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Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

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Homophobie ist nicht bloß eine Einstellung. Die Feindseligkeit „normaler"<br />

Männer gegenüber Schwulen hat praktische Konsequenzen, die von beruflicher<br />

Diskriminierung über Verunglimpfung in den Medien, bis zu Ge<br />

fängnisstrafen <strong>und</strong> manchmal sogar Mord reichen - das Spektrum, das die<br />

Schwulenbewegung „Unterdrückung" nennt. Bei diesen Handlungen geht es<br />

nicht nur um die Schädigung von Individuen. Man zieht dadurch auch soziale<br />

Grenzen, definiert „richtige" Männlichkeit durch ihren Abstand von dem,<br />

was man ablehnt. Die frühe Schwulenbewegung verstand die Unterdrückung<br />

der Homosexuellen als Teil einer größeren Aufgabe, nämlich der Aufrechterhaltung<br />

der sozialen Ordnung, <strong>und</strong> man sah oft einen Zusammenhang zur<br />

Frauenunterdrückung."<br />

In der homophoben Ideologie verschwimmt die Grenze zwischen „normal"<br />

<strong>und</strong> „schwul" mit der Grenze zwischen männlich <strong>und</strong> weiblich, wobei<br />

Schwule als verweiblichte Männer <strong>und</strong> Lesben als vermännlichte Frauen be<br />

trachtet werden. Aber Schwule kennen auch das homosexuelle Verlangen bei<br />

offensichtlich sehr maskulinen Männern. Das taktische Vorgehen der Schwulenbewegung<br />

beinhaltete unverblümte Angriffe auf die <strong>Geschlecht</strong>erkonventionen<br />

(sich konsequent wie eine Frau zu kleiden, öffentliche „kiss-ins" ), die<br />

nun von der „Queer Nation" wieder aufgegriffen werden. Die Stile in den<br />

schwulen Szenen der westlichen Metropolen haben sich von tuntig-effeminiert<br />

zu eher männlich-hart entwickelt, können sich aber infolge der<br />

„Queer" -Bewegung auch wieder in die andere Richtung bewegen.<br />

Das kollektive Wissen der Schwulen beinhaltet auch die Ambiguität des<br />

sozialen <strong>Geschlecht</strong>s, die Spannung zwischen Körper <strong>und</strong> Identität, <strong>und</strong> Widersprüche<br />

in <strong>und</strong> um Männlichkeit.<br />

Die Frauenbewegung hatte mit der Schwulenbewegung das Konzept der<br />

„ Unterdrückung" gemeinsam (<strong>und</strong> auch mit der „black power" -Bewegung in<br />

den USA), setzte aber andere Schwerpunkte. Der feministischen Analyse<br />

ging es um die strukturelle Position von Männern. Die Frauenforschung dokumentierte<br />

den männlichen Einfluß auf Regierungen, Unternehmen <strong>und</strong><br />

Medien; sie dokumentierten die besseren Arbeitsplätze, höheren Einkommen<br />

<strong>und</strong> Vermögensverhältnisse von Männern; die männliche Kontrolle über<br />

Gewaltmittel; <strong>und</strong> die übergreifende Ideologie, die Frauen zwingt, zu Hause<br />

zu bleiben <strong>und</strong> ihre Forderungen nach Gleichheit aufzu<strong>geben</strong>. Heterosexuelle<br />

Männern erscheinen in den Augen der Feministinnen eher wie eine herrschende<br />

Klasse denn als ein Objekt der Befreiung. Der Begriff „Patriarchat"<br />

fand um 1970 Verbreitung, um dieses System der <strong>Geschlecht</strong>erdominanz zu<br />

beschreiben."<br />

Das Patriarchat spielt sich natürlich auch auf einer sehr persönlichen Ebene<br />

ab. Schriften aus den Anfängen der Frauenbewegung heben die Familie als<br />

69 Altman 1972, Watney 1980.<br />

70 Morgan 1970, Mitchell 1981. Einen nützlichen Überblick über das Konzept findet<br />

man bei Walby 1989.<br />

6 0<br />

Stätte der Frauenunterdrückung hervor. Theoretikerinnen <strong>und</strong> Aktivistinnen<br />

dokumentierten die unbezahlte Arbeit von Frauen für ihre Ehemänner, die Gefangenschaft<br />

der Mütter im Haus <strong>und</strong> die männlichen Privilegien im Alltag.<br />

Lee Comer schrieb über „Wedlocked Women", Selma James <strong>und</strong> das „Power<br />

for Women" -Kollektiv forderten Lohn für Hausarbeit. Viele Feministinnen erprobten<br />

neue Familienformen <strong>und</strong> versuchten oft mit den Männern eine neue<br />

Verteilung der Arbeit <strong>und</strong> der Kinderversorgung auszuhandeln."<br />

Mit der Zeit wandelte sich jedenfalls das Männerbild des westlichen Feminismus<br />

vom häuslichen Patriarchen, der unentgeltliche Frauenarbeit ausnutzt,<br />

<strong>und</strong> konzentrierte sich auf die männliche Gewalt gegen Frauen. Frau<br />

enhäuser richteten die öffentliche Aufmerksamkeit auf die häusliche Gewalt,<br />

<strong>und</strong> Kampagnen gegen Vergewaltigung arbeiteten mit dem Argument, das<br />

jeder Mann ein potentieller Vergewaltiger sei. Die Anti-Pornographie-<br />

Debatte führte in den 80er Jahren diesen Gedanken fort <strong>und</strong> betrachtete die<br />

männliche Sexualität als von Gewalt durchdrungen <strong>und</strong> Pornographie als ein<br />

Angriff gegen Frauen. Der Standpunkt, daß der vorherrschende Typ von<br />

Männlichkeit an sich gewalttätig sei, nicht nur eine abweichende Gruppe,<br />

verbreitete sich auch in der Frauenfriedensbewegung <strong>und</strong> in der Umweltschutzbewegung."<br />

Feministinnen kommen zu sehr unterschiedlichen Auffassungen, was die<br />

Veränderungsbereitschaft <strong>und</strong> -fähigkeit heterosexueller Männer anbelangt:<br />

ob bessere Beziehungen ausgehandelt werden können, oder ob die Frauen<br />

feindlichkeit so allgegenwärtig ist, daß Abschottung <strong>und</strong> Druck nötig sind,<br />

um Dinge zu verändern. Schon allein die wirtschaftlichen Vorteile legen es<br />

nahe, daß die meisten Männer nur ein begrenztes Interesse an Reformen aufbringen<br />

können. Barbara Ehrenreich hat in „Die Herzen der Männer" diese<br />

Zweifel zu der These komprimiert, daß Männer in den USA seit den 40er<br />

Jahren aus Beziehungen flüchten. Die Männerbewegung wurde von Feministinnen<br />

oft als Ausweg für die Männer betrachtet, am Nutzen des Feminismus<br />

teilzuhaben, ohne ihre gr<strong>und</strong>legenden Privilegien aufzu<strong>geben</strong>, eine Art<br />

Modernisierung des Patriarchats, aber nicht dessen Abschaffung. Die Skepsis<br />

des Feminismus gegenüber dem „neuen Vater", dem „neuen, empfindsamen<br />

Mann", oder anderen Bildern von einer netteren, sanfteren Männlichkeit, ist<br />

weitverbreitet."<br />

Auf der anderen Seite begrüßen viele Feministinnen Zeichen des Fortschritts<br />

bei Männern, haben Unterschiede zwischen Männern <strong>und</strong> deren Vielschichtigkeit<br />

in ihren Beziehungen zu Frauen wahrgenommen. Phyllis Ches<br />

ler hat beispielsweise einen schwungvollen Essay „About Men" verfaßt, der<br />

71 Comer 1974; Dalla Costa <strong>und</strong> James 1972. Segal 1983 dokumentiert die britischen<br />

Diskussionen über die Rekonstruktion von Familienbeziehungen.<br />

72 Einen Überblick über diese Strömung feministischen Denkens liefert Segal 1987, mit<br />

deren Bedeutung beschäftigt sich Smith 1989.<br />

73 Ehrenreich 1984. Die feministische Skepsis gegenüber der akademischen Männerbewegung<br />

findet sich bei Canaan <strong>und</strong> Griffin 1990.<br />

61

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