Download der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum - Richard ...

einen Strom von Menschen zu sich herauf, am Vormittag,
um evtl. etwas von den Proben zu erhaschen, am Nachmittag,
wenn man nicht zu den glücklichen, vielbeneideten
Besuchern gehört, um wenigstens die prächtigen
Wagen mit den Nummernschildern aus aller Welt und die
großen Abendkleider und Pelze zu bewundern oder um
hin und wieder eine Berühmtheit zu sehen, beispielsweise
Frau Winifred Wagner im schlichten blauen Kleid, ganz so
wie man sie von Bildern her kennt, oder aber ihre Söhne
Wolfgang und Wieland, die bereitwillig Autogramme
geben und ihrem Großvater äußerst ähnlich sehen. Und
die seit dem Mittag wie die Mauern wartenden Bayreuther
kommen auf ihre Kosten! Sie sehen die Künstler ein- und
ausgehen: Elisabeth Schwarzkopf, sehr schlicht und sympathisch,
Herbert von Karajan in seinem Züricher Wagen
(er lebt bekanntlich in Liechtenstein); George London, der
aus England kam, um den Amfortas zu singen, stets von
einem Schwarm junger Italienerinnen umringt; „Albrecht
Schoenhals“ tuschelt es plötzlich, als ein hochgewachsener,
gutaussehender Herr mit Frau und zwei Söhnen erscheint…Aber
auch der Schwager des ägyptischen Königs
Faruk, Mohammed, war extra in phantastischem Wagen
mit seinen zwei Frauen nach Bayreuth gekommen, um
hier in der besten Aufführung der Welt die Meisterwerke
zu hören.“ 270
270 Mindener Tageblatt vom 5.10.1951 („Richard Wagner und Minden“).
Die pensionierte Lehrerin Käthe Bloem (1888-1976)
übernahm 1953 das Amt der stellvertretenden
Vorsitzenden. Trotz ihres hohen Alters gehörte sie
zu den ersten Nachkriegsstipendiaten 1951.
Mit 11 Stipendien zu den ersten Festspielen 1951 hatte
der Ortsverband Minden so viele Kontingente wie niemals
zuvor zugesprochen erhalten. Vor dem Zweiten Weltkrieg
betrug die Anzahl der Mindener Stipendiaten durchschnittlich
drei pro Festspieljahr. Nach Wiederbegründung des
„Richard Wagner Verbandes“ 1949 errang dieser fast das
alleinige Recht auf Vermittlung der Stipendien, während
die Stipendienstiftung vor dem Krieg durchaus auch autonom
die Vergünstigungen verlieh und die Ortsverbände
keinen rechtlichen Anspruch auf Erfüllung ihrer Gesuche
geltend machen konnten. So erhöhte sich bei den ersten
Nachkriegsfestspielen die Anzahl der zugeteilten Stipendien
für die örtlichen Vertretungen des „Richard Wagner
Verbandes“ in der Bundesrepublik deutlich, zumal auch
die ostdeutschen Städte als Begünstigte weggefallen waren.
Nach dem Rekord von 1951 konnte Minden in den
Folgejahren immerhin noch sieben (1952), sechs (1953)
und 1954 erneut sieben Stipendiaten entsenden. Mit dem
Jahr 1954 trat allerdings eine Verschärfung der Kriterien
seitens der Stipendienstiftung ein. Zuvor war es durchaus
verbreitet, langjährigen, verdienten Mitgliedern, Lehrern
oder allgemein Kulturinteressierten ein Stipendium zuteil
werden zu lassen, so in Minden 1951 an die pensionierte
Lehrerin und das Vorstandsmitglied Käthe Bloem und 1952
an die Journalistin Dr. Senta Schettler sowie an den Theaterleiter
Wilhelm Kahre. Nach der Neuregelung 1954 durften
die Stipendien nur noch an möglichst junge Musiker
oder Literaten verliehen werden, die ihre Anträge über die
Ortsverbände an die Stiftung richten mussten.
Zu den ersten Nachkriegsfestspielen entsandte der
Mindener Ortsverband elf Stipendiaten.
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