ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III
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Cornelia Eşianu<br />
Ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal der Lyceums-Fragmente gegenüber den<br />
Athenäumsfragmenten besteht sicher darin, dass Schlegel in seinen Lyceums-<br />
Fragmenten gängige Konzeptionen – beispielsweise vom Witz – in Frage stellt. So<br />
bezweifelt er, dass der Witz, „ein Ersatz der unmöglichen Glückseligkeit“ (wie Chamfort<br />
anscheinend behauptet) sei, womit „die bankerotte Natur sich für die nicht honorierte<br />
Schuld des höchsten Gutes abfinde“. Auch diese von Shaftesbury, „Witz sei<br />
der Prüfstein der Wahrheit“, oder jene, laut der „gemeinere(n) Vorurteil, sittliche<br />
Veredlung ... der höchste Zweck der schönen Kunst“ sei, wird hinterfragt. Im Unterschied<br />
zu diesen drei Auffassungen entwirft Schlegel seinen eigenen Witzbegriff. So<br />
ist Witz „Zweck an sich, wie die Tugend, die Liebe und die Kunst“ (L 59). Witz ist<br />
logische Geselligkeit. (L 56), Witz ist eine Explosion von gebundenem Geist (L 90),<br />
Witz ist ein prophetisches Vermögen (L 126). Es gibt einen Sinn für Witz, so wie es<br />
einen Sinn für Freiheit gibt, Witz darf nicht Werkzeug der Rache sein.<br />
Überhaupt scheint sich auf den ersten Blick in den 127 Lyceums-Fragmenten das<br />
Fragen und Befragen des Gegebenen stärker als in den Athenäums-Fragmenten aufzudrängen.<br />
Vor allem aber ist das der Fall in der 1800 ebenfalls in der Zeitschrift<br />
veröffentlichten dritten Fragmentsammlung von Schlegel, den Ideen,<br />
in denen die Haltung des Schreibenden nicht mehr die eines Suchenden und Fragenden<br />
ist, sondern denjenigen charakterisiert, der sich bereits im Besitz von Antworten<br />
wähnt. Festgehalten sollen hier einige der wichtigsten Fragen der Lyceums-<br />
Fragmente werden, die in den poetologischen Schriften der Romantik ihre Antworten<br />
erhalten werden:<br />
Wer ist dieser‚ sƒ Publikum? (L 35)<br />
Warum wird das Wort ästhetisch noch beibehalten, wenn man es nicht versteht? (L 40)<br />
Warum hat man noch keinen Begriff von Dichtart? (L 62)<br />
Wieviel Autoren gibt’s wohl unter den Schriftstellern? (L 68)<br />
Sollte es nicht überflüssig sein, mehr als Einen Roman zu schreiben, wenn der Künstler<br />
nicht etwa ein neuer Mensch geworden ist? (L 89)<br />
Welches ist nun die poetische Poesie? (L 100)<br />
2. Es ist Schillers „Leidenschaft zum Ewigen“, was der junge Friedrich Schlegel an<br />
ihm für groß achtete, doch es schreckte ihn nicht davon ab, seine Kritik an Schiller<br />
zu üben. Gerade darin könnte ein postmodernes schriftstellerisches Verhalten, ein<br />
avantgardistisches Experimentieren seitens Friedrich Schlegels entdeckt werden.<br />
Noch bevor Schlegel seine Werke veröffentlichte, in denen er die Programmatik der<br />
Romantik vorstellte, rezensierte er in einer Reihe von Zeitschriftenartikeln Schillers<br />
<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>