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Download der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum - Richard ...

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128<br />

In einem Rundschreiben mit dem vielsagenden Titel „Nach-<br />

(nicht Nacht-) Gedanken zu einem Pyrrhus-Sieg“ gab <strong>der</strong><br />

Vorsitzende den Mitglie<strong>der</strong>n daher, wenn auch enttäuscht,<br />

bekannt: „Es wird deshalb überhaupt keine Abstimmung<br />

über diesen Punkt mehr geben, es sei denn, <strong>der</strong> Ausgang<br />

nach dem mehrheitlichen Willen <strong>der</strong> Verbandsvorsitzenden<br />

ist zuvor sichergestellt – dank Einsicht <strong>der</strong> „Großen“;<br />

ich setze doch den Konsens unseres Verbandes nicht auf’s<br />

Spiel!... Der <strong>Richard</strong> Wagner Verband ist heute ein an<strong>der</strong>er<br />

als jener, <strong>der</strong> sich vor 40 Jahren seine Statuten gab – ein<br />

an<strong>der</strong>er gottlob in organischer Evolution ohne schmerzhafte<br />

Zäsuren, in selbstverständlicher Kontinuität.“ 360<br />

Noch am Ende desselben Jahres schuf die „Wende“ in <strong>der</strong><br />

DDR von außen eine völlig neue Situation in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />

Stimmverteilung und <strong>der</strong> Neuausrichtung des Gesamtverbandes<br />

im internationalen Maßstab.<br />

Schon kurz nach dem Fall <strong>der</strong> Mauer im November 1989<br />

begannen sich an den alten, ostdeutschen Wagnerstätten,<br />

in denen jahrzehntelang ein Engagement im bürgerlichvereinsrechtlichen<br />

Rahmen untersagt und eine Verbindung<br />

nach Bayreuth o<strong>der</strong> <strong>zum</strong> „<strong>Richard</strong> Wagner Verband“ ausgeschlossen<br />

war, neue Wagnerverbände zu bilden. Vor allem<br />

das Jahr 1990 sah eine Gründungswelle von Vereinen, angefangen<br />

bei Berlin-Ost im Februar und gefolgt von Dresden<br />

(Juni), Magdeburg (August), Dessau (Oktober), Weimar<br />

(November) und Eisenach (November). Ähnlich wie in<br />

Politik und Verwaltung leisteten westdeutsche Wagnerver-<br />

bände Aufbauhilfe für die neuen Vertretungen im Osten<br />

und übernahmen zur ferneren Begleitung Patenschaften,<br />

so Hannover für Leipzig und Bielefeld für Eisenach. Auch<br />

<strong>der</strong> Mindener Verband begleitete den Aufbau des Vereins<br />

in Weimar, dessen offizieller Pate allerdings Trier war. Zum<br />

Gründungsakt reiste eine große Zahl von Mitglie<strong>der</strong>n an,<br />

die so zugleich die erste „Auslandsfahrt“ des Mindener Verbandes<br />

verrichteten. Sie wurde auch mit einer Stippvisite<br />

auf <strong>der</strong> Wartburg verbunden.<br />

Auf <strong>der</strong> ganzen Welt bildeten sich in den Jahren um 1990<br />

zahlreiche neue Wagnerverbände. Noch vor den Umwälzungen<br />

im Ostblock entstand Anfang 1989 in Moskau<br />

eine „<strong>Richard</strong> Wagner Musikgesellschaft“. Ihr folgten im<br />

Oktober 1989 ein Griechischer Wagner-Verband in Athen<br />

und 1990 eine ganze Reihe von Vereinen wie in Budapest,<br />

Adelaide und Barcelona. 1989 zählte <strong>der</strong> „<strong>Richard</strong> Wagner<br />

Verband“ in <strong>der</strong> Bundesrepublik und Österreich 7160 Mitglie<strong>der</strong>,<br />

während die ausländischen Gesellschaften bereits<br />

rund 6000 umfassten. 1992 bestanden 34 Gesellschaften<br />

außerhalb Deutschlands auf sämtlichen Kontinenten, so in<br />

Buenos Aires, Rio de Janeiro, Toronto, Tallinn, Hongkong<br />

und Johannesburg.<br />

Angesichts dieser Vermehrung von Wagnervereinen im<br />

In- und Ausland war eine schnelle Reform des bislang auf<br />

Deutschland beschränkten Gesamtverbandes unausweichlich.<br />

Die Frage nach <strong>der</strong> Öffnung des „<strong>Richard</strong> Wagner Ver-<br />

bands“ im internationalen Maßstab verknüpfte sich mit <strong>der</strong><br />

immer noch schwelenden Diskussion um die Neuordnung<br />

des Stimmrechts unter den deutschen Ortsverbänden. In<br />

einem Rundschreiben vom Februar 1990 fasste Josef Lienhart<br />

die verän<strong>der</strong>te Situation zusammen und machte einen<br />

neuen Anlauf für die notwendige Umorganisation: „Die<br />

For<strong>der</strong>ung eines vereinten Deutschland innerhalb des europäischen<br />

Zusammengehens macht aber selbstverständlich<br />

auch vor uns nicht halt. Im Gegenteil, wir werden in<br />

Zukunft gemessen werden an <strong>der</strong> Antwort, die wir auf die<br />

Frage unserer <strong>Richard</strong> Wagner-Freunde International bereithalten…Das<br />

heißt aber, daß wir <strong>zum</strong>indest jenen ausländischen<br />

Verbänden, die ein engeres Zusammengehen mit<br />

uns anstreben, eine wirkliche Mitgliedschaft ermöglichen<br />

sollten (und dürfen!), wie sie uns für die Verbände Wien<br />

und Linz längst selbstverständlich ist.“ 361 Mit Verweis auf<br />

die Geschichte des Wagnerverbandes, die sich gerade im<br />

dies<strong>jährigen</strong> Tagungsort Hannover als Keimzelle des Nachkriegsvereins<br />

wi<strong>der</strong>spiegelte, meinte Lienhart: „Die letzte<br />

Reichsvorsitzende, gleichzeitig unsere erste Bundesvorsitzende,<br />

Frau Lotte Albrecht-Potonié, hat bei jener Wie<strong>der</strong>gründung<br />

erkannt, daß die Reichssatzung einer neuen Zeit<br />

mit verän<strong>der</strong>tem Bewusstsein nicht mehr Genüge tun konnte.<br />

Und mit kühnem Zugriff wandelte sie die Statuten dem<br />

neuen Zeitgeist entsprechend in die Bundessatzung um…<br />

Gerade sie, die von mir als Teenager und Twen hochbewun<strong>der</strong>te<br />

Frau, würde „ihren“ Verband mit größter Selbstverständlichkeit<br />

und größter Freude „neuen Ufern“ zu-,<br />

360 Kommunalarchiv Minden, RWV, Nr. 9.<br />

361 Zu den österreichischen Wagnervereinigungen in Wien und Graz, später auch Linz, bestanden traditionell enge Verbindungen. Seit ihrer Gründung gehörten sie als korporative Mitglie<strong>der</strong> dem<br />

<strong>Richard</strong> Wagner Verband an. Anfang <strong>der</strong> 1980er Jahre erreichten Wien und Linz die vollständige Aufnahme als Ortsverbände, während Graz seinen korporativen Status aufrechterhielt.<br />

362 Kommunalarchiv Minden, RWV, Nr. 11.

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