Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...
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Vorwort zur englischsprachigen Ausgabe<br />
In den letzten Jahren ist Männlichkeit in fortgeschrittenen kapitalistischen<br />
G<strong>esellschaf</strong>ten zu einem populären Thema geworden, vor allem in den Vereinigten<br />
Staaten von Amerika. Jene von uns, die schon länger versuchen, diesem<br />
Thema Aufmerksamkeit zu verschaffen, haben mit Erstaunen beobachtet,<br />
wie Männerbücher die Bestsellerlisten hochgewandert sind, wie sich<br />
Talkshows mit Männerthemen abmühten, <strong>und</strong> die Zahl der Tagungen, „Männertreffen"<br />
, Zeitschriften <strong>und</strong> Zeitungsartikel sich vervielfachte.<br />
Manche der Inhalte, die nun die verstärkte Aufmerksamkeit der Medien<br />
erfahren, sind allerdings eher bestürzend. Die meisten Männerbücher stecken<br />
voll wirrem Gedankengut, das den Stand der Forschung entweder ignoriert<br />
oder verzerrt darstellt. Der Ansturm öffentlichen Interesses hat veraltete Vorstellungen<br />
über die natürlichen Unterschiede zwischen den <strong>Geschlecht</strong>ern<br />
oder über eine „wahre" Männlichkeit wieder aufleben lassen. Damit einher<br />
gingen neo-konservative Kampagnen, um die ohnehin kleinen Fortschritte<br />
der letzten zwei Jahrzehnte gegen die Diskriminierung von Frauen <strong>und</strong> Schwulen<br />
wieder rückgängig zu machen.<br />
Die sozialwissenschaftliche Forschung zum Thema „Männlichkeit" hat<br />
in der letzten Dekade eine beeindruckende Entwicklung durchgemacht <strong>und</strong><br />
ist zu Bef<strong>und</strong>en gekommen, die sich sehr deutlich von denen der Männerbü<br />
cher in den Bestsellerlisten unterscheiden. Obwohl ich mich auch an dieser<br />
„Männerforschung" beteiligt habe, war ich nicht gerade begeistert von dem<br />
Gedanken, der Masse von Männerbüchern noch ein weiteres hinzuzufügen.<br />
Männerbücher gehen von einer Einheitlichkeit männlicher Lebenslagen aus,<br />
die es nicht gibt. Die vorhandene Problematik verlangt aber nach einer Neubewertung<br />
der Forschungsergebnisse <strong>und</strong> Theorien zum Thema „Männlichkeit<br />
° . Und auch nach einem neuen Versuch, das vorhandene Wissen mit<br />
Veränderungsstrategien zu verbinden.<br />
Dieses Buch ist in drei Abschnitte eingeteilt. Im ersten werden die verschiedenen<br />
Versuche, Männlichkeit zu begreifen, untersucht. Dabei werden<br />
die wichtigsten Ansätze einer Männlichkeitswissenschaft in diesem Jahrhun<br />
dert betrachtet, vor allem in der psychoanalytischen <strong>und</strong> sozialwissenschaftli-<br />
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chen Forschung. Außerdem werden Erkenntnisse über Männlichkeit berücksichtigt,<br />
die politische Bewegungen hervorgebracht haben. Ebenso wird die<br />
Frage erörtert, ob „Männlichkeit" überhaupt ein kohärentes Erkenntnisobjekt<br />
sein kann. Und es geht auch um den Körper, der für eine Wissenschaft des<br />
sozialen <strong>Geschlecht</strong>s den großen Stolperstein darstellt, <strong>und</strong> dessen Bedeutung<br />
im Leben des Menschen. Es schließt sich der Entwurf eines knappgefaßten,<br />
aber systematischen Rahmens für eine Erforschung von Männlichkeit an, die<br />
auf der Analyse der derzeitigen <strong>Geschlecht</strong>erordnung westlicher G<strong>esellschaf</strong>ten<br />
basieren muß.<br />
Meine Gedanken über Männlichkeit haben sich im Lauf einer Untersuchung<br />
entwickelt, die im zweiten Abschnitt des Buches vorgestellt wird. Sie<br />
basiert auf biographischen Interviews mit vier Gruppen von Männern, die<br />
sich unter ganz verschiedenen Umständen mit einem veränderten Verhältnis<br />
der <strong>Geschlecht</strong>er auseinandersetzen mußten. Ich habe bei dieser Studie versucht,<br />
die Lebenserfahrungen der Männer systematisch mit sozialen Strukturen<br />
in Verbindung zu setzen. Und ich glaube, daß sowohl die Komplexität<br />
des Wandels von Männlichkeit deutlich werden, als auch die Vielfalt von<br />
Veränderungsmöglichkeiten.<br />
Im dritten Abschnitt geht es um umfassende Zusammenhänge: Die weltweite<br />
Geschichte verschiedener Formen von Männlichkeit in den vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erten <strong>und</strong> spezifische Ausprägungen von Männlichkeitspolitik<br />
in der westlichen Kultur von heute. Unter anderem werden auch die Hintergründe<br />
der „Männerbewegung" <strong>und</strong> des Medieninteresses am Thema „Männlichkeit"<br />
beleuchtet. Schließlich geht es um die politischen Implikationen des<br />
heutigen Wissens über Männlichkeit, <strong>und</strong> zwar hinsichtlich eines sozial gerechteren<br />
Verhältnisses zwischen den <strong>Geschlecht</strong>ern.<br />
Es war nicht einfach, dieses Buch zu schreiben, auch nicht für einen erfahrenen<br />
Autor. Die Thematik enthält jede Menge Zündstoff <strong>und</strong> Gelegenheiten,<br />
zu falschen Schlüssen zu gelangen. Ich habe an anderer Stelle die Ar<br />
beit an dieser Thematik mit dem Versuch verglichen, sich die eigenen Haare<br />
mit einer schlecht eingestellten Mähmaschine zu schneiden. Ich vergaß hinzuzufügen,<br />
daß die Mähmaschine auch noch nie geölt worden war.<br />
Und dennoch ist die Thematik von großer Bedeutung. Um nicht aufzu<strong>geben</strong>,<br />
war ich auf Hilfe von beiden Seiten des Erdballs angewiesen. Die<br />
Ratschläge <strong>und</strong> Unterstützung von Pam Benton <strong>und</strong> Kylie Benton-Connell<br />
waren unersetzlich. Norm Radican <strong>und</strong> Pip Martin haben als Interviewer an<br />
der Studie mitgearbeitet, die im zweiten Abschnitt vorgestellt wird. Ich<br />
möchte ihnen danken <strong>und</strong> auch allen Männern, die sich für dieses Projekt zur<br />
Verfügung gestellt haben. Tim Carrigan <strong>und</strong> John Lee haben mir bei einer<br />
theoretischen Arbeit geholfen, die dem ersten Kapitel zugr<strong>und</strong>eliegt. Und<br />
Mark Davis war an einer späteren empirischen Studie beteiligt, die meine<br />
Analyse von Klasse <strong>und</strong> Sexualität beeinflußte. Die ausufernden Tipparbeiten<br />
lagen in den Händen von Marie O'Brien, Yvonne Roberts <strong>und</strong> Alice<br />
Mellian. Unterstützt wurde die Untersuchung vor allem vom Australian Re-<br />
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