Familienorientierte Personalpolitik - Evangelische Kirche in ...
Familienorientierte Personalpolitik - Evangelische Kirche in ...
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die Beschreibung von Maßnahmen weicht <strong>in</strong> der Qu<strong>in</strong>tessenz<br />
nicht von dem ab, was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>schlägigen Studien<br />
für nicht-evangelische Bereiche beschrieben wird. Heißt<br />
das, evangelische Organisationen s<strong>in</strong>d auch „nur“ normale<br />
Unternehmen? Oder gibt es Besonderheiten, die<br />
es möglicherweise rechtfertigen, von e<strong>in</strong>er speziellen<br />
„evangelischen Motivation“ familienorientierter <strong>Personalpolitik</strong><br />
zu sprechen?<br />
In den befragten evangelischen Organisationen wird die<br />
Umsetzung von Rechtsansprüchen und Tarifwerken als<br />
Grund für die E<strong>in</strong>führung familienfreundlicher Maßnahmen<br />
durchaus genannt. Es wird aber darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
dass man entsprechende Maßnahmen auch ohne<br />
diese Vorgaben umgesetzt hätte – beziehungsweise aus<br />
verschiedenen Motiven bereit ist, mehr als das ohneh<strong>in</strong><br />
Vorgeschriebene zu tun.<br />
„Der Fokus, dass etwas gesetzlich nötig ist, ist nie unser Fokus<br />
gewesen. Wir haben das nie gemacht aus gesetzlichen Anforderungen.<br />
Sondern eher, um den Mitarbeitern entgegenzukommen<br />
unter der Prämisse, wenn Mitarbeiter ihre Lebenszusammenhänge<br />
gut gestalten können, dann machen sie auch gute<br />
<strong>in</strong>haltliche Betreuungsarbeit. Wenn es die Rechtsansprüche<br />
nicht gäbe, wäre es auch nicht anders.“ [Interview Dienstnehmersicht,<br />
Bereich Soziale Arbeit]<br />
An vorderster Stelle werden „unternehmerische beziehungsweise<br />
betriebswirtschaftliche Gründe“ (Mitarbeiterb<strong>in</strong>dung,<br />
Mitarbeitergew<strong>in</strong>nung, Kostenreduktion)<br />
genannt. Dabei bekommt das Thema des Fachkräftemangels<br />
e<strong>in</strong>e zunehmende Bedeutung.<br />
„Bis vor e<strong>in</strong> paar Wochen hätte ich gesagt, es (Anmerkung<br />
d. Autoren: e<strong>in</strong>e betriebswirtschaftliche Begründung) ist nachrangig.<br />
Nachdem wir jetzt erfahrungsbezogene Werte mit dem<br />
Spitzenverband ermittelt haben, wie schwierig die Personalgew<strong>in</strong>nung<br />
wird, glaube ich, werden wir damit zusätzlich punkten<br />
müssen und auch wollen.“ [Interview Dienstgebersicht,<br />
Bereich Soziale Arbeit]<br />
„Der Fachkräftemangel, der ist bei uns angekommen. Wir<br />
müssen als Arbeitgeber entsprechend attraktiv se<strong>in</strong> am Arbeitsmarkt<br />
und da steht Familienfreundlichkeit neben dem Geld<br />
ganz oben.“ [Interview Dienstgebersicht, Bereich Verwaltung]<br />
„Fachkräftemangel“ wird <strong>in</strong>sbesondere von diakonischen<br />
E<strong>in</strong>richtungen und Diensten – dagegen etwas<br />
verhaltener von Verwaltungen – als motivierende Ursache<br />
angeführt. Auf Grund der mitunter scharfen Wettbewerbssituation,<br />
<strong>in</strong> denen sich diakonische E<strong>in</strong>richtungen<br />
und Dienste bewegen, war e<strong>in</strong> solches Ergebnis auch<br />
zu erwarten.<br />
Die <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> reklamiert an verschiedenen<br />
Stellen für sich, e<strong>in</strong>e über betriebswirtschaftliche Erwägungen<br />
h<strong>in</strong>ausgehende – besondere – Motivation für<br />
familienfreundliche <strong>Personalpolitik</strong> mitzubr<strong>in</strong>gen. In<br />
den geführten Interviews wird wiederholt geäußert, dass<br />
familienorientiertes Engagement nicht unbed<strong>in</strong>gt etwas<br />
exklusiv <strong>Evangelische</strong>s sei. Doch wird häufig auch auf<br />
das „Leitbild“ verwiesen, Familienfreundlichkeit wird<br />
als „Teil des Selbstverständnisses“ bezeichnet, es ist von<br />
e<strong>in</strong>er „kirchlichen Motivation“ die Rede, die „Haltung<br />
der Dienstgeme<strong>in</strong>schaft“ wird hervorgehoben oder e<strong>in</strong>e<br />
„Umsetzung der Selbstverständlichkeit“ betont.<br />
„Es ist vor allem das Wahrnehmen des Menschen. Und zwar<br />
vollständig, nicht nur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Arbeitsleben, sondern auch als<br />
Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en sozialen Bezügen. [Interview Dienstgebersicht,<br />
Bereich Verwaltung]<br />
„Das machen auch andere [ Arbeitgeber], aus mehr oder weniger<br />
wirtschaftlichen Gründen. Der Unterschied ist, wir machen<br />
es grundsätzlich, unabhängig von wirtschaftlichen Herausforderungen.“<br />
[Interview Dienstgebersicht, Bereich Soziale<br />
Arbeit]<br />
„Wir wollen ja immer besser werden. Und besser werden heißt,<br />
sich an den aktuellen Bedarfen der Familien zu orientieren.<br />
[…] Wir wissen, wir haben e<strong>in</strong> naives, glückliches Familienmodell<br />
vor Augen. […] Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter<br />
glücklich s<strong>in</strong>d. […] Wir s<strong>in</strong>d aber noch sehr schüchtern, wenn<br />
es darum geht, uns damit wahrnehmbar nach draußen zu wenden.“<br />
[Interview Dienstgebersicht, Bereich Soziale Arbeit]<br />
Wenngleich der kirchliche Auftrag und das Selbstverständnis<br />
wichtig s<strong>in</strong>d und von Befragten aller Funktionsgruppen<br />
betont werden, so wird dennoch deutlich,<br />
dass diese Perspektive nur e<strong>in</strong>en Teil ausmacht. Häufig<br />
Verankerung familienorientierter <strong>Personalpolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>Kirche</strong> und Diakonie<br />
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