Magazin 198106
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Ministerpräsident<br />
Strauß:<br />
Das Bewußtsein für<br />
die Notwendigkeit von<br />
Schutz- und Vorbeugemaßnahmen<br />
wecken<br />
Der Bezirkstag der Oberpfalz In Regensburg<br />
hat im August 1980 eine Resolution<br />
zum Zivil- und Selbstschutz<br />
gefaßt, in der die Bayerische Staatsregierung<br />
gebeten wird, sich für<br />
ein Schutzraumbauprogramm nach<br />
Schweizer Muster und für die Wiedereinführung<br />
der Selbstschutzpllicht einzusetzen.<br />
Die Resolution hat folgenden Wortlaut:<br />
"Der BezIrkslag der Oberplalz Isl mit der<br />
Bevölkerung einig In der Anerkennung der<br />
Nolwendigkell milliarIscher Verleldlgungsanslrengungen;<br />
die oberplalzischen Landkreise<br />
und Gemeinden haben von Anlang<br />
an die Errichtung von Garnisonen beg rußt<br />
und auch die Folgen besonderer Manöverbelastungen<br />
bewußt hingenommen. Sie<br />
machen sich ledoch unter dem Gesichtspunkt<br />
der ,Vorneverteidigung' Gedanken<br />
uber den Schutz der Bevolkerung In einem<br />
Spannungs- und Verteidigungslall. In diesem<br />
Zusammenhang wird die Tatsache als<br />
alarmierend empfunden, daß In der Oberpfalz<br />
lediglich knapp t % der Bevolkerung<br />
in trummer- und sirahlensicheren Raumen<br />
geschutzt werden konnte. Ferner hat die<br />
Freiwilligkeit des Selbstschutzes bisher<br />
nicht In ausreichendem Maße zu den notwendigen<br />
Selbsthilfevorbereitungen der<br />
Bevölkerung gefuhrt.<br />
Der Bezirkstag wendet sich aus diesem<br />
Grund an die Bayerlsche Staatsregierung<br />
mit der dringenden Bitte, beim Bund darauf<br />
hInzuwirken, daß<br />
1. ein uber 20 biS 30 Jahre verteiltes<br />
Schutzbauprogramm nach dem Muster der<br />
SchweiZ erstellt Wird,<br />
2. daruber hinaus die Selbstschutzpflicht<br />
durch Bundesgesetz wiederhergestellt<br />
wird,<br />
3. die Ausfuhrung der belden Gesetze In<br />
Grenzgebieten zeitlich vorgezogen Wird,<br />
4. bei Bevorratungsmaßnahmen nach dem<br />
Sicherstellungsgesetz die Grenzgebiete<br />
anteilig beruckslchtlgt werden,<br />
5. bel weiterem Untaligblelben des Gesetzgebers<br />
auf dem Gebiet der Schutzbauund<br />
Selbstschutzpflicht eine Anderung der<br />
Gesetzgebungszustandlgkelt In dem Sinne<br />
angestrebt Wird, daß der Selbstschutz<br />
einschließlich des privaten Schutz baus sowie<br />
auch der erweiterte Katastrophenschutz<br />
aus der ausschließlichen Gesetzge-<br />
bung des Bundes nach Art. 73 Nr. 1 des<br />
GG gelost wird.<br />
Weiter wird die Bayerische Staatsregierung<br />
gebeten, schon letzt fur alle Bauvorhaben<br />
des Freistaates Bayern und der Kommunen<br />
die Einrichtung von Schutzraumen<br />
verbindlich vorzusehen; soweit aus Haushaltsgrunden<br />
erforderlich, wird auch hier<br />
eine zeitliche Voranstellung der Grenzbezirke<br />
vorgeschlagen."<br />
Der Bayerische Ministerpräsident Franz<br />
Josef Strauß hat in einer Antwort an den<br />
Präsidenten des Bezirkstags der Oberpfalz<br />
folgendes ausgeführt:<br />
"Ihrem Schreiben .. habe ich entnommen,<br />
daß sich der Bezirkstag der Oberpfalz<br />
mit Fragen der zivilen Verteidigung befaßt<br />
und diese offentlich erörtert hat. Ich begrüße<br />
es, daß die dritte kommunale Ebene auf<br />
diese Weise mithilft, die so WIchtigen Fragen<br />
des Schutzes der ZIVilbevölkerung<br />
den Burgern bewußt zu machen und Lösungsvorschlage<br />
zu erarbeiten.<br />
Der BeZirkstag der Oberpfalz geht zu Recht<br />
davon aus, daß die Lage im Schutzraumbau<br />
vollig unbefriedigend ist Die Bayerlsc<br />
he Staatsregierung hat sich deshalb<br />
schon wiederholt mit diesem Thema befaßt,<br />
fur das In erster Linie allerdings der<br />
Bund zustandlg ist. Dieser war bisher aber<br />
trotz der sonstigen Vermehrung der offentlichen<br />
Ausgaben In allen Bereichen nicht<br />
bereit, den Schutzraumbau und die Zivile<br />
Verteidigung Insgesaml nachdrucklich zu<br />
fördern Der Ministerrat hat den Bayerischen<br />
Staatsminister des Innern beauftragt,<br />
eine Liste der ZIvilschutzmaßnahmen<br />
vorzulegen, die bei realislischer Betrachtungsweise<br />
In den 80er Jahren verWirklicht<br />
werden können. Das Bayerische Kabinett<br />
wird sich in nachster Zeit mit einer entsprechenden<br />
Vorlage befassen, die selbstverstandlich<br />
auch den Schutzbau In staatlichen<br />
Gebauden einbezieht.<br />
Uber den Inhalt der bayerlschen Vorstellungen<br />
und der Forderungen an den Bund<br />
lassen sich derzeit noch keine endgultigen<br />
Angaben machen, weil alle Maßnahmen<br />
naturlich mit einer Belastung der Haushalte<br />
des Bundes und des Freistaates Bayern<br />
verbunden Sind. AngeSichts der Haushaltslage<br />
muß ,m einzelnen und sehr sorgfaltig<br />
gepruft werden, In welchem Umfang<br />
Mittel bereitgestellt werden konnen<br />
Der Schulzraumbau wtrd, auch wenn er in<br />
Zukunft in großerem Maße betrieben Wird,<br />
eine langfrlslige Aufgabe sein. Es bietet<br />
sich daher an, bestimmte Gebiete vorzu<br />
Ziehen, z. B solche, in denen Sich milItarIsche<br />
oder strategisch WIchtige Anlagen<br />
befinden. InWieweit sich dieser Bereich mit<br />
den Grenzgebieten deckt, muß Im einzelnen<br />
untersucht werden.<br />
Ihre Anregung, eine gesetzliche Verpflichtung<br />
zur Errichtung von Schutzraumen zu<br />
beg runden, enlsprlcht einer alten Forde-<br />
rung der Unionsparteien . Die Koalitionsparteien<br />
haben am 26. 7. 1980 im Innenausschuß<br />
des Deulschen Bundestages einen<br />
Antrag der CDUlCSU-Fraktion abgelehnt,<br />
Im SChutzbaugesetz die Pflicht zum<br />
Schutzbau in privaten und öffentlichen<br />
Neubauten festzulegen , wie sie dort bereits<br />
einmal enthalten war, vor dem Inkrafttreten<br />
der entsprechenden Bestimmungen<br />
aber wieder gestrichen worden ist. Mit<br />
einer gesetzlichen Verpflichtung allein,<br />
Schutzraume zu bauen, wird das Problem<br />
aber nicht zu lösen sein. Dem Burger sollen<br />
nicht Pflichten auferlegt werden, ohne ihn<br />
dabei finanziell und durch gezielte Aufklarungsarbeit<br />
zu unterstutzen.<br />
Der Vorschlag, bel einem weiteren Untat1gbleiben<br />
des Bundes eine Grundgesetzanderung<br />
Im Sinne einer Kompetenzverlagerung<br />
auf die Lander anzustreben, durfte<br />
kaum Aussicht auf Erfolg haben. Zum einen<br />
Wird der Bund auf seine Zustandlgkelt nicht<br />
verzichten wollen, andererseits sind die<br />
Lander ohne entsprechende Verbesserung<br />
ihrer Finanzausstattung, für die der<br />
Bund sorgen muß, zweifellos nicht in der<br />
Lage, Im Bereich der Zivilen Verteidigung<br />
neue Aufgabenprogramme zu finanZieren.<br />
Die Bevorratungsmaßnahmen berücksichtigen<br />
die Bedürfnisse der Grenzgebiete<br />
z. Z. In unterschiedlichem Maße. Der Beirat<br />
des Erdölbevorratungsverbandes war ,n<br />
seiner Sitzung vom 19. 8. 1980 uberelnstimmend<br />
der Auffassung, daß eine angemessene<br />
Regionalisierung bel den Vorraten<br />
an Erdol und ErdölerzeugnIssen noch<br />
nicht erreicht worden ist. Auf Anregung des<br />
Beirats, dem auch ein Vertreter des Bayerlschen<br />
StaatsminIsterIums fur Wirtschaft<br />
und Verkehr angehort, ISt nunmehr vorgesehen,<br />
daß die Landerwirtschaftsminister<br />
den Bedarf mit den BezIrksregierungen im<br />
einzelnen abklaren. Bei den Lebensmitteln<br />
Sind die Grenzgebiete ausreichend berucksichligt.<br />
So betrugen am 31 7. 1980<br />
z. B. In der Oberpfalz die Vorrate an Brotgetreide<br />
8%, Futtergetreide 18%, Butter<br />
22% und Fleisch 15% der In Bayern vorhandenen<br />
Gesamtbestande Bei einem<br />
Anteil der Oberpfalz von rund 9 % an der<br />
bayerischen Gesamtbevölkerung erscheint<br />
die Bevorratung somit als ausreichend,<br />
zumal Im KrIsenfall auch auf die<br />
Bestande des Handels und der Industrie<br />
zuruckgegriffen werden kann.<br />
Die ZIVile Verteidigung ISt In den vergangenen<br />
Jahren und Jahrzehnten weitgehend<br />
vernachlassigt worden . Um so dringlicher<br />
ist die Aufgabe fur alle staatlichen und<br />
kommunalen Stellen, das Bewußtsein fur<br />
die Notwendigkeit von Schutz- und Vorbeugungsmaßnahmen<br />
zu wecken und<br />
nach Kraften an der Verwirklichung eines<br />
Gesamtkonzeptes mitzuwirken. Ich bitte<br />
deshalb den Bezirkstag der Oberpfalz, den<br />
anstehenden Fragen weiterhin sein Interesse<br />
zu widmen."