05.10.2013 Aufrufe

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

Geschlecht und esellschaf eraus e geben v® Ilse Lenz ichik® Sigrid ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

en sozialen Strukturen verknüpft. Mittlerweile ist die Erkenntnis verbreitet,<br />

daß das soziale <strong>Geschlecht</strong> sich mit Faktoren wie Rasse oder Klasse „überschneidet",<br />

bzw. mit diesen interagiert. Wir könnten hinzufügen, daß es auch<br />

mit Nationalität oder der Position in der Weltordnung interagiert.<br />

Diese Tatsache ist für eine Analyse von Männlichkeit von entscheidender<br />

Bedeutung. Die Männlichkeit weißer Männer ist zum Beispiel nicht nur<br />

in Relation zu weißen Frauen konstruiert, sondern auch in Relation zu<br />

schwarzen Männern. Vor mehr als einem Jahrzehnt hat Paul Hoch in „White<br />

Hero, Black BeasC auf die rassische Metaphorik in westlichen Diskursen<br />

über Männlichkeit hingewiesen. Die Ängste der Weißen vor schwarzer Gewalt<br />

haben eine lange Geschichte. Und die Ängste der Schwarzen vor dem<br />

Terror weißer Männer gehen zurück auf die Kolonialzeit, bestehen aber weiter,<br />

weil sich in den Industrieländern Polizei, Gerichte <strong>und</strong> Gefängnisse immer<br />

noch in Händen weißer Männer befinden. Die überwiegende Mehrzahl<br />

der Gefangenen in den Gefängnissen der USA sind afroamerikanische Männer,<br />

in den australischen Gefängnissen die Männer der Aborigines. Diese Situation<br />

schlägt sich in dem afroamerikanischen Ausdruck „Der Mann" (The<br />

Man) nieder, der weiße Männlichkeit <strong>und</strong> institutionelle Macht miteinander<br />

verschmilzt. Der schwarze Rapper Ice-T meint hierzu:<br />

Es ist ganz egal, ob du draußen bist oder drinnen. Das Ghetto, der Knast, es ist alles institutionalisiert.<br />

Kontrolliert wird es von „Dem Mann "... Schon seit 1976 haben sie damit<br />

aufgehört, die Schwarzen zu rehabilitieren. Jetzt geht es nur noch um eine strenge Bestrafung.<br />

Die Antwort„ Des Mannes" auf die Probleme ist nicht eine bessere Erziehung -<br />

sondern mehr Gefängnisse. Sie sagen nicht, gebt ihnen eine bessere Erziehung, sondern<br />

laßt sie uns verdammt noch mal einbuchten. Und wenn du da irgendwann wieder raus-<br />

1 3<br />

kommst, bist du sowieso hirntot, ja, das ist der Kreislauf.<br />

Und entsprechend kann man auch nicht die Gestaltung von Männlichkeiten<br />

der Arbeiterklasse begreifen, wenn man neben ihrer <strong>Geschlecht</strong>erpolitik nicht<br />

auch die Klassenzugehörigkeit berücksichtigt. Ganz eindrucksvoll zeigt sich<br />

das in historischen Untersuchungen wie beispielsweise Sonya Roses „Limited<br />

Livelihoods" über die englische Industrie im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Das Arbeiterklassenideal<br />

von Mannhaftigkeit <strong>und</strong> Selbstachtung wurde als Reaktion<br />

auf die Klassendiskriminierung <strong>und</strong> auf den Paternalismus der Fabrikbesitzer<br />

konstruiert, aber gleichzeitig <strong>und</strong> mit denselben Gesten grenzte man sich<br />

auch gegen die Frauen der eigenen Schicht ab. Die Strategie des „Familienlohns",<br />

welche die Löhne der Frauen bis weit ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein niedrig<br />

gehalten hat, ist auch ein Ergebnis dieses Wechselspiels?"<br />

Um das soziale <strong>Geschlecht</strong> zu verstehen, müssen wir auch ständig darüberhinausgehen.<br />

Und umgekehrt verhält es sich genauso. Wir können Fragen<br />

der Klasse, der Rasse oder der globalen Ungleichheit nicht ohne einen<br />

13 Das Interview mit Ice-T stammt aus „City an a Hill Press" (Santa Cruz/CA), 21. Januar<br />

1993; Hoch 1979.<br />

14 Rose 1992, v.a. Kapitel 6.<br />

permanenten Rückgriff auf das soziale <strong>Geschlecht</strong> begreifen. Die Beziehungen<br />

zwischen den <strong>Geschlecht</strong>ern sind ein wesentlicher Bestandteil der sozialen<br />

Strukturen, <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong>erpolitik ist einer der Hauptfaktoren unseres<br />

kollektiven Schicksals.<br />

Da man dem Wechselspiel zwischen sozialem <strong>Geschlecht</strong>, Rasse <strong>und</strong> Klasse<br />

immer größere Aufmerksamkeit zuwandte, wurde es auch üblich, verschiedene<br />

Formen von Männlichkeit zu unterscheiden: schwarze <strong>und</strong> weiße, aus<br />

der Arbeiterklasse <strong>und</strong> aus der Mittelschicht. Das ist zu begrüßen, birgt aber<br />

die Gefahr der Vereinfachung, weil man denken könnte, daß es nur eine<br />

schwarzer Männlichkeit gibt, oder eine Arbeiterklassen-Männlichkeit.<br />

Aber die Erkenntnis, daß es verschiedene Formen von Männlichkeit gibt,<br />

ist nur der erste Schritt. Wir müssen auch die Beziehungen zwischen den verschiedenen<br />

Formen untersuchen. Außerdem sollte man die Milieus von Klas<br />

se <strong>und</strong> Rasse auseinandernehmen <strong>und</strong> den Einfluß des sozialen <strong>Geschlecht</strong>s<br />

innerhalb dieser Milieus berücksichtigen. Es gibt schließlich auch schwarze<br />

Schwule <strong>und</strong> effiminierte Fabrikarbeiter, Vergewaltiger aus der Mittelschicht<br />

<strong>und</strong> bürgerliche Transvestiten.<br />

Auf das <strong>Geschlecht</strong>erverhältnis unter Männer muß man achten, um die<br />

Analyse dynamisch zu halten, damit die Vielfalt an Männlichkeiten nicht zu<br />

einer bloßen Charaktertypologie erstarrt, wie man das bei Erich Fromm <strong>und</strong><br />

seiner „autoritären Persönlichkeit" beobachten konnte. „ Hegemoniale<br />

Männlichkeit" ist kein starr, über Zeit <strong>und</strong> Raum unveränderlicher Charakter.<br />

Es ist vielmehr jene Form von Männlichkeit, die in einer ge<strong>geben</strong>en<br />

Struktur des <strong>Geschlecht</strong>erverhältnisses die bestimmende Position einnimmt,<br />

eine Position allerdings, die jederzeit in Frage gestellt werden kann.<br />

Die relationale Betrachtungsweise bringt einen Realitätsgewinn mit sich.<br />

Indem man verschiedene Formen von Männlichkeit unterscheidet, erweckt<br />

man vor allem in einer individualisierten Kultur, wie etwa den Vereinigten<br />

Staaten, leicht den Eindruck, es handele sich um unterschiedliche Lebensstile,<br />

aus denen man als Konsument einfach auswählen könnte. Ein relationaler<br />

Ansatz läßt den starken Druck besser erkennen, unter dem <strong>Geschlecht</strong>erkonfigurationen<br />

geformt werden, die Bitterkeit wie auch das Lustvolle in der geschlechtsbezogenen<br />

Erfahrung. Unter diesen Aspekten können wir nun die<br />

Praktiken <strong>und</strong> Verhältnisse betrachten, welche die Hauptformen von Männlichkeit<br />

in der derzeitigen westlichen <strong>Geschlecht</strong>erordnung hervorbringen.<br />

9 6 97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!