gab November 2023
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58 kultur<br />
FOTOS: SALZGEBER<br />
COMING-OUT<br />
queerfilmnacht: Punch<br />
Ein Küstenort in Neuseeland:<br />
Das junge, aufstrebende Boxtalent<br />
Jim steht kurz vor einem<br />
Kampf, dessen Ausgang über<br />
seine Zukunft als Profiboxer entscheiden<br />
wird – damit scheinen die Weichen für sein<br />
Leben gestellt.<br />
Trainiert wird Jim von seinem Vater Stan, der<br />
all seine Hoffnungen und Wünsche auf Jim<br />
projiziert. Für sich selbst hat Vater Stan mit<br />
einem Alkoholproblem zu kämpfen. Wofür<br />
Jim kämpft, weiß der 17-jährige gar nicht<br />
so genau. Als er den gleichaltrigen, offen<br />
schwulen Māori Whetu, der in einer Hütte<br />
am Strand wohnt, kennenlernt, bekommt<br />
Jim eine Ahnung davon, was das Leben<br />
außer Boxen noch für ihn bereithält, denn<br />
Whetu zeigt Jim, was Freiheit und ein gutes<br />
Leben bedeuten. Vor allem muss Jim sich<br />
endlich mit seiner Sexualität auseinandersetzen.<br />
Seine Horizonterweiterung führt<br />
zu Spannungen mit seinem Vater, seinem<br />
Freundeskreis und seiner Freundin. Homophobie<br />
ist auch in der heutigen Neuseeländischen<br />
Gesellschaft noch immer gegenwärtig.<br />
„Punch“ ist das Spielfilmdebüt des preisgekrönten<br />
Designers, Filmemachers und<br />
Dramatikers Welby Ings. In seinem Film hat<br />
Ings Autobiografisches verarbeitet: Sein<br />
1997 verstorbener Partner stammte aus<br />
einer bekannten Boxerfamilie. 14 Jahre hat<br />
Ings für die Erstellung des Drehbuchs gebraucht.<br />
Für die Rolle des Vaters konnte er<br />
den bekannten britischen Schauspieler Tim<br />
Roth gewinnen, die beiden neuseeländischen<br />
Nachwuchstalente Jordan Oosterhof und<br />
Conan Hayes spielen Jim und Whetu. Ein<br />
warmherziger Coming-out- und Comingof-Age-Film,<br />
der mit den Gegensätzen von<br />
ruppiger Boxwelt und sensibler Gefühlswelt<br />
spielt. *bjö<br />
13.11., Karlstorkino Heidelberg, 22.11.,<br />
Mal seh’n Kino Frankfurt, 29.11. Delphi<br />
Arthaus Stuttgart, 24. + 25.11. Kommunales<br />
Kino Weiterstadt, mehr Termine über<br />
www.queerfilmnacht.de<br />
FOTO: SALZGEBER<br />
vhs.frankfurt.de<br />
Unser<br />
Schwerpunkt<br />
im Herbst und<br />
Winter:<br />
KI<br />
MANNHEIM<br />
Wild Nights<br />
With Emily<br />
Emily Dickinson gehört zu den bedeutendsten<br />
amerikanischen Dichterinnen. Ihre lyrischen Werke, die<br />
Mitte bis Ende des 19. Jahrhinderts erschienen, werden heute als<br />
stilistische Vorwegnahme der Lyrik des 20. Jahrhunderts gesehen.<br />
Die meisten ihrer Texte wurden posthum veröffentlicht: zu Lebzeiten<br />
hatten Verleger*innen davon abgeraten, da sie Emilys Stil<br />
als zu sperrig empfanden. Dass die Texte trotzdem erschienen, ist<br />
der Initiative von Emilys Schwester Lavinia zu verdanken. Sie sollte<br />
eigentlich Emilys Willen folgend den Nachlass verbrennen. Lavinia<br />
erkannte jedoch das Potenzial der Texte und engagierte sich<br />
für deren Veröffentlichung. Und das ist nicht das einzig Mysteriöse<br />
in Emily Dickinsons Biografie: Die Dichterin führte ein extrem<br />
zurückgezogenes Leben, verließ kaum das Haus und traf sich nur<br />
selten mit anderen Menschen. Erst heutige Untersuchungen der<br />
originalen Manuskripte und vor allem ihrer Briefe beweisen, dass<br />
die veröffentlichten Lyrikbände von den Verleger*innen zum Teil<br />
stark manipuliert wurden – zum Beispiel feurige Liebesbriefe an<br />
Emilys heimliche Liebe Susan Gilbert, die man einfach an einen<br />
fiktiven Mann umadressierte. Basierend auf Emily Dickinsons<br />
rekonstruierten Briefen hat die Regisseurin Madeleine Olneks eine<br />
lustvolle Filmkomödie gedreht, die der wahren Emily Dickinson<br />
näher kommen möchte und die Lyrikerin nicht als menschenscheue<br />
Neurotikerin zeigt, sondern als quicklebendige Dichterin,<br />
die ihrer Zeit und vor allem der männlich dominierten Literaturwelt<br />
um Längen voraus war. *bjö<br />
7.11., Cinema Quadrat, K1 2, Mannheim, 19:30 Uhr,<br />
www.cinema-quadrat.de