05.10.2013 Aufrufe

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schwule Männlichkeit ist die auffallendste, aber nicht die einzige Form<br />

untergeordneter Männlichkeit. Auch heterosexuelle Männer <strong>und</strong> Jungen können<br />

aus dem Kreis der Legitimierten ausgestoßen werden. Begleitet wird die<br />

ser Vorgang von einem reichhaltigen Vokabular an Schimpfwörtern: Schwächling,<br />

Schlappschwanz, Muttersöhnchen, Waschlappen, Feigling, Hosenscheißer,<br />

Saftarsch, Windbeutel, halbe Portion, Brillenschlange, Milchbrötchen,<br />

Memme, Streber, <strong>und</strong> so weiter. Auch hier ist die symbolische Nähe<br />

zum Weiblichen offensichtlich.<br />

Komplizenschaft<br />

Wie bereits gesagt, stehen normative Definitionen von Männlichkeit vor dem<br />

Problem, daß nur wenige Männer diesen normativen Ansprüchen wirklich<br />

genügen. Das gilt auch für die hegemoniale Männlichkeit. Die Anzahl von<br />

Männern, die das hegemoniale Muster wirklich rigoros <strong>und</strong> vollständig umsetzen<br />

oder praktizieren, mag recht klein sein. Trotzdem profitiert die überwiegende<br />

Mehrzahl der Männer von der Vorherrschaft dieser Männlichkeitsform,<br />

weil sie an der patriarchalen Dividende teilhaben, dem allgemeinen<br />

Vorteil, der den Männern aus der Unterdrückung der Frauen erwächst.<br />

Wie im ersten Kapitel deutlich wurde, konzentrieren sich Darstellungen<br />

von Männlichkeit vor allem auf Syndrome <strong>und</strong> Typen, nicht auf Zahlen.<br />

Aber wenn man über die Dynamik der Gesamtg<strong>esellschaf</strong>t nachdenkt, sind<br />

Zahlen schon von Bedeutung. <strong>Geschlecht</strong>erpolitik ist Massenpolitik, <strong>und</strong> ihre<br />

Strategien müssen deshalb die Mehrheitsmeinung berücksichtigen. Wenn eine<br />

große Anzahl von Männern mit der hegemonialen Männlichkeit in Verbindung<br />

steht, sie aber nicht verkörpern, brauchen wir ein theoretisches Konzept,<br />

das diese Situation erfassen kann.<br />

Eine Möglichkeit besteht darin, eine andere Form des Verhältnisses zwischen<br />

Gruppen von Männern zu betrachten, nämlich die Komplizenschaft<br />

mit der hegemonialen Männlichkeit. Als komplizenhaft verstehen wir in die<br />

sem Sinne Männlichkeiten, die zwar die patriarchale Dividende bekommen,<br />

sich aber nicht den Spannungen <strong>und</strong> Risiken an der vordersten Frontlinie des<br />

Patriarchats aussetzen.<br />

Man ist versucht, diese Männer als Schlachtenbummler hegemonialer<br />

Männlichkeit zu behandeln - analog dem Unterschied zwischen den Männern,<br />

die sich Football-Spiele am Fernseher ansehen, <strong>und</strong> denen, die sich selbst hin<br />

aus in den Kampf wagen. Aber oft liegen die Dinge nicht so einfach. Ehe,<br />

Vaterschaft <strong>und</strong> Familienleben machen in der Regel weitreichende Kompromisse<br />

mit Frauen notwendig, <strong>und</strong> nicht bloße Dominanz oder das Zurschaustellen<br />

einer unbestreitbaren Autorität.' R Sehr viele Männer, die an der<br />

18 Vergleiche beispielsweise die weißen amerikanischen Familien, die Rubin 1976 beschreibt.<br />

100<br />

patriarchalen Dividende teilhaben, achten ihre Frauen <strong>und</strong> Mütter, sind nie<br />

gewalttätig gegenüber Frauen, übernehmen ihren Anteil an der Hausarbeit,<br />

bringen ihren Familienlohn nach Hause <strong>und</strong> kommen nur allzu leicht zu dem<br />

Schluß, daß Feministinnen büstenhalterverbrennende Extremistinnen sein<br />

müssen.<br />

Mairginalisierung<br />

Hegemonie, Unterordnung <strong>und</strong> Komplizenschaft sind also interne Relationen<br />

der <strong>Geschlecht</strong>erordnung. Die Interaktion des sozialen <strong>Geschlecht</strong>s mit anderen<br />

Strukturen wie Klasse oder Rasse schafft weitere Beziehungsmuster zwischen<br />

verschiedenen Formen von Männlichkeit.<br />

Im zweiten Kapitel habe ich beschrieben, wie neue Informationstechnologien<br />

zu einer Neudefinition der Mittelschichtsmännlichkeiten beigetragen<br />

haben, <strong>und</strong> zwar zu einem Zeitpunkt, als die Bedeutung der Arbeit für Män<br />

ner aus der Arbeiterklasse kontrovers wurde. Wir haben es hier also nicht mit<br />

einer starren Mittelschichtsmännlichkeit zu tun, die mit einer ebenso starren<br />

Arbeiterklassenmännlichkeit in Konflikt gerät. Denn beide sind durch die g<strong>esellschaf</strong>tliche<br />

Dynamik, in der sowohl Klassen- als auch <strong>Geschlecht</strong>errelationen<br />

eine Rolle spielen, Veränderungen unterworfen.<br />

Auch Rassenaspekte können ein integraler Bestandteil der Dynamik zwischen<br />

den einzelnen Männlichkeiten werden. In einem weiß dominierten<br />

Kontext haben schwarze Männlichkeiten symbolische Bedeutung für die<br />

Konstruktion des sozialen <strong>Geschlecht</strong>s von Weißen. So werden beispielsweise<br />

schwarze Sportstars zu Musterbeispielen männlicher Härte, während die<br />

Phantasiegestalt des schwarzen Vergewaltigers in der <strong>Geschlecht</strong>erpolitik<br />

unter Weißen eine bedeutende Rolle spielt, die von den rechten Politikern in<br />

den USA nur zu gerne instrumentalisiert wird. Andererseits hält die hegemoniale<br />

Männlichkeit unter Weißen die institutionelle <strong>und</strong> physische Unterdrückung<br />

aufrecht, welche den Rahmen für die Konstruktion einer schwarzen<br />

Männlichkeit bilden.<br />

In „Black Masculinity ° beschäftigt sich Robert Staples mit dem internationalen<br />

Kolonialismus <strong>und</strong> kommt zu dem Schluß, daß sich Relationen zwischen<br />

den Klassen <strong>und</strong> zwischen den Rassen gleichzeitig auswirken. Das<br />

Ausmaß an Gewalt zwischen schwarzen Männern in den USA kann nur verstanden<br />

werden, wenn man den gesunkenen Stellenwert schwarzer Arbeitskraft<br />

im amerikanischen Kapitalismus berücksichtigt <strong>und</strong> auch die gewaltsamen<br />

Mittel, um sie zu kontrollieren. Massenarbeitslosigkeit <strong>und</strong> Armut in<br />

den Großstädten stehen in Wechselwirkung mit dem institutionalisierten Rassismus<br />

<strong>und</strong> prägen die schwarze Männlichkeit.'<br />

19 Staples 1982. Neuere Literatur über schwarze Männlichkeit in den USA - z.B. Majors<br />

<strong>und</strong> Gordon 1994 - hat sich von Staples' Strukturanalyse distanziert <strong>und</strong> sich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!