Kap. 4 Astronomie und Navigation
Kap. 4 Astronomie und Navigation
Kap. 4 Astronomie und Navigation
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4 <strong>Astronomie</strong> <strong>und</strong> <strong>Navigation</strong><br />
parchus, der in Nicaea ( dem heutigen Iznik in der Türkei) um 180 v. Chr. geboren wurde, aber<br />
auf Rhodos studierte <strong>und</strong> arbeitete. Hipparchus charakterisierte die Projektion als eine Methode,<br />
um komplexe astronomische Probleme ohne sphärische Trigonometrie zu lösen, <strong>und</strong> er bewies<br />
wahrscheinlich ihre Hauptcharakteristica. Hipparchus hat zwar nicht das Astrolabium erf<strong>und</strong>en,<br />
wohl aber die Projektionstheorie verfeinert.<br />
Das älteste Beweisstück für die konkrete Benutzung der stereographischen Projektion ist ein<br />
Schriftstück des römischen Autors <strong>und</strong> Architekten Vitruvius (ca. 88 - ca. 26 v. Chr.). Er beschreibt<br />
in De architectura eine Uhr, die von Ctesibius in Alexandria hergestellt wurde, <strong>und</strong> in<br />
der eine stereographische Projektion benutzt wurde. Ausführlichere Informationen findet man<br />
bei Claudius Ptolemy (ca. 150 n. Chr.). Er schrieb umfassend über Projektionen in seiner als<br />
Planisphaerium bekannten Arbeit. In ihr gibt es konkrete Hinweise, dass er ein Astrolabienähnliches<br />
Instrument besessen haben könnte. Ptolemy verfeinerte außerdem noch die F<strong>und</strong>amentalgeometrie<br />
des bis dahin bekannten Erde-Sonne-Systems <strong>und</strong> schuf damit Gr<strong>und</strong>lagen zur<br />
Weiterentwicklung von Astrolabien.<br />
Theon aus Alexandria (ca. 390) schrieb eine wissenschaftliche Abhandlung über das Astrolabium.<br />
Synesius aus Cyrene (378 - 430), ein Schüler von Hypatia <strong>und</strong> Gatte von Theons Tochter,<br />
hat offensichtlich ein Instrument konstruiert, das eine Art Astrolabium gewesen sein könnte. Die<br />
älteste wirklich gesicherte Beschreibung eines konkreten Astrolabiums stammt von John Philoponos<br />
aus Alexandria im sechsten Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> ein Jahrh<strong>und</strong>ert später von Severus Sebokht,<br />
Bischof aus Kenneserin, Syrien. Es gibt allerdings Vermutungen, daß Sebokhts Arbeit von denen<br />
Theons beeinflusst wurde. Die Existenz von Astrolabien im siebten Jahrh<strong>und</strong>ert ist allerdings<br />
gesichert.<br />
Arabische Abhandlungen über Astrolabien sind seit dem neunten Jahrh<strong>und</strong>ert bekannt <strong>und</strong><br />
indizieren eine lange Vertrautheit mit dem Instrument. Die ältesten heute noch existierenden<br />
Exemplare sind alle arabischen Ursprungs <strong>und</strong> stammen aus dem zehnten Jahrh<strong>und</strong>ert. Es existieren<br />
ferner noch ca. 40 Instrumente aus dem 11. <strong>und</strong> 12. Jahrh<strong>und</strong>ert. Astrolabien gab es in<br />
unterschiedlichsten Ausprägungen: von relativ einfachen mit entsprechend eingeschränkten Anwendungsmöglichkeiten<br />
bis zu hoch komplexen <strong>und</strong> künstlerisch wertvoll gestalteten Exemplaren.<br />
Vor allem die persischen Exemplare sind geniale Kunstwerke von äußerster Präzision.<br />
Der Gebrauch des Astrolabiums kam vermutlich mit dem Islam über Nord-Afrika nach<br />
Spanien (Andalusien) <strong>und</strong> somit nach Europa. Informationen über Astrolabien existierten in<br />
Europa bereits wesentlich früher - vermutlich über den Handel auf den Schiffartswegen -,<br />
aber europäische Anwendungen waren bis zum 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht weit verbreitet.<br />
Die ältesten Astrolabien, die in Europa benutzt wurden, waren Importe aus dem moslemischen<br />
Spanien. Neben den original arabischen Inschriften gravierte man zusätzlich lateinische<br />
Wörter ein. Zum Ende des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts gab es gerade mal ein halbes Dutzend<br />
lateinischer Abhandlungen über Astrolabien. Ein Jahrh<strong>und</strong>ert später hatte sich diese Zahl<br />
auf mehrere H<strong>und</strong>ert erhöht. Europäische Hersteller erweiterten die Gravierungen der Platte<br />
um astrologische Informationen <strong>und</strong> fügten verschiedene Variationen der Zeitmessungen,<br />
die in dieser Ära benutzt wurden, hinzu. Merkmale, die sich auf Informationen für die islamischen<br />
Gebete bezogen, wurden völlig von den europäischen Astrolabien verbannt.<br />
Astrolabien erreichten in Europa ihre größte Popularität im 15. <strong>und</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>ert. Sie<br />
waren eines der Gr<strong>und</strong>werkzeuge für die astronomische Ausbildung. Astronomisches Wissen<br />
wurde als f<strong>und</strong>amental in der Ausbildung angesehen. Die Fähigkeit, ein Astrolabium<br />
benutzen zu können, galt als Zeichen einer guten Ausbildung <strong>und</strong> Erziehung.<br />
99