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ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

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Eva Parra Membrives<br />

Schönheit bewusst einsetzen, um bei Männern sinnliche Leidenschaft auszulösen,<br />

weisen Roswithas Frauen eine immer steigernde sexuelle Apathie auf. Von Gongolfs<br />

Frau, die sich den körperlichen Freuden noch hingibt – wenn auch aufgrund reiner<br />

Liebe – bis zu Irene, die bewusst Fleisch und Seele zu trennen weiß, haben die weiblichen<br />

Figuren der sächsischen Dichterin eine höchst interessante Evolution experimentiert.<br />

Wenn anfänglich Roswitha noch einräumen konnte, dass Frauen, von den<br />

Männern dazu getrieben, leidenschaftlich sündigen können, so zieht sie doch diese<br />

in der Tradition stark verfestigten Ansicht doch immer mehr in Zweifel. Weder Liebe,<br />

noch materielle und soziale Vorteile können Agnes von der Attraktivität der Lust<br />

überzeugen. Selbst die undiskriminierte Ausnutzung ihres Körpers kann Irene nicht<br />

von ihrem seelischen Entschluss zur Keuschheit abbringen. Zeigt diese langsam sich<br />

intensivierende Ablehnung jeglicher Sinnlichkeit nicht ein völlig neues Bild der Frau<br />

in mittelalterlichen Zeiten?<br />

An dieser Stelle können leider keine weiteren Beispiele angeführt werden. Angeregt<br />

werden soll aber zum Nachdenken darüber, ob sich Roswithas schriftstellerische<br />

Absichten nicht thematisch um einen weiteren Punkt erweitern ließen: die Wiederherstellung<br />

des sexuell stark beschädigten Bildes der mittelalterlichen Frau. Geschickt<br />

weiß die Autorin die Schicksale ihrer weiblichen Figuren so ineinander zu<br />

flechten, dass jede nur einen geringen, kaum merklichen, und so auch kaum zensierbaren<br />

Vorsprung vor ihrer Vorgängerin hat. Mit einer – wenn auch nur scheinbar<br />

– mit der Tradition völlig übereinstimmenden Frau beginnend, hat uns Roswitha<br />

langsam zu einer seelisch reinen Prostituierten zu führen gewusst, uns andeutungsweise<br />

und mit geduldiger Vorsicht nur ein Minimum an neuen Ideen eingeflösst,<br />

uns einem eindeutig frauenfreundlichen, genderorientierten – vielleicht feministischen?<br />

– dichterischen Programm näher gebracht.<br />

264<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>

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