07.10.2013 Aufrufe

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>30</strong>0<br />

Gabriele von Bassermann-Jordan<br />

doch zugleich ist es die einzige und damit die adäquate Art und Weise, die Unendlichkeit<br />

der „substantia“ in der Endlichkeit darzustellen. Endliches und Unendliches<br />

können nicht getrennt voneinander, sondern nur als Einheit gedacht werden.<br />

Erinnern wir uns an die Problemstellung: Hölderlin sucht nach einem differenzlosen<br />

Urgrund, der allen Trennungen voraus liegt, um auf diesen das Schöne zu beziehen.<br />

Die Systemstelle des gesuchten Urgrundes entspräche Spinozas Substanz, die Systemstelle<br />

des Schönen entspräche Spinozas Modi. Nach der von Kant vollzogenen<br />

,kopernikanischen Wende‘ kann Hölderlin jedoch nicht einfach auf Spinozas Substanzmetaphysik<br />

zurückgreifen, ohne sich dem Vorwurf des „Dogmatism“ <strong>31</strong> auszusetzen.<br />

Will Hölderlin spinozistisches Gedankengut für die Suche nach einem objektiven<br />

Begriff des Schönen fruchtbar machen, muss er es in zeitgenössische Begründungszusammenhänge<br />

integrieren. Der gesuchte Urgrund, auf den das Schöne<br />

zu beziehen ist, darf nicht metaphysisch postuliert werden, sondern muss aus Erfahrungstatsachen<br />

erschlossen werden.<br />

Die Philosophie Spinozas stellt Hölderlin ein wichtiges Potential für die Entwicklung<br />

seines Denkens bereit. Bis Winter 1794/95 bleibt dieses Potential allerdings noch<br />

brach liegen. Aus seinem Brief an Hegel vom 26. Januar 1795 geht hervor, dass Hölderlin<br />

„noch in Waltershausen“, also im Herbst 1794, eine erneute „Lectüre des Spinoza“<br />

vornimmt (II, S. 567–569, hier S. 569). Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit<br />

handelt es sich hierbei wieder um eine Lektüre von Jacobis Spinoza-Briefen. <strong>32</strong><br />

1.2 Die Bestimmung des Schönen in der Vorrede zur vorletzten Hyperion-Fassung<br />

(1795)<br />

Der erste Text, der vom Seyn als einem allen Trennungen voraus liegenden Urgrund<br />

spricht und darauf das Schöne als im Endlichen gegenwärtige Einigkeit bezieht, ist<br />

die Vorrede zur vorletzten Fassung des Hyperion-Romans, die in der zweiten Hälfte<br />

des Jahres 1795 in Nürtingen entsteht. 33 Die entsprechende Passage lautet:<br />

<strong>31</strong><br />

Immanuel Kant: Die Kritiken. Hg. von Wilhelm Weischedel (1997). Hier: Immanuel Kant: Kritik der<br />

reinen Vernunft I (1997), S. 12 und S. 36.<br />

<strong>32</strong><br />

Dies haben Friedrich Strack: Das Systemprogramm und kein Ende. Zu Hölderlins philosophischer<br />

Entwicklung in den Jahren 1795/96 und zu seiner Schellingkontroverse. In: Rüdiger Bubner (Hg.): Das<br />

älteste Systemprogramm. Studien zur Frühgeschichte des deutschen Idealismus. Bonn 1973 (= Hegel-<br />

Studien. Beiheft 9). S. 107–149, hier S. 115, sowie Dieter Henrich: Der Grund im Bewußtsein (1992),<br />

S. 73–85, nachgewiesen.<br />

33<br />

In der Schrift Seyn, Urtheil, Modalität (II, S. 49–50; in der Hölderlin-Forschung wird diese Schrift<br />

auch unter dem Titel Urtheil und Seyn ediert) taucht das Seyn als Verbindung von Subjekt und Objekt<br />

auf: „Seyn –, drückt die Verbindung des Subjects und Objects aus.“ (II, S. 49) Auf das Schöne nimmt Höl-<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!