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Kap. 4 Astronomie und Navigation

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4 <strong>Astronomie</strong> <strong>und</strong> <strong>Navigation</strong><br />

dass auch unterschiedliche Daten gezählt wurden (Raumzeit). Wenn dagegen der Eintritt eines<br />

Ereignisses nur an einem bestimmten Ort (z.B. der Hauptstadt oder dem Haupttempel) maßgeblich<br />

war, dann konnten weit entfernt gelegene Gebiete oft erst nach Tagen davon unterrichtet<br />

werden. Solche Probleme gab es beispielsweise im früheren jüdischen Kalender, wo der<br />

Hohepriester über die erste Sichtung der Mondsichel bei Neumond entschied. Durch die langen<br />

Informationswege konnte es deshalb passieren, dass ein religiöses Fest in abgelegenen<br />

Gebieten am „falschen“ Tag gefeiert wurde. Auch war es kurz vor Monatsende nicht möglich,<br />

vorherzusagen, welches Datum z. B. in sieben Tagen sein würde.<br />

Wegen der Schwierigkeiten, die Mond- bzw. Sonnenstände exakt zu beobachten, begannen<br />

deshalb immer mehr Kulturen, ihre Kalender zu berechnen. Als Basis diente entweder der<br />

Umlaufzyklus der Sonne oder der Umlaufzyklus des Mondes, wobei der Mondmonat wegen<br />

seiner besseren Bestimmbarkeit wohl die Basis der ersten Kalender war. Die Umlaufzeit des<br />

Mondes beträgt 27,322 Tage. Daher kannten bereits die altindischen <strong>und</strong> chinesischen Astronomen<br />

27 verschiedene Positionen. Im altindischen Rigveda, einer Textsammlung aus der<br />

Zeit zwischen 1700 <strong>und</strong> 1200 v. Chr., werden diese Positionen „Häuser“ genannt. Dieses<br />

Mondjahr korreliert nicht mit dem Sonnenjahr, wodurch sich die Jahreszeiten sukzessive verschieben.<br />

Um diese jährliche Zeitdifferenz von ca. 11 Tagen zu kompensieren, mussten<br />

Schaltzeiten (Zusatztage bzw. –monate) eingefügt werden. Daher ging man später zum Sonnenkalender<br />

über. Da aber ein Sonnenjahr keine ganze Anzahl von Tagen lang ist, sondern<br />

365,25 Tage umfasst, kann ein Solarkalender nicht von Jahr zu Jahr die gleiche Anzahl an<br />

Tagen besitzen. Diese notwendigen Korrekturen müssen ebenfalls durch das Einfügen von<br />

Schalttagen korrigiert werden.<br />

Die Berechnung von Kalendern (arithmetische Kalender) setzt umfangreiche astronomische<br />

<strong>und</strong> mathematische Kenntnisse voraus. Schon bei der Entwicklung des frühen ägyptischen<br />

astralen Sothiskalenders waren diese Kenntnisse vorhanden. Die Einführung eines<br />

ägyptischen Verwaltungskalenders auf 365-Tagesbasis folgte spätestens im dritten Jahrtausend<br />

v. Chr.. Dieser konnte jedoch das Durchwandern der Jahreszeiten nicht verhindern. Die<br />

ägyptischen Könige bemängelten selbst den Zustand der Jahreszeitenverschiebung, doch erst<br />

Ptolemaios III. unternahm 238 v. Chr. Den ersten Versuch der Einführung eines Schalttages.<br />

Nach seinem Tod im Jahr 222 v. Chr. Wurde diese Regelung aber dahingehend reformiert,<br />

dass neben dem Schalttageskalender wieder der alte ägyptische Verwaltungskalender benutzt<br />

wurde. Der siebentägige Wochenzyklus wurde von den Babyloniern entwickelt. Der julianische<br />

Kalender, der 45 v. Chr. Von Julius Cäsar eingeführt wurde, stützt sich auf die ägyptische<br />

Kalenderform unter Ptolemaios III. Er wurde in den meisten Ländern inzwischen durch<br />

den Gregorianischen Kalender ersetzt.<br />

Kein Volk der Welt allerdings hatte sich mit derartiger Besessenheit der Zeitmessung<br />

<strong>und</strong> dem Kalenderwesen gewidmet wie die Maya <strong>und</strong> ihre astronomischen Beobachtungen<br />

auch auf andere Himmelskörper ausgedehnt, insbesondere auf Venus, Jupiter, Merkur <strong>und</strong><br />

Mars. Auch den Umlauf des Mondes, die sogenannte Lunation, hatten sie bereits höchst genau<br />

berechnet <strong>und</strong> waren imstande, Mond- <strong>und</strong> Sonnenfinsternisse exakt vorauszusagen.<br />

Ergebnis der hochentwickelten <strong>Astronomie</strong> war ein höchst ungewöhnlicher <strong>und</strong> komplizierter<br />

Kalender, der das lineare Fortschreiten der Zeit mit zyklisch wiederkehrenden Perioden<br />

in einzigartiger Weise verband. Entziffert wurde dieses Meisterwerk menschlichen Geistes<br />

durch Ernst W. Förstermann gegen Ende des 19. Jh.. Als Leiter der königlichen Bibliothek<br />

von Dresden hatte er Zugang zum Dresdener Codex, der wichtigsten Maya-Handschrift, die<br />

bereits in der frühen Kolonialzeit an den Spanischen Königshof gelangt <strong>und</strong> damit der Bü-<br />

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