidarisierung von Lesben und<br />
Schwulen und dem bitteren Nachgeschmack,<br />
der bleibt.<br />
„Wir wollen trans*aktivistische Aktionen am<br />
Rande der Legalität machen“, erklärte eine*r<br />
der Aktivist*innen im Stuhlkreis eines Workshops<br />
zu den Belangen von transidenten<br />
Menschen, an dem ich vor einigen Jahren<br />
teilnahm. In diesem Moment keimte erstmals<br />
der Samen des Misstrauens in mir auf,<br />
dass der Themenkomplex Transidentität und<br />
geschlechtliche Vielfalt von Leuten gekapert<br />
werden könnte, die sich nicht in erster Linie für<br />
ein Ende der rechtlichen und sozialmedizinischen<br />
Erniedrigung von transidenten Menschen<br />
interessieren, sondern für Identitätspolitik und<br />
Kampf gegen das „Cis-tem“ („Cis-System“).<br />
den zeilen<br />
BITTERE SELBSTBESTIMMUNG<br />
GÜNSTIGE VORZEICHEN<br />
In der gleichen Zeit <strong>gab</strong> es in zwei Bundesministerien<br />
ernsthafte Bemühungen, das Transsexuellengesetz<br />
aus den frühen 80er-Jahren<br />
zu reformieren. Höchste Zeit, denn das<br />
Bundesverfassungsgericht hatte das Gesetz<br />
schon längst in großen Teilen aufgehoben,<br />
darunter menschenrechtswidrige Regelungen<br />
wie den Zwang zur Unfruchtbarmachung<br />
von Menschen, die ihren Vornamen- und Geschlechtseintrag<br />
ändern wollen. Nun plante<br />
man, die letzte große Ungerechtigkeit aus<br />
dem Gesetz zu werfen: die<br />
Pflicht, dass Transgender<br />
für weit mehr als 1.000 Euro<br />
auf eigene Kosten Gutachter*innen<br />
beauftragen<br />
mussten, um vor Gericht<br />
eine Änderung ihres Vornamens-<br />
und Geschlechtseintrages<br />
zu erwirken. Das Verfahren sollte nach<br />
dem Vorbild vieler Staaten in Europa und<br />
Südamerika vereinfacht werden. Außerhalb<br />
interessierter Kreise war von dem Vorhaben<br />
wenig bekannt und es bestand die Chance,<br />
dass das Kabinett Merkel IV auch hier ein<br />
queerpolitisches Thema abräumt, nachdem<br />
das Kabinett Merkel III schon die „Ehe für alle“<br />
in trockene Tücher gebracht hatte.<br />
Doch die Trans*Verbände wollten eine größtmögliche<br />
Liberalisierung bei der Bestimmung<br />
des eigenen Geschlechts und der Kabinettsentwurf<br />
verschwand in der Versenkung. In<br />
der folgenden Regierung, der jetzigen, gibt es<br />
eine große queerpolitische Agenda, die an die<br />
große Glocke gehängt viele Hoffnungen geweckt<br />
hat. Zur Halbzeit ist kaum etwas davon<br />
umgesetzt. Das Herausragendste ist ein<br />
lange verzögerter Kabinettsbeschluss zum<br />
„Selbstbestimmungsgesetz“, mit dem das<br />
Transsexuellengesetz abgelöst werden soll.<br />
Kritische Stellungnahmen von Verfechter*innen<br />
der trans* Anliegen blieben jedoch nicht<br />
nur unberücksichtigt, sondern auch durch die<br />
Regierung unveröffentlicht.<br />
VERGIFTETE DEBATTE<br />
Schon im Vorfeld war der öffentliche Schla<strong>gab</strong>tausch<br />
zwischen Evangelikalen, Rechten<br />
und radikalfeministischen Gegner*innen<br />
und den Trans*Verbänden und -aktivist*innen<br />
widerwärtig. Einige hatten bei ihren<br />
trans*aktivistischen Aktionen die Grenze der<br />
Legalität längst überschritten, was zu einer<br />
spürbaren Entsolidarisierung von Lesben und<br />
Schwulen aus der Community führte. Mir<br />
graut vor den Debatten im Bundestag, und<br />
die Sorge ist nicht unberechtigt, dass die<br />
dringend benötigte Reform verzockt und auf<br />
viele Jahre zu den Akten gelegt wird. Doch<br />
selbst einem jetzt so beschlossenen Selbstbestimmungsgesetz<br />
bliebe lange ein bitterer<br />
Beigeschmack erhalten.<br />
FOTO: GERD ALTMANN, PIXABAY.COM