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Magazin im Volltext - Wirtschaftsprüferkammer

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WPK <strong>Magazin</strong> 2/2013<br />

Möglichkeiten erst nach mehreren<br />

Jahren statt. Ein Insolvenzverwalter<br />

wird prüfen, ob die Insolvenzgefahr<br />

für den Abschlussprüfer<br />

frühzeitig erkennbar war und gegebenenfalls<br />

diesen als potenziell<br />

solventen Haftungsschuldner<br />

in Anspruch nehmen. Diese Inanspruchnahme<br />

erfolgt aber meistens<br />

erst dann, wenn sich Ansprüche<br />

gegen die Organe als nicht<br />

(wirtschaftlich) durchsetzbar erwiesen<br />

haben, also ebenfalls nach<br />

Ablauf mehrerer Jahre. Insgesamt<br />

sind heute nach acht Jahren erst<br />

50 % der Schadensersatzzahlungen<br />

erfolgt, die bis zum Ablauf<br />

der max<strong>im</strong>alen Verjährung von<br />

30 Jahren zu erwarten sind.<br />

Dieses Spätschadensrisiko intensiviert<br />

sich aufgrund der Tendenz<br />

weiter, dass verstärkt auch<br />

Abschlussprüfer bei Schadensfällen<br />

<strong>im</strong> Bereich der gescheiterten<br />

Kapitalanlagen in Haftung genommen<br />

werden. Jüngst war in<br />

einer norddeutschen Regionalzeitung<br />

zu lesen, dass gegen eine<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

mehrere tausend Klagen erhoben<br />

werden sollen, die auf Vorgängen<br />

vom Anfang der neunziger Jahre<br />

basieren. Die Inanspruchnahme des<br />

Wirtschaftsprüfers bei fehlgeschlagenen<br />

Kapitalanlagen (Haftung aus<br />

Abschlussprüfung, Mittelverwendungskontrolle,<br />

Treuhandtätigkeit,<br />

Prospektprüfung) findet verstärkt<br />

Eingang in die verbraucherschutzorientierte<br />

Rechtsprechung (jüngst<br />

wieder BGH vom 21.2.2013 – III ZR<br />

139/12); die Haftung des Berufsträgers<br />

gegenüber dem Anleger wird<br />

durch die Gerichte ausgeweitet.<br />

In diesem Zusammenhang werden<br />

dem Berufsangehörigen auch<br />

Pflichten auferlegt, die er bei weit<br />

zurückliegender Übernahme und<br />

Ausführung der Tätigkeit noch<br />

nicht kennen konnte.<br />

Neben der besonderen Zunahme<br />

von Haftungsfällen aus dem<br />

Bereich der Kapitalanlagen bleiben<br />

die in der Vergangenheit maßgeblichen<br />

Ursachen der Haftungsthemen<br />

schadenträchtig. Die nach<br />

wie vor meisten Schadensfälle,<br />

die auch in der Gesamtsumme den<br />

größten Aufwand verursachen, resultieren<br />

aus der Steuerberatung,<br />

angefangen bei der einfachen Versäumung<br />

einer Frist bis hin zu<br />

steuerlicher und gestalterischer<br />

Fehlberatung oder fehlerhafter<br />

Vertretung in Steuersachen.<br />

Konnte man in der Vergangenheit<br />

noch davon ausgehen, dass<br />

nur 10 bis 15 % der Schadensfälle<br />

aus dem Bereich der allgemeinen<br />

Abschlussprüfung kommen<br />

(so noch Pohl, Haftung und Berufshaftpflicht<br />

der Wirtschaftsprüfer,<br />

WPg 2004, Seite 460 ff.),<br />

so ist die Schadensbelastung aus<br />

diesem Bereich zwischenzeitlich<br />

angestiegen. Hier ist einmal der<br />

Umstand relevant, dass die Haftungsbegrenzung<br />

des § 323 HGB<br />

<strong>im</strong> Jahre 1999 erheblich erweitert<br />

wurde. Auch nehmen die Aktivitäten<br />

von Insolvenzverwaltern<br />

zu, die nach Möglichkeiten suchen,<br />

die für das Verfahren verfügbare<br />

Masse durch Ansprüche<br />

gegen den Abschlussprüfer anzureichern.<br />

Zunehmend treten Fälle aus<br />

einer behauptet fehlerbehafteten<br />

Due Diligence sowie Fälle aus angeblich<br />

fehlerhafter Sanierungsberatung<br />

oder einem Sanierungsgutachten<br />

auf. Auch wenn die Zahl<br />

solcher Haftungsfälle noch deutlich<br />

hinter derjenigen aus Steuerberatung<br />

und Abschlussprüfung<br />

zurückbleibt, so sind doch oftmals<br />

Analysen und Meinungen 47<br />

erhebliche Anspruchssummen zu<br />

beobachten.<br />

Nach wie vor steigt die Anzahl<br />

der Haftungsfälle pro Berufsträger<br />

<strong>im</strong> Berufsstand der Wirtschaftsprüfer.<br />

Die Loyalität des Mandanten<br />

gegenüber seinem Berater und<br />

Prüfer und seine Bereitschaft, negative<br />

Folgen unternehmerischer<br />

Entscheidungen auch selbst zu<br />

tragen, haben weiter abgenommen.<br />

Gleichzeitig war in den letzten<br />

zehn Jahren eine Steigerung<br />

des durchschnittlichen Schadensaufwands<br />

pro Haftungsfall um<br />

über 40 % zu beobachten.<br />

Bei dieser quantitativen Aussage<br />

noch wenig berücksichtigt sind<br />

die genannten Haftungskonstellationen<br />

aus dem gesamten Bereich<br />

der Kapitalanlagen. Da in diesem<br />

speziellen Feld heute erst die<br />

Vorgänge aufgearbeitet werden,<br />

in denen die Anlagen vor vielen<br />

Jahren gezeichnet wurden, ist zu<br />

erwarten, dass neben den bereits<br />

bekannten Fällen noch weitere<br />

Schadensfälle gemeldet werden,<br />

die den Berufsstand – den einzelnen<br />

Wirtschaftsprüfer wie auch<br />

die große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

– und die Versicherer<br />

auch in den kommenden Jahren<br />

beschäftigen werden.<br />

RA Dr. Alexander Schröder ist<br />

Leiter der Versicherungsstelle<br />

Wiesbaden, Versicherergemeinschaft<br />

für das wirtschaftliche<br />

Prüfungs-und Treuhandwesen.<br />

RA Josef Pritzen ist Leiter<br />

der Schadensabteilung der<br />

Versicherungsstelle Wiesbaden,<br />

Versicherergemeinschaft für das<br />

wirtschaftliche Prüfungs-und<br />

Treuhandwesen.

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