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2005-03

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DE BINNENVAARTKRANT PAGINA 37<br />

1 FEBRUARI <strong>2005</strong><br />

ROT-GRÜN LEHNT KERNFORDERUNG DES FORUM BINNENSCHIFFFAHRT AB<br />

‘Eine schnöde Vernachlässigung<br />

der Binnenschifffahrt’<br />

Das Forum Binnenschifffahrt<br />

und Logistik hat seinen<br />

Abschlussbericht vorgelegt.<br />

Doch eine der wichtigsten<br />

Kernforderungen, jene nach<br />

einem Wasserstraßenausbaugesetz,<br />

ist von Rot-Grün<br />

bereits wieder abgelehnt worden.<br />

Die Binnenschifffahrt<br />

wird schnöde vernachlässigt,<br />

meint die Opposition dazu.<br />

Auf dem traditionellem Ball<br />

des Rosslauer Schiffervereins<br />

1847 wurde am 15. Januar<br />

<strong>2005</strong> der Goldene Anker an<br />

Baudirektor Ulrich Finke verliehen.<br />

Finke leitet das Wasser-<br />

und Schifffahrtsamt in<br />

Dresden. In einer Festansprache<br />

gratulierte der Roßlauer<br />

Bürgermeister Klemens<br />

Koschig mit der Auszeichnung.<br />

Er wies auch auf den<br />

notwendigen Ausbau der Elbe<br />

hin.<br />

Im Forum Binnenschifffahrt und<br />

Logistik haben acht Verbände<br />

aus Binnenschifffahrt, Wirtschaft<br />

und Umwelt die vergangenen<br />

Monate diskutiert über die<br />

Zukunft der Binnenschifffahrt in<br />

Deutschland. Das Forum war am<br />

6. Mai 2004 auf Initiative von<br />

Bundesverkehrsminister Stolpe<br />

gegründet worden. Am 18. Januar<br />

übergaben die Forumsvorsitzenden<br />

Heiner Brixner und Erich<br />

Staake den Abschlussbericht an<br />

die Parlamentarischen Staatssekretärinnen<br />

beim Bundesverkehrsministerium<br />

Iris Gleicke<br />

und Angelika Mertens.<br />

Von Sarah ah De Preter<br />

Die Forumsvorsitzenden gaben<br />

dabei an dass der Güterverkehr<br />

auf den Wasserstraßen nur nachhaltig<br />

gestärkt werden kann,<br />

wenn eine richtige Strategie entwickelt<br />

wird. Diese soll sich an<br />

den Anforderungen aller an der<br />

Transportlogistik Beteiligten ausrichten.<br />

‘Ein derart integrativer<br />

Ansatz ist ein wichtiger Baustein<br />

zur Stärkung des Logistikstandortes<br />

Deutschland,’ meinten<br />

dazu Brixner und Staake. ‘Er<br />

schafft außerdem neue Chancen<br />

für Wertschöpfung und Beschäftigung.’<br />

Das Handlungskonzept zeigt auf<br />

dass ein Maßnahmenbündel<br />

erforderlich ist um die Binnenschifffahrt<br />

zu stärken. Grundlage<br />

des Konzeptes bildet das Planco-<br />

Der Goldene Anker geht traditionell<br />

an Persönlichkeiten die sich<br />

um die Binnenschifffahrt im allgemeinen<br />

und die Schifffahrt auf<br />

Elbe und Saale im besonderen<br />

verdient gemacht haben. Von<br />

1997 bis 20<strong>03</strong> wurde die Auszeichnung<br />

von der Schifferbrüderschaft<br />

Tangermünde vergeben.<br />

Ab 2004 wird er vom Dachverband<br />

Vereinigte<br />

Schiffervereine Sachsen-Anhalt<br />

verliehen.<br />

Der diesjährige Preisträger Ulrich<br />

Finke setzt sich bereits seit vierzig<br />

Jahren für die Binnenschifffahrt<br />

auf der Elbe ein. Der 1940<br />

in Meißen an der Elbe geborene<br />

Baudirektor studierte an der Verkehrshochschule<br />

in Dresden.<br />

Das Thema seiner Diplomarbeit<br />

lautete “Untersuchung der<br />

Schifffahrtsverhältnisse auf der<br />

Elbe”.<br />

Seine berufliche Tätigkeit<br />

begann Finke als Mitarbeiter im<br />

Wasserstraßenamt Dresden. Als<br />

die Wasserstraßenverwaltung in<br />

der ehemaligen DDR 1980 umorganisiert<br />

wurde, bekam er die<br />

Stelle des Oberinspektors im<br />

Wasserstraßenamt. 1993 wurde<br />

Finke Leiter des WSA in Dresden.<br />

Dem folgte 1996 die Ernennung<br />

zum Baudirektor.<br />

Höhepunkt<br />

Mehr Güter auf der Mosel<br />

(Bild Sarah De Preter)<br />

Nach dem deutlichen Rückgang<br />

in 20<strong>03</strong> ist der Güterverkehr auf<br />

der Mosel wieder im Aufwind.<br />

In den ersten neun Monaten des<br />

Jahres 2004 sind an der Eingangsschleuse<br />

Koblenz 11,2 Millionen<br />

Gütertonnen und an der<br />

Grenzschleuse Apach 7,3 Millionen<br />

Gütertonnen registriert worden.<br />

Gegenüber dem vergleichbaren<br />

Vorjahreszeitraum entspricht<br />

dies einer Zuwachsrate<br />

von rund zehn respektive zwölf<br />

Prozent.<br />

Die Trierer Schleuse wurde 2004<br />

von 13.227 Frachtschiffen passiert,<br />

die insgesamt 13,8 Millionen<br />

Tonnen Güter transportierten.<br />

Das sind 559 Schiffe oder<br />

1,8 Millionen Tonnen mehr als<br />

im Jahr 20<strong>03</strong>.<br />

Der Grund für diesen Anstieg ist<br />

dass der Schiffsverkehr auf der<br />

Mosel nicht durch Hochwasser<br />

beeinträchtigt wurde und der<br />

Rhein kaum Niedrigwasser führte.<br />

Hauptumschlagplätze der<br />

registrierten Stahl-, Schrott- und<br />

Getreidetransporte waren Thionville<br />

und Neuf Maison in Frankreich,<br />

Mertert in Luxemburg und<br />

die Dillinger Hütte im Saarland.<br />

Große Sorgen bereitet allerdings<br />

die Entwicklung beim Containerverkehr<br />

auf der Mosel. Entgegen<br />

dem positiven Trend auf<br />

anderen Wasserstraßen sind die<br />

Gutachten Potenziale und<br />

Zukunft der Deutschen Binnenschifffahrt.<br />

‘Die Politik ist aufgefordert jetzt<br />

zu handeln will sie nicht auf die<br />

positiven Wertschöpfungs- und<br />

Beschäftigungswirkungen des<br />

Wasserstraßentransportes langfristig<br />

verzichten,’ betonten Brixner<br />

und Staake bei der Übergabe<br />

des Papiers. Im Rahmen eines<br />

Parlamentarischen Abends soll<br />

der Bericht am 17. Februar einer<br />

größeren Gruppe von Verkehrspolitikern<br />

präsentiert und die<br />

vorgeschlagene Strategie mit<br />

ihnen diskutiert werden.<br />

Ulrich Finke erhält Goldenen Anker<br />

In Roßlau trifft sich seit dem 12.<br />

März 2002 unter dem Motto<br />

Navigare necesse est (Schifffahrt<br />

tut not) die AG Elbe der Stadt<br />

Roßlau. Diese setzt sich, gemäß<br />

ihrem Wahlspruch, für die Interessen<br />

der Binnenschifffahrt auf<br />

der Elbe ein. Der Höhepunkt<br />

ihrer Arbeit war bisher der<br />

Besuch von Bundesverkehrsminister<br />

Stolpe am 29. August<br />

20<strong>03</strong>. Stolpe unterzeichnete<br />

damals die Roßlauer Erklärung<br />

zur Wiederaufnahme der Reparaturarbeiten<br />

an der Elbe.<br />

In seiner Festansprache anlässlich<br />

der Preisverleihung wies<br />

Bürgermeister Koschig noch einmal<br />

auf die für die Elbschifffahrt<br />

so schwierige Periode nach der<br />

Hochwasserkatastrophe hin. ‘In<br />

totaler Verkennung jeglicher<br />

Realität wurde unseren Buhnen<br />

und Deckwerken die Schuld am<br />

Jahrhunderthochwasser zugeschoben,<br />

und es gelang den sich<br />

Elbeschützer nennenden Initiativen<br />

einen totalen Baustop durchzusetzen.<br />

Was durch den Baustop<br />

folgte, das konnte einem<br />

schon zum Verzweifeln bringen.<br />

In dieser Zeit habe ich Ulrich<br />

Finke bewundert, weil er trotz<br />

aller irrationaler Einwürfe seine<br />

Leute motivierte und für die Elbe<br />

eingetreten ist.’<br />

Containertransporte stark rückläufig.<br />

Die Moselkommission<br />

möchte nun die Ursachen hierfür<br />

ergründen und Überlegungen<br />

darüber anzustellen wie der<br />

negativen Entwicklung entgegengesteuert<br />

werden kann.<br />

Ein Tag nach der Präsentation<br />

des Handlungskonzeptes haben<br />

SPD und Grüne einer der Kernforderungen<br />

aus dem Bericht<br />

eine klare Absage erteilt. Im<br />

Bundestagsverkehrsausschuss<br />

lehnten die Koalitionspartner das<br />

vom Gewerbe seit langem geforderten<br />

Wasserstraßenausbaugesetz<br />

(Straße und Schiene verfügen<br />

über ein solches Gesetzt) ab.<br />

‘Die erste echte Chance,eine<br />

gemeinsame Handlungsempfehlung<br />

der Forumsmitglieder<br />

umzusetzen, wurde damit<br />

bereits vergeigt,’ bedauerte BDB-<br />

Präsident Heinz Hofmann die<br />

Ablehnung der Politiker. ‘In Zeiten<br />

viel zu geringer Ansätze im<br />

Verkehrshaushalt fordern wir<br />

hier die Gleichbehandlung mit<br />

den Verkehrsträgern Straße und<br />

Schiene, bei denen die erforderliche<br />

Planungssicherheit bereits<br />

seit Jahren durch entsprechende<br />

Ausbaugesetze gewährleistet ist.’<br />

Kein VerlassV<br />

Auch aus der CDU/CSU Bundestagsfraktion<br />

kam scharfe Kritik<br />

an die ablehnende Haltung von<br />

Rot-Grün. Die verkehrspolitische<br />

Sprecherin der CDU/CSU Renate<br />

Blank sieht in der Ablehnung vor<br />

allem “Schützenhilfe” für den<br />

schwachen Verkehrsminister<br />

Stolpe. Ihm fehle das erforderliche<br />

Durchsetzungsvermögen um<br />

sich beim Finanzministerium für<br />

die notwendigen Mittel des Ausbaubedarfs<br />

stark zu machen.<br />

Blank weist darauf hin dass Rot-<br />

Grün vor gut zehn Jahren aus<br />

der Opposition heraus selbst ein<br />

Wasserstraßenausbaugesetz<br />

gefordert haben. ‘Was für Straße<br />

Was die Binnenschifffahrt<br />

schon seit Jahren verkündet,<br />

scheint nun auch die Bundesregierung<br />

zu erkennen: Flussangepasste<br />

Binnenschiffe können<br />

einen Ausbau der Wasserstraßen<br />

nicht kompensieren. Das<br />

schließt der Bund aus einem<br />

Gutachten das durch die DTS<br />

Entwicklungszentrum für<br />

Schiffstechnik und Transportsysteme<br />

(ehemalige VBD)<br />

erstellt wurde.<br />

und Schiene mit den Ausbaugesetzen<br />

und den Bedarfsplänen<br />

gilt, wird für die Wasserstraßen<br />

nun nicht mehr als notwendig<br />

erachtet,’ kommentierte die Politikerin.<br />

‘Der Binnenschifffahrt<br />

wird somit eine wichtige Grundlage<br />

vorenthalten. Das bedeutet<br />

eine schnöde Vernachlässigung.’<br />

Auf Rot-Grün sei kein Verlass, so<br />

Blank. Darüber müsse sich die<br />

deutsche Binnenschifffahrt im<br />

Klaren sein.<br />

In FDP-Kreisen wird das Verhalten<br />

der Koalition als ‘völlig<br />

absurd’ bezeichnet. ‘Wenn die<br />

Regierung schon bei einer solchen<br />

formalen Sache der Binnenschifffahrt<br />

die Unterstützung<br />

verweigert, dann lässt dies für<br />

die übrigen Forderungen des<br />

Abschlussberichtes nur Schlimmes<br />

befürchten,’ teilen die verkehrspolitischen<br />

Sprecher der<br />

FDP mit.<br />

Beim Empfangen des Berichtes<br />

am 18. Januar hat Iris Gleicke<br />

die Zuständigkeit für die Binnenschifffahrt<br />

an Angelika Mertens<br />

weitergegeben. Weiteres ist über<br />

diese Verschiebung der Verantwortlichkeit<br />

innerhalb des Verkehrsministeriums<br />

noch nicht<br />

bekannt.<br />

‘Flussangepasste<br />

Binnenschiffe nicht<br />

kostendeckend’<br />

Unter dem Eindruck der Hochwasserkatastrophe<br />

hatte die Bundesregierung<br />

im Oktober 2002<br />

beschlossen dass die Befahrbarkeit<br />

der Flüsse durch die Entwicklung<br />

flussangepasster Binnenschiffe<br />

verbessert werden sollte.<br />

Die Ergebnisse der Studie sind<br />

unmissverständlich: ‘Mit den<br />

innovativen Schiffen könnte<br />

bereits ab einer Fahrwassertiefe<br />

von 1,30 Metern Ladung transportiert<br />

werden. Allerdings sei das<br />

Ladungsvolumen bei dieser Wassertiefe<br />

so gering, dass bei den<br />

derzeitigen Frachtraten, auch<br />

unter Berücksichtigung von<br />

Kleinwasserzuschlägen, nur die<br />

transportabhängigen Kosten aber<br />

nicht die Gesamtkosten gedeckt<br />

werden könnten. Aus den durchgeführten<br />

Berechnungen könnte<br />

abgeleitet werden, dass erst ab<br />

einer Fahrwassertiefe von circa<br />

1,60 Metern eine kostendeckende<br />

Binnenschifffahrt betrieben werden<br />

könnte.’<br />

‘Insgesamt führen die Maßnahmen<br />

nach dem gegenwärtigen<br />

Stand der Technik zu höheren<br />

Herstellungs- und Betriebskosten.<br />

Um die dabei anfallenden zusätzlichen<br />

Investitions- und Betriebskosten<br />

zu decken, wären Frachtraten<br />

erforderlich, die derzeit,<br />

auch nach der Einführung der<br />

LKW-Maut, nicht am Markt<br />

durchsetzbar wären.’<br />

‘Aus diesen Gründen bestünden<br />

derzeit keine wirtschaftlichen<br />

Anreize, existierende Binnenschiffe<br />

durch innovative Neubauten<br />

zu ersetzen.’ Und: ‘Innovative<br />

technische Maßnahmen könnten<br />

helfen, die gegebene Wasserstraßeninfrastruktur<br />

optimaler zu<br />

nutzen. Sie sind aber nicht in der<br />

Lage infrastrukturelle Beschränkungen<br />

zu kompensieren.’<br />

Realitätsfern<br />

Kurzum, es wird keine neuen<br />

Impulse für die Binnenschifffahrt<br />

geben, wenn nicht die Wasserstraßen<br />

ordentlich unterhalten<br />

und ausgebaut werden. Und wen<br />

wundert das auch schon?<br />

Den Bundesverband der Deutschen<br />

Binnenschifffahrt (BDB)<br />

auf keinen Fall. Heinz Hofmann:<br />

‘Wir fühlen uns in unserer Auffassung<br />

bestätigt dass die von Flussausbaugegnern<br />

vorgebrachte Forderung<br />

das Schiff solle sich dem<br />

Fluss anpassen, absolut realitätsfern<br />

ist. Das Gutachten belegt eindeutig<br />

dass der Einsatz dieser<br />

innovativen Schiffstypen wirtschaftlich<br />

nicht vertretbar ist,<br />

weil er nicht einmal die Kosten<br />

deckt!’<br />

‘Die Bundesregierung ist nun von<br />

wissenschaftlicher Seite daran<br />

erinnert worden dass ein bedarfsgerechter<br />

Ausbau der Binnenwasserstraßen<br />

für die Binnenschifffahrt<br />

nach wie vor unverzichtbar<br />

ist, wenn Güter auf den alternativen<br />

Verkehrsträger verlagert werden<br />

sollen.’

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