Leitfaden für Ärzte und Institutionen in MV - Techniker Krankenkasse
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K<strong>in</strong>dergynäkologi-<br />
scheUntersu- chung<br />
Körperlicher Be-<br />
f<strong>und</strong> bei sexuel-<br />
lem Missbrauch<br />
<strong>Leitfaden</strong> Gewalt gegen K<strong>in</strong>der Mecklenburg-Vorpommern<br />
reich, Hymen <strong>in</strong> allen Anteilen sowie die Ingu<strong>in</strong>alregion <strong>und</strong> der Anus<br />
beurteilt. Mit Hilfe der Separations- oder Traktionsmethode kann die<br />
Weite <strong>und</strong> Konfiguration des Introitus vag<strong>in</strong>ae, die distale Vag<strong>in</strong>a, die<br />
Fossa navicularis <strong>und</strong> die h<strong>in</strong>tere Kommissur untersucht werden. Je<br />
nach Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> Anamnese werden zusätzliche Untersuchungen erfor-<br />
derlich, z.B. mikrobiologische oder virologische Kulturen, serologische<br />
Untersuchungen oder der Nachweis von Sperma.<br />
E<strong>in</strong>e gynäkologische Untersuchung, d.h. e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>strumentelle Untersu-<br />
chung mit Vag<strong>in</strong>oskop oder Spekulum soll nicht rout<strong>in</strong>emäßig durchge-<br />
führt werden, sondern <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Anamnese, dem Bef<strong>und</strong><br />
bei der Inspektion <strong>und</strong> dem Alter der Patient<strong>in</strong>. Bei äußeren Verletzun-<br />
gen, Blutungen oder auch rezidivierenden Genital<strong>in</strong>fektionen ist e<strong>in</strong>e<br />
Untersuchung immer erforderlich.<br />
Wenn Sie sich als Arzt durch e<strong>in</strong>e exakte k<strong>in</strong>dergynäkologische Unter-<br />
suchung überfordert fühlen, sollten Sie e<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>dergynäkologische Kon-<br />
siliaruntersuchung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezialisierten Kl<strong>in</strong>ik oder durch e<strong>in</strong>en<br />
Rechtsmediz<strong>in</strong>er mit Erfahrung <strong>in</strong> Bef<strong>und</strong>erhebung <strong>und</strong> forensischer<br />
Bewertung anstreben.<br />
Liegt der vermutete sexuelle Übergriff mehr als 48 - 72 St<strong>und</strong>en zurück<br />
<strong>und</strong> ist bei der Genital<strong>in</strong>spektion ke<strong>in</strong>e Verletzung nachweisbar, können<br />
forensische Überlegungen vorerst <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> treten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
k<strong>in</strong>dergynäkologische Konsiliaruntersuchung sorgfältig geplant werden.<br />
Hat e<strong>in</strong> Übergriff aber <strong>in</strong> den letzten 48 - 72 St<strong>und</strong>en stattgef<strong>und</strong>en, so<br />
muss die Untersuchung unverzüglich erfolgen, um beweiserhebliche<br />
H<strong>in</strong>weise festhalten zu können.<br />
Beim sexuellen Missbrauch gibt es kaum e<strong>in</strong>deutige Bef<strong>und</strong>e. Als spezi-<br />
fische Symptome gelten alle Verletzungen im Anogenitalbereich ohne<br />
plausible Anamnese. Dazu gehören Hämatome, Quetschungen, Strie-<br />
men, E<strong>in</strong>risse <strong>und</strong> Bissw<strong>und</strong>en. Häufig entstehen auch e<strong>in</strong> weiter E<strong>in</strong>-<br />
gang der Vag<strong>in</strong>a bzw. Rötung, E<strong>in</strong>risse oder venöse Stauung im Anal-<br />
bereich.<br />
Im Zusammenhang mit dem Verdacht bzw. der Anschuldigung des se-<br />
xuellen K<strong>in</strong>dermissbrauchs bleiben allerd<strong>in</strong>gs auch immer wieder Be-<br />
weisfragen ungeklärt. Beispielsweise ist aus diversen Literaturangaben<br />
bekannt, dass ke<strong>in</strong>eswegs jedes E<strong>in</strong>führen e<strong>in</strong>es männlichen Gliedes<br />
bzw. <strong>in</strong>travag<strong>in</strong>ale Manipulationen zwangsläufig mit dem Zerreißen des<br />
Jungfernhäutchens oder mit sichtbaren Verletzungen im Scheidenbe-<br />
reich e<strong>in</strong>hergehen (Lockemann/Püschel 1999). Die Intaktheit des Hy-<br />
mens schließt die Möglichkeit des sexuellen Missbrauchs (auch mit E<strong>in</strong>-<br />
führen des Penis bei e<strong>in</strong>em jungen Mädchen) nicht aus. Sehr schwierig<br />
ist auch die Beurteilung von alten Vernarbungen des Hymens, bei de-<br />
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