07.10.2013 Aufrufe

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gabriele von Bassermann-Jordan<br />

derschein der intelligiblen Welt auffasst. Die äußere Schönheit ist also nicht objektiv<br />

begründet.<br />

Besser scheint es mit der inneren Schönheit („Charakterschönheit“) 8 des Menschen<br />

bestellt zu sein. Die „schöne Seele“ zeichnet sich durch ein harmonisches Zusammenspiel<br />

von Sinnlichkeit und Vernunft aus, was sich wiederum in „Grazie“ und<br />

„Anmut“ objektiviert. 9 Mit dem Konzept der „schönen Seele“ ist es Schiller gelungen,<br />

die Harmonie von Sinnlichkeit und Vernunft, die Kant nur hinsichtlich des Erkenntnisvermögens<br />

des Subjekts angesichts des Schönen zugelassen hatte, in den schönen<br />

Menschen, also in das Objekt selbst, zu legen.<br />

Die Harmonie, die die schöne Seele ausmacht, ist freilich eine synthetische. Sie<br />

kommt nur durch ein harmonisches Zusammenspiel von Sinnlichkeit und Vernunft<br />

zustande – beide bleiben jedoch, gut kantisch, getrennt. Die Harmonie der schönen<br />

Seele ist infolgedessen instabil. Dies wird daran deutlich, dass sich die schöne Seele<br />

unter äußerer Gewalteinwirkung („im Affekte“) 10 zur erhabenen Seele wandelt, die<br />

an ihrer „Würde“ zu erkennen ist. 11 Wandelt sich die schöne Seele zur erhabenen<br />

Seele, so verliert sie ihre Schönheit, denn die Harmonie von Sinnlichkeit und Vernunft<br />

(schöne Seele) verschiebt sich zu einem Übergewicht der Vernunft gegenüber<br />

der Sinnlichkeit (erhabene Seele). 12<br />

Für Hölderlin wird anhand von Schillers Experiment klar, dass sich auf der Grundlage<br />

eines dualistischen Denkens kein objektiv begründetes Schönes gewinnen lässt.<br />

Stattdessen ist der Dualismus Kants und Schillers zugunsten eines Monismus zu ü-<br />

8 Über Anmut und Würde, S. 373.<br />

9 „In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung harmonieren, und<br />

Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung.“ Über Anmut und Würde, S. 371.<br />

10 Über Anmut und Würde, S. 377.<br />

11 „So wie die Anmut der Ausdruck einer schönen Seele ist, so ist Würde der Ausdruck einer erhabenen<br />

Gesinnung.“ Über Anmut und Würde, S. 373, Hervorhebung F. S. Zum „Würde“-Kapitel im ganzen vgl.<br />

S. 373–394.<br />

12 Zu Schillers Experiment, das Schöne objektiv zu begründen, vgl. Käthe Hamburger: Schillers Fragment<br />

„Der Menschenfeind“ und die Idee der Kalokagathie. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft<br />

und Geistesgeschichte <strong>30</strong> (1956). S. 367–400; Dieter Henrich: Der Begriff der Schönheit in<br />

Schillers Ästhetik. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 11 (1957). S. 527–547; Friedrich Strack:<br />

Ästhetik und Freiheit (1976), S. 35–41; Dieter Henrich: Der Grund im Bewußtsein (1992), S. <strong>32</strong>1; Rolf-<br />

Peter Janz’ Kommentar zu Über Anmut und Würde in: Friedrich Schiller: Werke und Briefe in zwölf<br />

Bänden. Hg. von Otto Dann u. a. (1988–2004). Hier Band V<strong>III</strong>: Friedrich Schiller: Theoretische Schriften.<br />

Hg. von Rolf-Peter Janz unter Mitarbeit von Richard Brittnacher, Gerd Kleiner und Fabian Störmer<br />

(1992), S. 13<strong>32</strong> und S. 1342–1343.<br />

<strong>29</strong>6<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!