Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...
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Schwule Männlichkeit ist die auffallendste, aber nicht die einzige Form<br />
untergeordneter Männlichkeit. Auch heterosexuelle Männer <strong>und</strong> Jungen können<br />
aus dem Kreis der Legitimierten ausgestoßen werden. Begleitet wird die<br />
ser Vorgang von einem reichhaltigen Vokabular an Schimpfwörtern: Schwächling,<br />
Schlappschwanz, Muttersöhnchen, Waschlappen, Feigling, Hosenscheißer,<br />
Saftarsch, Windbeutel, halbe Portion, Brillenschlange, Milchbrötchen,<br />
Memme, Streber, <strong>und</strong> so weiter. Auch hier ist die symbolische Nähe<br />
zum Weiblichen offensichtlich.<br />
Komplizenschaft<br />
Wie bereits gesagt, stehen normative Definitionen von Männlichkeit vor dem<br />
Problem, daß nur wenige Männer diesen normativen Ansprüchen wirklich<br />
genügen. Das gilt auch für die hegemoniale Männlichkeit. Die Anzahl von<br />
Männern, die das hegemoniale Muster wirklich rigoros <strong>und</strong> vollständig umsetzen<br />
oder praktizieren, mag recht klein sein. Trotzdem profitiert die überwiegende<br />
Mehrzahl der Männer von der Vorherrschaft dieser Männlichkeitsform,<br />
weil sie an der patriarchalen Dividende teilhaben, dem allgemeinen<br />
Vorteil, der den Männern aus der Unterdrückung der Frauen erwächst.<br />
Wie im ersten Kapitel deutlich wurde, konzentrieren sich Darstellungen<br />
von Männlichkeit vor allem auf Syndrome <strong>und</strong> Typen, nicht auf Zahlen.<br />
Aber wenn man über die Dynamik der Gesamtg<strong>esellschaf</strong>t nachdenkt, sind<br />
Zahlen schon von Bedeutung. <strong>Geschlecht</strong>erpolitik ist Massenpolitik, <strong>und</strong> ihre<br />
Strategien müssen deshalb die Mehrheitsmeinung berücksichtigen. Wenn eine<br />
große Anzahl von Männern mit der hegemonialen Männlichkeit in Verbindung<br />
steht, sie aber nicht verkörpern, brauchen wir ein theoretisches Konzept,<br />
das diese Situation erfassen kann.<br />
Eine Möglichkeit besteht darin, eine andere Form des Verhältnisses zwischen<br />
Gruppen von Männern zu betrachten, nämlich die Komplizenschaft<br />
mit der hegemonialen Männlichkeit. Als komplizenhaft verstehen wir in die<br />
sem Sinne Männlichkeiten, die zwar die patriarchale Dividende bekommen,<br />
sich aber nicht den Spannungen <strong>und</strong> Risiken an der vordersten Frontlinie des<br />
Patriarchats aussetzen.<br />
Man ist versucht, diese Männer als Schlachtenbummler hegemonialer<br />
Männlichkeit zu behandeln - analog dem Unterschied zwischen den Männern,<br />
die sich Football-Spiele am Fernseher ansehen, <strong>und</strong> denen, die sich selbst hin<br />
aus in den Kampf wagen. Aber oft liegen die Dinge nicht so einfach. Ehe,<br />
Vaterschaft <strong>und</strong> Familienleben machen in der Regel weitreichende Kompromisse<br />
mit Frauen notwendig, <strong>und</strong> nicht bloße Dominanz oder das Zurschaustellen<br />
einer unbestreitbaren Autorität.' R Sehr viele Männer, die an der<br />
18 Vergleiche beispielsweise die weißen amerikanischen Familien, die Rubin 1976 beschreibt.<br />
100<br />
patriarchalen Dividende teilhaben, achten ihre Frauen <strong>und</strong> Mütter, sind nie<br />
gewalttätig gegenüber Frauen, übernehmen ihren Anteil an der Hausarbeit,<br />
bringen ihren Familienlohn nach Hause <strong>und</strong> kommen nur allzu leicht zu dem<br />
Schluß, daß Feministinnen büstenhalterverbrennende Extremistinnen sein<br />
müssen.<br />
Mairginalisierung<br />
Hegemonie, Unterordnung <strong>und</strong> Komplizenschaft sind also interne Relationen<br />
der <strong>Geschlecht</strong>erordnung. Die Interaktion des sozialen <strong>Geschlecht</strong>s mit anderen<br />
Strukturen wie Klasse oder Rasse schafft weitere Beziehungsmuster zwischen<br />
verschiedenen Formen von Männlichkeit.<br />
Im zweiten Kapitel habe ich beschrieben, wie neue Informationstechnologien<br />
zu einer Neudefinition der Mittelschichtsmännlichkeiten beigetragen<br />
haben, <strong>und</strong> zwar zu einem Zeitpunkt, als die Bedeutung der Arbeit für Män<br />
ner aus der Arbeiterklasse kontrovers wurde. Wir haben es hier also nicht mit<br />
einer starren Mittelschichtsmännlichkeit zu tun, die mit einer ebenso starren<br />
Arbeiterklassenmännlichkeit in Konflikt gerät. Denn beide sind durch die g<strong>esellschaf</strong>tliche<br />
Dynamik, in der sowohl Klassen- als auch <strong>Geschlecht</strong>errelationen<br />
eine Rolle spielen, Veränderungen unterworfen.<br />
Auch Rassenaspekte können ein integraler Bestandteil der Dynamik zwischen<br />
den einzelnen Männlichkeiten werden. In einem weiß dominierten<br />
Kontext haben schwarze Männlichkeiten symbolische Bedeutung für die<br />
Konstruktion des sozialen <strong>Geschlecht</strong>s von Weißen. So werden beispielsweise<br />
schwarze Sportstars zu Musterbeispielen männlicher Härte, während die<br />
Phantasiegestalt des schwarzen Vergewaltigers in der <strong>Geschlecht</strong>erpolitik<br />
unter Weißen eine bedeutende Rolle spielt, die von den rechten Politikern in<br />
den USA nur zu gerne instrumentalisiert wird. Andererseits hält die hegemoniale<br />
Männlichkeit unter Weißen die institutionelle <strong>und</strong> physische Unterdrückung<br />
aufrecht, welche den Rahmen für die Konstruktion einer schwarzen<br />
Männlichkeit bilden.<br />
In „Black Masculinity ° beschäftigt sich Robert Staples mit dem internationalen<br />
Kolonialismus <strong>und</strong> kommt zu dem Schluß, daß sich Relationen zwischen<br />
den Klassen <strong>und</strong> zwischen den Rassen gleichzeitig auswirken. Das<br />
Ausmaß an Gewalt zwischen schwarzen Männern in den USA kann nur verstanden<br />
werden, wenn man den gesunkenen Stellenwert schwarzer Arbeitskraft<br />
im amerikanischen Kapitalismus berücksichtigt <strong>und</strong> auch die gewaltsamen<br />
Mittel, um sie zu kontrollieren. Massenarbeitslosigkeit <strong>und</strong> Armut in<br />
den Großstädten stehen in Wechselwirkung mit dem institutionalisierten Rassismus<br />
<strong>und</strong> prägen die schwarze Männlichkeit.'<br />
19 Staples 1982. Neuere Literatur über schwarze Männlichkeit in den USA - z.B. Majors<br />
<strong>und</strong> Gordon 1994 - hat sich von Staples' Strukturanalyse distanziert <strong>und</strong> sich