Kap. 4 Astronomie und Navigation
Kap. 4 Astronomie und Navigation
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4 <strong>Astronomie</strong> <strong>und</strong> <strong>Navigation</strong><br />
Die Kreisgrabenanlage von Gosek liegt auf einem Plateau oberhalb des Saaletals, am nordwestlichen<br />
Ortsrand von Goseck (Burgenlandkreis) in Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> besteht aus einem<br />
deutlich erkennbaren, annähernd kreisr<strong>und</strong>en Ringgraben von etwa 71 m Durchmesser. Es<br />
konnte ein flacher Erdwall r<strong>und</strong> um den Graben nachgewiesen werden. Die Anlage hat drei<br />
grabengesäumte Zugangswege, die nach Norden, Südwesten <strong>und</strong> Südosten ausgerichtet sind.<br />
Im Inneren befinden sich Spuren zweier konzentrischer Palisaden (ca. 56 <strong>und</strong> 49 m Durchmesser)<br />
mit gleich ausgerichteten, zum Zentrum hin schmaler werdenden Toren. Auf der Innenfläche<br />
selbst konnte keine weitere Bebauung festgestellt werden. Aufgr<strong>und</strong> der Keramikf<strong>und</strong>e<br />
(C-14-Daten sind noch in Bearbeitung) wird der Bau der Anlage auf etwa 5000 v. Chr.<br />
geschätzt. Diese Datierung wird auch dadurch erhärtet, dass r<strong>und</strong> einen Kilometer entfernt die<br />
Überreste eines 7.000 Jahre alten Dorfes (aus der Periode der Linearbandkeramik) entdeckt<br />
wurden. Sie wurde 1991 bei einem Erk<strong>und</strong>ungsflug durch den Luftbildarchäologen Otto<br />
Braasch zufällig gef<strong>und</strong>en.<br />
Das Besondere der Anlage ist, dass die beiden südlichen Tore <strong>und</strong> Zugangswege vom Mittelpunkt<br />
der Anlage aus gesehen mit einer Genauigkeit von drei bis vier Tagen auf den Sonnenaufgang<br />
<strong>und</strong> -untergang zur Wintersonnenwende um 4800 v. Chr. ausgerichtet sind <strong>und</strong><br />
das nördliche Tor annähernd genau auf den astronomischen Meridian, also nach Norden weist.<br />
2004 wurde eine weitere Visiereinrichtung im Palisadenzaun gef<strong>und</strong>en, die auch die Berechnung<br />
der Sommersonnenwende erlaubte.<br />
Im Unterschied zu anderen, schlechter erhaltenen<br />
mittelneolithischen Kreisgrabenanlagen<br />
sind die Visierlinien in Goseck außerordentlich<br />
präzise <strong>und</strong> ermöglichen die Berechnung<br />
<strong>und</strong> Beobachtung der Sonnenwenden<br />
über mehrere Tage in allen vier Punkten.<br />
Es gilt daher als gesichert, dass es sich um<br />
ein Observatorium zur Bestimmung der Sonnenwenden<br />
handelt. Die jungsteinzeitliche<br />
Ringgrabenanlage wird daher auch als Sonnenobservatorium<br />
von Goseck bezeichnet<br />
<strong>und</strong> gilt als das bisher älteste entdeckte Sonnenobservatorium<br />
der Welt. Da die Anlage<br />
sich ganz in der Nähe des Ortes, an dem die<br />
später beschriebene Himmelscheibe von<br />
Nebra gef<strong>und</strong>en wurde, befindet, dürfte in<br />
diesem Gebiet eine der ersten Hochkulturen<br />
mit ausgeprägtem astronomischen Wissen<br />
existiert haben.<br />
4.1.2 Newgrange<br />
Abb. 4.4 Die gespeicherten Himmelsdaten:<br />
Die gelben Linien stellen rechts die Richtung<br />
des Sonnenaufgangs <strong>und</strong> links die des Sonnenuntergangs<br />
zur Wintersonnenwende um<br />
4800 v. Chr. dar. Die senkrechte Linie markiert<br />
den astronomischen Meridian.<br />
Oberhalb einer weiten Flussbiegung des Flusses Boyne in der irischen Grafschaft Meath, einem<br />
der fruchtbarsten <strong>und</strong> daher von jeher landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiete Irlands,<br />
liegt ein gewaltiges Hügelgrab mit Namen Newgrange. Vom Typ her handelt es sich<br />
um ein Ganggrab mit kreuzförmiger Kammer <strong>und</strong> Kraggewölbe. Der Name „Newgrange“<br />
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