Download der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum - Richard ...
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Max Bruns<br />
AVE MUSICA !<br />
Oden <strong>zum</strong> Ruhme <strong>der</strong> deutschen Kunst RICHARD WAGNER (1940)<br />
Wer hat wie du Akkorde in Glanz getaucht?<br />
Wo bricht im Reich des Klanges <strong>der</strong> Strahl hervor,<br />
<strong>der</strong> allverklärend jed Geschehnis<br />
leuchtend zur großen Legende wandelt?<br />
In Himmelshöhen silbert die Taube auf<br />
und senkt sich nie<strong>der</strong>: Schimmernd erscheint <strong>der</strong> Gral.<br />
Tritt Elsa <strong>zum</strong> Altan, erblüht sie<br />
wie ein Gestirn über Ortruds Dunkel.<br />
Das Schwert des Helden funkelt im Eschenstamm.<br />
Die Waberlohe züngelt und spritzt und sprüht.<br />
Der Abendstern, die Burg beglänzend,<br />
labt seinen Sänger mit mil<strong>der</strong> Tröstung.<br />
Im Hörselberg, <strong>der</strong> lang den Verlornen bannt,<br />
lockt schwül und flackernd fiebern<strong>der</strong> Sünde Pfuhl.<br />
Doch ob versenktem Horte orgelt<br />
rauschend <strong>der</strong> dunkelnde Strom sein Es-dur.<br />
Und aus dem Klang und Gesang baut sich das Leben auf.<br />
Jede Szene ersteht leicht schon dem lauschenden<br />
Ohr. Da wettert und pfeift <strong>der</strong><br />
Sturm und peitscht das Gespensterschiff.<br />
Flie<strong>der</strong> duftet verträumt durch die Johannisnacht.<br />
Doch wenn leuchten<strong>der</strong> Tag über dem Anger steht,<br />
schlingen Buben und Mädel<br />
leicht den hurtigen Haschetanz.<br />
Höfisch Pracht und Gepräng wogt<br />
durch den Wartburgsaal.<br />
Lenzes jubelnde Lust drängt in das Hundinghaus.<br />
Schwermut webt um die Norne.<br />
Zwitschernd flötet´s im Waldgezweig.<br />
Auf dem nachtenden Rom lastet <strong>der</strong> Fluch Urbans.<br />
Am Karfreitag erstrahlt zauberhaft mild die Au.<br />
Gnadenselige Chöre<br />
hallen himmlisch durch Monsalvat.<br />
Dies alles trank ich, <strong>der</strong> ich noch Knabe war.<br />
Wie selig trank ich´s! – „Denk an Elisabeth!“<br />
O Macht des Himmels! Wie ein Engel<br />
Gottes gebot sie den Schwertern Frieden.<br />
Vor ihrem Leuchten ebbte <strong>der</strong> Zorn zurück,<br />
die Flut <strong>der</strong> Töne staute sich <strong>zum</strong> Choral,<br />
darein des unglückselgen Sün<strong>der</strong>s<br />
herzenerschüttern<strong>der</strong> Wehruf hallte.-<br />
Und jene Friedensboten! Ein Silberlicht<br />
ging magisch durch die Gassen <strong>der</strong> heilgen Stadt.-<br />
Doch nächtig tief im Park von Cornwall<br />
pulste berauschen<strong>der</strong> Liebesodem,<br />
bis in die süße Unruhe sehnsuchtheiß<br />
die übervolle Kehle <strong>der</strong> Nachtigall<br />
sich flutend im Gezweig verströmte.-<br />
Schauernd durchbebte mir´s Nerv und A<strong>der</strong>n.<br />
Dieses alles war ihm vertraut! Er selber<br />
sang wie Walther wi<strong>der</strong> den neidgen Fant, <strong>der</strong><br />
im Gemerk vermeintlichen Fehl mit Nachdruck<br />
hämisch verhunzte.<br />
Er, gehetztes Wild wie <strong>der</strong> bleiche Seemann.<br />
Wi<strong>der</strong> Freundes tiefes Vertraun er selber<br />
untreu. Selber Tristan: <strong>der</strong> sehnsuchtwunde<br />
Minner Mathildens.<br />
Selbst voll dunkler Nacht wie die Seele Ortruds.<br />
Selbst voll Glanzgeleucht wie <strong>der</strong> Schwanenritter.<br />
Selbst <strong>der</strong> reine Tor, zwischen Schuld und Unschuld<br />
gläubigen Herzens.<br />
Selbst <strong>der</strong> Knabe, welcher dem Vöglein lauschte.<br />
Selbst <strong>der</strong> Wandrergott im Geleit <strong>der</strong> Raben.<br />
In des ruhlos wogenden Stromes Tiefe<br />
selber <strong>der</strong> Niblung.<br />
Rheingold: Sündiges Gold! Immer verwarfest du´s,<br />
lehntest, nahmst und verwarfst, vor <strong>der</strong> Erbitterung<br />
als ein ewig Gehetzter<br />
ruhlos keuchend von Land zu Land.<br />
Hunger, Elend und Not – Seide und Prunk und Pracht –<br />
deutscher Heldengesang, <strong>der</strong> dir die Koffer sprengt.<br />
(Badesalze und Düfte –<br />
Christusdichtung und Parsifal.)<br />
Weiter, weiter! Gen Wien! – Wie<strong>der</strong> gen West gewandt!<br />
Auf dem fliehenden Fuß folgt dir – <strong>der</strong> Retter nach.<br />
Endlich hascht dich des Königs<br />
märchenmächtiges Lösungswort.<br />
Kühnste Träume erstehn. („Wollt nur die deutsche Kunst,<br />
und ihr habt sie!“) Dein Werk wächst in ein Siegervolk.<br />
Bald umhegt dich´s wie Heimat,<br />
wo dein Wähnen Frieden fand.<br />
Behutsam leicht steigt silberner Ton empor,<br />
als such er droben selige Überschau.<br />
Was schaut er? Odenwald und Rheinstrom,<br />
heldische Welten, dir still gefriedet.<br />
Nun ist´s Idyll: das lieblichste Hochzeitlied<br />
und Wiegenlied, das zart ein Erobrer sang.<br />
Waldvogel flötet. Siegfrieds Hornruf<br />
tönt durchs Gezweig in erhabner Unschuld.<br />
Weit bleibt, was je dich folterte, hinter dir.<br />
Liegt nicht dein Leben heil in des Königs Hut?<br />
Und wie <strong>zum</strong> Heroldsamt gesellt sich<br />
dir und <strong>der</strong> Meisterin treu <strong>der</strong> Jünger.<br />
Bald reckt vom Festspielhügel sich Sempers Bau.<br />
Dem Werk schulst du die würdigste Sängerschaar.<br />
Was könnte kühnstem Wunsche mangeln?<br />
Träume nur! Segen und Sieg sind eines.<br />
Dann – verlässt dich <strong>der</strong> Freund,<br />
trübt sich des Königs Huld.<br />
Wie<strong>der</strong> stehst du im Kampf, mählich Ermatten<strong>der</strong>,<br />
stets aufs neue den Stachel<br />
zähen Willens im müden Fleisch.<br />
Du, bekämpft und geliebt, dem sich das „Kreuzige!“<br />
oft und oft mit dem Ruf „Hosiannah!“ gemischt,<br />
kanntest wohl im geheimen<br />
letztes, tiefstes Verlassensein.<br />
Tristan warst du und Sachs, aber die Heiterkeit<br />
apollinischer Schau trat auf das Drachenhaupt<br />
deines dunkelsten Dämons:<br />
Keiner schuf so gewaltiges<br />
deutsches Lustspielgewirk. Sing noch das Glaubenslied<br />
von den Dienern des Gral. Denn in <strong>der</strong> Märchenstadt<br />
laß <strong>der</strong> wiegenden Gondel<br />
wahnlos sanft den entseelten Leib.<br />
Kommunalarchiv Minden<br />
Nachlass Bruns, Nr. 1032